Читать книгу Brandung hinter Tahiti - Hans Leip - Страница 4
Vorbemerkung
ОглавлениеSeit Kindheit ist meine Phantasie mit allem, was Seefahrt heißt, beschäftigt gewesen. Ich bin aufgewachsen in Hamburg, früh vom Allerzonenduft des Hafens gelockt, wo mein Vater tätig war. Mein Ohr war den Reden der Jantjes zugewandt, und mein Herz gehört in seinen geheimsten Augenblicken immer noch dem Meere und seinen Abenteuern. Das Sinnbild des Ewigen, die Brücke zwischen dem Sichtbaren und seiner Deutung, die wandelbare Grenze zwischen Freude und Leid, Liebe und Selbstsucht, Mut und Angst, Vertrauen und Gottverlassenheit, das Ungeheuerliche irdischer, himmelsüberwölbter Landschaft und die Sonderbarkeit jener Kapsel Mensch, die in sich ein Gehirn und ein Herz trägt, das alles ist für mich ohne den Untergrund der großen Gewässer auf dieser schwebenden Kugel weniger reizvoll. Unsere technischen Fortschritte tragen dazu bei, die Welt nahe zusammenzurücken. Die Fremde ist nicht mehr so fremd und das Reisen wer weiß wohin nicht unbedingt ein langer Abschied. Die Raschheit der Verkehrsentwicklung hat viele von uns zu Snobs gemacht, denen jeder Schauer vor Entfernungen fehlt, denen die Unendlichkeit der Meere durchaus weder unendlich noch wunderbar ist.
Das Technische, das vielen das Gemüt verdunkelt, werden wir womöglich verdauen, und der ungelösten Fragen und Abenteuerlichkeiten wird es auch dann noch genug geben, die, nahe besehen, doch nur die alten sind. Denn der Mensch wird sich in seinen innersten Möglichkeiten und Bedürfnissen kaum ändern. Als mir im Britischen Museum ein schmaler Prosaband in die Hand fiel, der übersetzt den Titel hat: »Geschichte vom Schiffbruch der Juno an der Küste von Arracan in Ostindien und wundersame Erhaltung von vierzehn Personen auf dem Wrack ohne Lebensmittel während dreiundzwanzig Tagen, nebst deren schließlicher Rettung, von William Mackay, Leutnant des Schiffes, in einem Schreiben an seinen Vater zu London, 1798«, da fand ich in diesem kleinen, erschütternden Bericht Gesagtes bestätigt. Mich beschäftigte der Vorgang, ich begann, ihn in mir zu verknüpfen mit anderen aus derselben Zeit, die mir bekannt geworden waren, zumal der englische Herausgeber in seinem Vorwort bemerkt, Herr Mackay habe nach jenem Unfall von Kalkutta aus auf einem anderen Schiffe der Ostindischen Compagnie nach Europa angemustert, von wo es mit Truppen nach Westindien ging. Und als ich aufzuschreiben begann, was mich drängte, sah ich vieles sich verdeutlichen, was vorher nur dem, der sich mit jenen verklungenen Tagen beschäftigt hat, zwischen den Zeilen bildhaft werden konnte. Somit wage ich zu hoffen, es möge lesbar geworden sein auch für den Menschen von heute, der ja dem von damals in seinem ungewissen Schweben zwischen Zeit und Überzeitlichkeit, also im Grunde seiner eigenen See und Seele gleich geblieben ist.
H. L.