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Das zweite Scheitern der Zürich—Basel-Bahn
ОглавлениеDass Zürich der industrialisierteste Kanton der Schweiz sei, berichtet John Bowring aus Angst vor kommender Konkurrenz bereits 1837 dem englischen Parlament: «Seit das Stadtmonopol umgestürzt ist, hat vielleicht kein Teil der Welt ein deutlicheres Bild gedeihlicheren Fabrikwesens dargewiesen.»8 Doch ab 1839 sind wieder die Konservativen an der Macht. Sie verpflichten die Volksschullehrer während sechs Jahren zur Frömmigkeit und fördern die Misswirtschaft. 1845 gelingt den Liberalradikalen die erneute Machtergreifung. Sie fordern drei Wochen später eine neue Konzession für die Eisenbahn nach Basel und haben diese einen Monat danach in den Händen. Im revolutionären Aargau scheint das Spiel leicht zu sein, gegen Basel wird es schwieriger: Erst 1833 hat sich der Kanton Baselland nicht ohne vorheriges Blutvergiessen von der alten Stadtherrschaft befreit. Dennoch gründen die Zürcher 1846 die Schweizerische Nordbahn SNB mit dem alten Ziel einer Bodensee—Basel-Verbindung. Der von Fürst Metternich beurlaubte Ingenieur Alois Negrelli arbeitet mit den von Martin Escher-Hess weitergereichten Plänen von 1839 Detailpläne für die Gleis- und Hochbauanlagen zwischen der Limmatstadt und Baden aus. Der Hauptbahnhof Zürich soll in Aussersihl entstehen, das erspart den Bau einer Brücke über die Sihl. Doch die Stadtzürcher wollen den Kopfbahnhof auf eigenem Gemeindegebiet, gerade angrenzend an die ehemaligen Schanzen. Diese sind mit den Stadttoren im Unterschied zu Basel bereits abgebrochen. Die Stadt vermacht der SNB für den Bau des Kopfbahnhofs unentgeltlich das grosse Grundstück gegen die Platzspitz-Promenade. Dort soll das Verkehrszentrum bleiben. Architekt Ferdinand Stadler entwirft auch schon eine Limmatbrücke bei Turgi. Die Vermessungspioniere Wild und Bürkli stecken eine grosszügige Trassierung aus, 23,3 Kilometer bis Baden, doppelspurig mit Gleisradien vom Anderthalbfachen der späteren Gotthardbahn und mit fünf Mal geringeren Steigungen. Über 1000 Arbeiter schütten mit Körben Dämme auf, füllen bis zu 16 Meter tiefe Gräben, bauen die Sihlbrücke und brechen den Badener Schlossbergtunnel aus.9 Doch trotz ihrer Konzessionierung verhindern die Aargauer den Weiterbau ab Baden. Die 350 innerschweizerischen Zollschranken bleiben, und zwischen Katholiken und Reformierten zeichnet sich ein Bürgerkrieg ab. Der Güterverkehr auf der Blinddarmstrecke bleibt unbedeutend. Im Jahr nach der Betriebseröffnung muss die SNB ihren Fahrplan von vier auf drei tägliche Personenzugspaare ausdünnen. Erst ab 1874 entwickelt sich die Legende von der Spanischbrötli-Bahn10: Statt Kohle, Güter und Massen von Menschen transportiere die SNB Hausboten, die von Baden knusprige spanische Brötchen nach Zürich bringen. Ob die Brötchen auf der fünf Wegstunden langen Strecke nach dreiviertelstündiger Dampfwagenfahrt wirklich warm in Zürich ankommen, kann nicht nachgewiesen werden.
Plan der Zürich—Basel-Bahn für die nicht gebauten Teilstücke von Baden nach Turgi und Brugg 1847: Erst die Bundesstaatsgründung macht die Baufortsetzung möglich.
SBB Kreisarchiv III 1980.
Hauptbahnhof Zürich in den Jahren 1847–1867 mit je zwei Empfangs- und Abfahrtsgleisen und einem Durchgangsgleis für die auf der Drehscheibe gewendete Lokomotive.
Modell H. P. Bärtschi.