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VII

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Nach zwei Stunden kam der Steuermann Tamp vom Anwerbebüro zurück. Der Betrieb im Goldkorn war unvermindert. Aus der Tür wand sich ein Handelsmann mit einem Bauchladen voll feldgrau gestrichener Taschenlampen, Leibriemen, Extrakoppel, Dolche, Klappmesser und sonstiger Ausrüstung für den europäischen Kriegspfad. Er hielt Tamp ein handgroßes, herzförmiges und sohlendickes Stück Eisenblech an einer Schnur entgegen. Es sei dies der wahre Panzerschutz und Lebensretter, der patentierte Bedecker des edelsten menschlichen Teiles und undurchdringlich für die stärksten Dum-Dum-Geschosse.

Tamp lachte finster und spuckte aus. Er wühlte sich schnaubend durch den Strom, der die Tische umschwoll. Er rief Banders an, ob sein Gepäck da sei. Es war noch nicht da. Im Hintergrunde brannte schon Licht. Er fluchte, wischte sich die Schläfen, ließ sich wortlos neben Hoggard niederfallen. Er fragte nichts, obgleich er Hishwa vermißte. Er bestellte sein Glas. Ihm kam die Besorgnis, daß es hier nicht gerade erste Kajüte sei in bezug auf allgemein natürliche und namentlich beim Likörtrinken folgerichtige Anlässe, besonders für Damen. Er zog seine Pfeife hervor und stopfte sie umständlich, während der Koch unruhig einen flachen Gegenstand unter der Pranke hin und her schob und ihm erwartungsvoll zusah. Tamp erkannte ein Ende Schnur. Es war von derselben Sorte, wie sie ihm eben vor der Tür entgegengebaumelt hatte. Er lachte mitleidig: „Armseliger Hund, du solltest lieber auf Gott vertrauen!“

Hoggard verzog voller Unmut die stoppligfetten Schluchten seines Gesichtes. Aber er hielt mit Nachdruck an sich. „Sagen Sie mal erst, Steuermann, wie es geworden ist!“ entgegnete er, den dicken Finger hebend, als gelte es, ein Kind zu überraschen.

„Geworden ist?“ löste sich ein Pfropfen in Tamps Kehle. „Angemustert, Herr! Morgen raus, heißt das! Und heute an Bord. Auf U.S.S. Artagan. Das Biest liegt draußen, ich sah es schon, voll über Topp gewimmelt, vor der Battery, wie ein Inserat, den blauen Peter und die Lotsenflagge steif und hoch.“

„O mein Gott!“ sagte Hoggard dumpf. „Morgen schon.“

„Morgen mittag ab und ade! Ostereier fürs Publikum. Und um fünf Uhr heute bin ich auf Governors Eiland zum Sachenempfang!“

„Mein Gott, heute schon!“ sagte der Koch schmerzlich. „Jaja, da geht es dahin, und wir bleiben hier und seufzen in den Mond und machen Männchen vor den blanken Knöpfen und sprechen: ‚Zu Befehl, Herr Decksoffizier!‘“

Tamp erwiderte nichts. Finster saß er da. Der Koch fuhr fort, mit munterem Neid, die Hand auf seiner Schulter: „Ja, Sie als erster Steuermann, als junger Kerl! Was Wunder, und die Weiber am Band. Diese Tochter des dicken Maklers, sie trägt ein Andenken an Ihre Kammer in der Handtasche.“

Tamp tat, als überhöre er die freche Anspielung auf etwas, das nicht geschehen war. Es kitzelte ihn, den Irrtum, der da vorlag, sei es wie es wolle, als nicht unrühmliche Tatsache in der Luft hängen zu lassen. Somit schüttelte er nur den Kopf wie einer, dem es nicht darum zu tun ist, an ein Geheimnis erinnert zu werden.

