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3. Kapitel Gründung › VII. Zweigniederlassungen

VII. Zweigniederlassungen[1]

3. Kapitel GründungVII. Zweigniederlassungen › 1. Zweigniederlassungen von Gesellschaften mit Sitz im Inland

1. Zweigniederlassungen von Gesellschaften mit Sitz im Inland

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Die Zweigniederlassung einer AG ist ein von der Niederlassung am Gesellschaftssitz (Hauptniederlassung) räumlich getrennter Teil ihres Unternehmens, der dauerhaft und selbstständig Geschäfte schließt und in sachlicher und personeller Hinsicht die dafür erforderliche Organisation aufweist.[2] Nach überwiegender Auffassung erfordert eine solche Organisation die Zuweisung eines selbstständig verwalteten Gesellschaftsvermögens und eine gesonderte Buchführung, die jedoch auch in der Hauptniederlassung erfolgen kann.[3] Die Errichtung einer Zweigniederlassung ist ein rein tatsächlicher Vorgang. Sie erfolgt, wenn die vorgenannten organisatorischen Maßnahmen ergriffen werden.[4] Dementsprechend hat die Eintragung in das Handelsregister nur deklaratorische Bedeutung.[5] Über eigene Rechtspersönlichkeit verfügt eine Zweigniederlassung nicht; sie bleibt vielmehr trotz organisatorischer Verselbstständigung Teil des Unternehmens der AG.[6]

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Erfüllt ein Unternehmensteil diese Anforderungen, dann besteht für den Vorstand eine – ggf. durch das Handelsregister gem. § 14 HGB erzwingbare – Pflicht, die Zweigniederlassung auch tatsächlich zum Handelsregister anzumelden. Umgekehrt resultieren aus der Qualifizierung als Zweigniederlassung auch gewisse Rechtsvorteile, wie etwa die Möglichkeit, die Firma der AG um Zusätze zu ergänzen (§ 13 Abs. 1 S. 1 HGB) oder – im Falle einer um einen Zusatz ergänzten Firma – eine auf den Betrieb der Zweigniederlassung beschränkte (Filial-)Prokura zu erteilen (§ 50 Abs. 3 HGB). Das für alle Rechtsformen in den §§ 13–13h HGB geregelte Recht der Zweigniederlassung ist durch das EHUG stark vereinfacht worden. Vor Inkrafttreten des EHUG war die Errichtung einer Zweigniederlassung vom Vorstand beim Gericht der Hauptniederlassung zur Eintragung in das Handelsregister des Gerichts der Zweigniederlassung anzumelden.[7] Nach neuer Rechtslage erfolgt die Eintragung der Zweigniederlassung allein beim Gericht der Hauptniederlassung (§ 13 Abs. 2 HGB). Die Anmeldungen, Anträge und Unterlagen sind in elektronischer Form bei Gericht einzureichen (§ 12 HGB n.F.). Die Prüfung durch das Sitzgericht beschränkt sich nunmehr auf offensichtliche Zweifelsfälle hinsichtlich des Bestehens der Zweigniederlassung (vgl. § 13 Abs. 2 HGB) und der Zulässigkeit der Zweigniederlassungsfirma.[8]

