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B. Der unselige Tod
ОглавлениеKein Tod gilt, wir sagten es schon (I.), als ‘natürlich’. Aber der Tod hat doch im normalen Lebenslauf seinen ‘natürlichen Ort’, nämlich da, wo der Mensch „alt und lebenssatt“ (wie Erzvater Abraham Gen 25,8) und im Kreise seiner Lieben stirbt. Aber er ist immer auch eine Katastrophe, weil er die Balance zwischen den zwei Hälften der (vormodernen) Solidargemeinschaft aus Lebenden und Toten stört. Als normaler Tod ist er im Lebensaufriss freilich absehbar und durch einen (wenn auch außergewöhnlichen) rituellen Aufwand zu bewältigen. Und so dient der rituelle Aufwand bei einem seligen Toten in erster Linie der Wiederherstellung des gestörten Gleichgewichts, der Schaffung von Bedingungen für personale Beziehungen zwischen dem Verstorbenen und seinen Hinterbliebenen. Und das wiederum beinhaltet rituelle Regulierung einer für beide Hälften gedeihlichen, erwünschten und unerwünschten Nähe und Ferne (A.). Anders verhält es sich mit dem Tod außerhalb des normalen Lebensaufrisses, dem sog. ‘schlimmen’ oder ‘unseligen’ Tod. Das ist im Besonderen der Tod in der Ferne (Fremde), der Tod zur Unzeit, der gewaltsame Tod. Die drei unglücklichen Todesarten sind oft miteinander vernetzt: Tod in der Fremde ist oft unzeitiger und gewaltsamer Tod (etwa im Krieg), gewaltsamer Tod (etwa Mord) oft auch unzeitig, unzeitiger oft gewaltsam (etwa Unfall). Hinzuzufügen ist noch, dass bei Bruch des Reziprozitätsverhältnisses ein seliger Toter zum unseligen Toten werden kann (A., Abs. 1) und dass ein unseliger Toter, obwohl selig gestorben, sich durch seinen akosmischen postmortalen Zustand (etwa als Vampir) als heimlicher Normen- und Tabubrecher zu Lebzeiten selbst ‘denunziert’. Oft spielt freilich persönliche Schuld (in unserem Sinn) gar keine Rolle: Es genügt, das jemand an einem a-kosmischen Ereignis (Ereignis außer der Norm: Un-Fall, Un-Glück) beteiligt war und als Opfer umkam, um ihn zum unseligen Toten zu machen.