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Christine liest zu Wandsbek Virgil

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Christine, Königin von Schweden, pflegte gern unangemeldet und „fast unbekannt“ auf dem Wege von Wismar, Paris oder Rom im freimütigen und lebenssaftigen Hamburg einzukehren. In Mannskleidern ritt sie durchs Tor, und der Rat der Stadt blieb, bis sie entdeckt war, mit seinem üblichen Gastgeschenk an „Silberwerk“ in Verzug. Sie überließ solcherlei Aufmerksamkeit aber gewöhnlich ihrem Bankier, dem reichen portugiesischen Israeliten Texeira, wohnte auch in dessen Hause hinter der Michaeliskirche.

1654 folgte sie der Einladung des Landgrafen von Hessen auf den Garten eines Herrn Albert Baltzer-Lerens nach Wandsbek. Es war Mitte Juli und ein schöner Tag, so daß sie die Predigt in der Petrikirche, obwohl sie ihr zu Ehren von der Königin zu Saba handelte, voreilig und ohne die angesetzte Orchestermusik abzuwarten, verlassen hatte. Dabei war auf ihrem teppichbelegten Platz im Kirchenstuhl ein Buch liegengeblieben. Der Ratsschenk wurde ihr nachgeschickt, den vermeintlichen Gebetspsalter abzuliefern. Sie nahm das Büchlein, wie der Chronist meldet, mit „höhnisch lächelnder Miene“, ließ aber dem Pastoren eine goldene Kette übermitteln.

Und dann, in den herrlichen Anlagen des Gartens, las sie aus dem Buche. Es war, kostbar in Saffian und Goldschnitt, ein Band Virgil, und zwar die Georgica. Da las sie denn laut über das Glück des ländlichen Lebens und die Freuden der Gärten und die Wunder des geordneten Weltalls, das, wie sie anschloß, das eine Wunder versäumt habe, nämlich sie zur Zeit des Königs Salomo und zu Arabien ins Dasein zu rücken.

Man war begeistert und tafelte so arabisch als virgilisch im Freien und so weidlich, daß es Mitternacht wurde, ehe die Königin mit ihrem Gefolge wie der wilde Jäger davonstob. Beim geschlossenen Steintore lärmte sie so lange, bis die halbe Stadt erwachte und ihr geöffnet wurde.

Sie hatte übrigens wenige Wochen vorher, ohne daß man es zu Hamburg schon ahnte, auf ihre Regierungswürde verzichtet. Und ein Jahr später trat sie, die Tochter Gustav Adolfs, zum Katholizismus über. Rom ließ sich diesen Erfolg etwas kosten und zahlte ihr eine Jahresrente von zwölftausend Skudi.

Fürst,

wo bleibt

dein Vorrang?

Heute gilt einzig

der Adel hoher Tüchtigkeit.

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Die unaufhörliche Gartenlust

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