„Man könnte mich ebensogut einsperren!“ lachte er heiser. „Hat sich was mit sonstwas. Ich bin Bunkerschwein, Heizer. Das ist gut genug für einen Hundsfott wie ich, der sich für diese Aasgeier abgeschunden hat. Mein Vater kam aus diesem süßen Deutschland. Als wenn ich ihn gerufen hätte! Das ist es!“

Der Koch stimmte in seine klägliche Miene ein. Er murmelte, daß sie enttäuscht sein werde, so feine Damen gingen nur mit Offizieren, aber der, der die Sünde der Väter heimsuche, kenne keine Ausnahme. Zugleich entblößte er die Metallplatte und schob sie Tamp hin. Er solle sie ihm von Fräulein Dulbort überreichen. Sie habe sie extra für ihn gekauft. Für das tapfere Herz. Und zum Angedenken. Das seien ihre eigenen Worte gewesen.

Tamp antwortete nichts. Er sah auch das alberne Ding nicht an. Er zog an seinem Brösel, als verschlucke er einen Kohlstrunk. Der Koch ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen, dringlicher fortzufahren. Es sei gewiß, so lächerlich es anmute, man dürfe dergleichen nicht zurückweisen, was aus so reiner Hand komme. Es werde ihn mit himmlischer Hilfe beschützen.

Plötzlich schrie Tamp ihn an: „Laß mich in Ruh mit deiner Suppe! Wo ist sie denn zum Donnerwetter! Sie wollte doch warten!“

Der Koch sank in vorwurfsvoller Demut einen Stock tiefer. „Glauben Sie, Steuermann, diese Damen hätten nichts Besseres zu tun, als neben einem alten abgemusterten Seefahrer in einer Spelunke umherzulungern? Der ich nicht einmal etwas von Likör verstehe? Sie saßen hier auf meinem Pelz, eine Schnepfe und eine Dame. Und die Dame ging mit der Schnepfe davon, um ihr das wahre Heil zu zeigen, wie ich hörte, und nachdem sie Ihrer rührend gedacht, wie Sie sehen!“

Damit schnippte er so mit einem Finger von neuem an den kleinen Herzpanzer, bis daß er Tamps Faust berührte. Tamp zuckte zusammen, schleuderte das Ding zurück, aber die Schnur blieb an seinen Ärmelknöpfen hängen. In diesem ärgerlichen Augenblick tauchte der Kajütsjunge Mac hinter den Köpfen der Nachbarn auf, was eine jähe Drehung in die Faust des Steuermannes brachte, so daß das Blechstück mit einem Ruck und Fluch in seiner Hosentasche verschwand.

Mac legte die Hand an die Mütze und meldete, das Gepäck sei hier bei Banders abgeliefert. Tamp fuhr ihn an, die Beschämung mit der Panzerplatte umschaltend, warum er so spät mit dem Hanf überkomme. Mac machte sich noch knapper. Heute gehe das Vaterland vor, er habe sich als Erster gemeldet, aus Pflicht und wegen des Andranges. Und er sei sofort als Rekrut angenommen, für U. S. S. Artagan.

„Da kann ich dir ja einheizen!“ gröhlte Tamp auf. Er lachte, aber es klang nicht erbaulich, und der kleine Mac hauchte: „Jawohl, Herr Leutnant!“ Und verschwand trotz des Gedränges mit militärischer Wendung.

„Es ist dasselbe Schiff!“ stöhnte Tamp ingrimmig; er fügte hinzu, daß es sicher noch ein Unglück gebe mit ihm.

Der Koch ging mit hinaus, schneuzte weinerlich in ein blau geblümtes Taschentuch. Man roch, daß er reichlich Alkohol getrunken hatte. Es sei so furchtbar schade, heute abend gerade sollten sie da hinkommen, sagte er, wo sie auch sei, in die Mission zur Schwarzen Sonne, oben in der Stadt, in der St.-Nicholas-Straße, wo ein Schild auf dem Hause steht.

Tamp schlug ihm auf die Achsel. Er solle nur hingehen. Es sei ja sehr fraglich, wer das bessere Teil erwählt habe.

Sie kamen den schäumenden Broadway hinab und an die Fähre nach Governors Eiland.

„Ich wette, wir sehen uns noch!“ sagte da der Koch plötzlich aufleuchtend. Die graudurchsonnte Nachmittagsbrise und der Aprilduft von Wasser und jungem Gras belebten ihn.

Aber Tamp war schon vom Gedränge des Militärs, das den Steg anfüllte, verschlungen.

*

Mit ellendickem Erz dich lückenlos umgib:

Gott bläst durch dich hindurch wie durch ein leeres Sieb.

Die Blondjäger

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