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Den Tälern folgen, sie mit Brücken senkrecht queren, Tunnelbauten kurz halten

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Die Muskelkraft von Arbeitern und Pferden auf der Baustelle und die beschränkten Möglichkeiten beim Bau weitgespannter Brücken setzen Grenzen bei Eingriffen, die dennoch zuvor nie erreichte Ausmasse annehmen. Bahnlinien werden entlang von Höhenkurven geführt, Abtragungen auf das Minimum reduziert, Aushub für den Bau von Dämmen in nächster Nähe verwendet. Nach Möglichkeit legt man neue Bahnlinien entlang der Flüsse an. In allen Fällen überquert man die Flüsse möglichst senkrecht, um die Brückenlänge über dem Wasser so kurz wie möglich halten zu können. Bei Koblenz wird der Rhein mit der heute ältesten grossen, engmaschigen Gitterfachwerkbrücke überbrückt. Den Rheinfall betrachtet man schon 1855 als Naturwunder, man wählt oberhalb des Kataraktes die Form einer Steinbogenbrücke. Der kurze Tunnel unter dem Schloss Laufen bildet dort eine faszinierende Einheit mit dem anschliessenden Brückenbauwerk, das mit seinem Fussgängersteg eine beliebte Verbindung vom Rheinfall zum Schloss Laufen darbietet. Für die Limmatquerung schliesslich nutzt man den Abraum, der beim Bau des Oerliker Tunnels und des Wipkinger Einschnittes entsteht, zum Aufschütten des grossen Erddammes am anderen Limmatufer. Die «Flachstrecken» ab Oerlikon Richtung Bodensee können etappenweise ab Mai 1855 eingeweiht werden, der an Kunstbauten reichste und schwierigste Abschnitt Zürich—Oerlikon jedoch erst am 26. Juni 1856.

Selbstredend gehören die drei Alpentransversalen Gotthard, Simplon/Lötschberg und Rhätische Bahn zu den kunstbautenreichsten Strecken der Schweiz. Weitere besonders dichte Abfolgen von Dämmen, Einschnitten, Brücken und Tunneln befinden sich auf den Bahnen im Toggenburg, im Birstal, durch das Centovalli und auf der Montreux—Oberland-Bahn und – eher überraschend – auf den Stadtgebieten von Zürich, Basel und Lausanne.

Für die Planung und den Bau der Zufahrtsrampen am Gotthard werden in den 1870er-Jahren die Naturgefahren systematisch inventarisiert: Viele Planunterlagen des Schlussrapports des Gotthardbahnbaus zeigen Querprofile, die nebst dem klein wirkenden Trassee die Umgestaltung ganzer Landschaftsabschnitte umfassen. Fels- und Hangrutschpartien, Strauch- und Baumbewuchs sind detailliert, die vorsorglichen baulichen Massnahmen weiträumig eingezeichnet: Terrainverbau, Wildbachverbau, Lawinenverbau, Steinschlag- und Felssturzgalerien übertreffen in einzelnen Abschnitten die baulichen Massnahmen für das eigentliche Bahntrassee bei weitem.30 Der Bau der Gotthardbahn treibt die «Verbesserung» der Natur nach dem Verständnis des 19. Jahrhunderts auf die Spitze. Davon zeugen die Bilder aus der Bauzeit. Ganze Talabschitte sehen oft für Jahre aus, als wäre eine Naturkatastrophe über sie hereingebrochen: gesprengte Felsenpartien, Abraumhalden, Wunde an Wunde.

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