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Der Kanaltaler Kulturverein
ОглавлениеViele Kanaltaler Familien deutscher Zunge sind während der Option im Jahr 1939 weggezogen. Manche sind geblieben, manche nach dem Krieg zurückgekehrt. „Draußen in Kärnten“ haben sich früh Kanaltaler zu Vereinen zusammengefunden. Im Kanaltal selbst, in Saifnitz/Camporosso, wurde der Kulturverein 1979 von Karl Lagger und anderen gegründet. Lagger war der erste Obmann. Als Sekretär stand ihm Hans Kravina zur Seite, Gründungsmitglied Hansi Preschern ist noch heute als Kassier tätig.
Als Hauptaufgaben des Kulturvereines sahen die Mitglieder, damals wie heute, die Erhaltung von Traditionen und die Pflege der deutschen Sprache und Kultur an, erklärt der amtierende Obmann Alfredo Sandrini. Er selbst ist mit der ehemaligen Kärntner Skirennläuferin Kornelia Geissler verheiratet. Man kennt den Bauingenieur in Pension als ehemaligen Skischulleiter in Tarvis und noch immer aktiven Skilehrer.
Stolz ist der Obmann auf den regen Zuspruch bei den ausgeschriebenen Deutschkursen, die am Sitz des Kanaltaler Kulturvereines in der alten Schule von Grünwald/Boscoverde abgehalten werden. Jeden Sommer gibt es Kurse für Kinder und Jugendliche, im Herbst für die Erwachsenen. Als Grund für dieses Interesse sieht Sandrini die Arbeitsmöglichkeiten in Kärnten. Ein wichtiger Faktor für das Kanaltal. Denn wer im Großraum Villach einen Arbeitsplatz bekommt, bleibt als Berufspendler im Tal wohnhaft. Jene, die im Kernland der Region Friaul-Julisch Venetien oder in anderen Regionen Arbeit finden, die ziehen meist für immer weg.
Das Kanaltal hat nach dem EU-Beitritt Österreichs in den Bereichen Zoll, Speditionen und Militär zahlreiche Arbeitsplätze und in der Folge Einwohner verloren. Heute hat das gesamte Tal etwa 7 000 Einwohner. Davon sind, weiß Alfredo Sandrini, etwa 15 bis 20 % deutscher Abstammung. Er berichtet auch von einer Volkszählung aus dem Jahr 1910. Damals wurde festgestellt, dass sich 95 % der Bevölkerung als Deutsche, 4 % als Windische und 1 % als Friulaner deklarierten. Als positiv sieht man diesseits und jenseits der Grenze die Entwicklung, dass Kärntner Kinder aus sprachlichen Gründen in Tarvis zur Schule gehen und umgekehrt Tarviser Kinder in Arnoldstein.
Ein Definitionsproblem liegt dem Obmann (wie dem Autor) schon lange auf dem Herzen. Der Umgang mit dem Begriff Kanaltal ist oft ein „überdehnter“. „Wissen Sie, Chiusaforte, Resiutta, Carnia oder gar Venzone liegen nicht im Kanaltal.
Es muss einmal erwähnt werden! Das Kanaltal reicht geografisch von der Mündung des Flusses Slizza/Gailitz in die Gail bis nach Pontebba zum Bach Pontebbana“, betont Sandrini.
Als Veranstalter, Kulturerhalter und Kulturträger ist sein Verein sehr rührig. Enge Verbindungen hat man schon vor Jahrzehnten zur „Villacher Bauerngman“ geknüpft. Diese unterstützte einst unter Großbauer Josef Willroider kräftig die Renovierung des Vereinssitzes in der alten Schule von Grünwald. Die Kanaltaler residieren dort im Parterre, im Obergeschoss sind die Kärntner Kollegen ansässig. Sie wollten einfach einen Stützpunkt in der alten Heimat haben. Das Gebäude selbst gehört der Dorfgemeinschaft Greuth/Rutte.
Als eine Besonderheit wird die alljährlich zelebrierte Heilige Messe am Palmsonntag in der Peter-und-Paul-Pfarrkirche von Tarvis angesehen. Die Messe wird vom Klagenfurter Kapuzinerpater Anton Wanner gelesen – ihm zur Seite steht der Hausherr, Pfarrer Don Claudio Bevilacqua. Dieser ist übrigens Friulaner. Ebenfalls gerne besucht wird die Heilige Messe am Stefanitag – von Gläubigen aus Kärnten und Friaul. Organisiert werden vom Kanaltaler Kulturverein außerdem Konzerte mit Chören aus Kärnten oder Friaul. Man nimmt in Tracht an Umzügen teil. So auch am großen Umzug anlässlich des Villacher Kirchtages oder beim Alpenfest in Tarvis.
Der Verein zählt an die 300 Mitglieder – Alfredo Sandrini ist stolz darauf, dass auch „Italiener“, wie er schmunzelnd betont, dabei sind.
2013 haben sich der Obmann und sein Team um die Instandsetzung des Denkmales von Kaiser Karl bei Uggowitz verdient gemacht. Es steht im Bereich einer Schottergrube, direkt an der SS 13, kurz vor der östlichen Ortseinfahrt. Besondere Aufmerksamkeit hat der Kulturverein nach seiner Gründung auf die Belebung der Kanaltaler Tracht gelegt. Der Bestand an Originaltrachten war nach dem Zweiten Weltkrieg stark zurückgegangen. Deshalb beschloss man im Jahr 1981, die Tracht des Tales nach historischen Vorlagen zu reaktivieren. Änderungen mussten vorgenommen werden, weil Originalstoffe für die Frauentracht nicht mehr erhältlich waren. So verwendet man heute für das Leibchen farbenfrohe, gemusterte Wollbrokate und Goldborten. Diese dienen zur Verzierung des V-Ausschnittes vorne und des W-Ausschnittes am Rücken. Weiße Bluse mit langen Ärmeln und zarter Stickerei, helle Schürze mit Musterfarben, dunkler Rock, weiße gemusterte Baumwollstrümpfe und schwarze Niederschuhe machen die traditionelle Tracht komplett. Die prächtigen Bodenhauben sind reich mit Goldspitzen verziert und bunt bestickt. Bei besonderen Anlässen ergänzt ein Biedermeier-Blumenstrauß das Erscheinungsbild der Trachtenträgerinnen. Der Anzug der Männer entspricht ziemlich genau dem alten Kärntner Trachtenanzug. Ein kastanienbrauner Rock mit grünem Kragen, die weinrote Weste, schwarze Hose, schwarze Schuhe und ein schwarzer Hut mit grünem Band machen einen feschen Kanaltaler Trachtenträger aus.
Abschließend gehen wir mit dem Obmann noch einem in Kärnten kursierenden Gerücht auf die Spur. Es besagt, dass die Kommandosprache der Freiwilligen Feuerwehr von Uggowitz/Ugovizza Deutsch wäre. Das bestätigt Alfredo Sandrini, fügt allerdings hinzu, dass dies auch auf die Freiwilligen Feuerwehren von Wolfsbach/Valbruna und Saifnitz/Camporosso zutrifft. Aufmerksame Reisende erkennen das an den Schildern und Aufschriften an den Feuerwehrhäusern.
Ugovizza/Ukve/Uggowitz