3. Kapitel GründungVII. Zweigniederlassungen › 2. Zweigniederlassungen von Gesellschaften mit Sitz im Ausland

2. Zweigniederlassungen von Gesellschaften mit Sitz im Ausland[9]

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Ausländischen Unternehmen, die eine Geschäftstätigkeit im Inland anstreben, stellt sich typischerweise die Frage, ob die Tätigkeit mittels einer Zweigniederlassung oder durch eine Tochtergesellschaft in Form einer AG oder einer GmbH erfolgen soll. Ausschlaggebend für die diesbezügliche Entscheidung sind in erster Linie steuer- und mitbestimmungsrechtliche Aspekte, die Frage der Haftungsabschottung, der jeweilige administrative Aufwand sowie die gewünschte bzw. erforderliche Kapitalausstattung.[10] Während früher im allgemeinen die Gründung deutscher Tochtergesellschaften bevorzugt wurde, haben die Überseering-Entscheidung des EuGH[11] und die von ihr eröffneten Möglichkeiten, im Ausland gegründete Kapitalgesellschaften auch für eine ausschließlich inländische gewerbliche Tätigkeit einzusetzen, zu einer späten und unerwarteten Blüte des Zweigniederlassungsrechts geführt.[12] In diesen Fällen, bei denen vor allem englische private limited companies als Träger eines inländischen Unternehmens zum Einsatz kommen, handelt es sich bei der inländischen Niederlassung an sich nicht um eine „Zweigniederlassung“, sondern vielmehr um die „Hauptniederlassung“. Schon im Hinblick auf die ansonsten gefährdete Publizität wird dies jedoch überwiegend als bedeutungslos angesehen und die Eintragungspflicht als Zweigniederlassung bejaht.[13] Nicht als Zweigniederlassung eintragungspflichtig bzw. -fähig ist hingegen die ausschließliche Tätigkeit einer ausländischen Kapitalgesellschaft als Komplementärin einer inländischen Kommanditgesellschaft.[14]

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Das Recht der Zweigniederlassungen ausländischer Unternehmen ist rechtsformübergreifend in den §§ 13d–13g HGB geregelt. Spezielle Vorschriften für ausländische AG enthalten § 13 f HGB und zum Teil § 13g HGB. Als ausländische Gesellschaften sind solche zu behandeln, die – nach Maßgabe des internationalen Gesellschaftsrechts – nicht dem deutschen Recht unterliegen.[15] Insoweit ist für Nicht-EU-Staaten (Drittstaaten) das Recht des effektiven Verwaltungssitzes maßgeblich.[16] Liegt der Gründungsort hingegen in einem EU-Staat, so ist die Zweigniederlassung in gemeinschaftskonformer Auslegung des § 13d Abs. 1 HGB auch dann einzutragen, wenn der effektive Verwaltungssitz im Inland gelegen ist.[17] § 13f HGB betrifft ferner nur solche Gesellschaften mit Sitz im Ausland, die in ihren wesentlichen Merkmalen, also insbesondere der Organisationsstruktur und den Kapitalverhältnissen, etwa einer deutschen AG entsprechen.[18] Dabei bereitet vor allem die Abgrenzung zwischen einer AG und einer GmbH gelegentlich Schwierigkeiten, da viele ausländische Rechtsordnungen den Unterschied nicht kennen.[19] Soweit es um EU-Staaten geht, erfolgt die Qualifizierung anhand der Koordinationsrichtlinien,[20] die jeweils in Art. 1 Auflistungen der Gesellschaften enthalten, die der deutschen AG entsprechen.[21] Im Übrigen ist bei verbleibenden Zweifeln zugunsten der AG zu entscheiden.[22]

Zur Anmeldung ist nach § 13e Abs. 2 S. 1 HGB der Vorstand in vertretungsberechtigter Zahl verpflichtet. Die Zweigniederlassung ist zur Eintragung in dasjenige Handelsregister anzumelden, in dessen Bezirk sie sich befindet (§ 13d Abs. 1 HGB). Die notwendigen Einzelheiten der Anmeldung der Zweigniederlassung einer ausländischen AG sowie die der Anmeldung beizufügenden Anlagen ergeben sich detailliert aus den §§ 13d Abs. 2, 13e und 13f HGB.[23] Anzugeben sind gem. § 13e Abs. 2 Nr. 3 HGB – sofern vorhanden – insbesondere auch die Personen, die befugt sind, als ständige Vertreter für die Tätigkeit der Zweigniederlassung die Gesellschaft zu vertreten. Gemeint sind hiermit gewillkürte Vertreter, also Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte. Während die organschaftliche Vertretungsmacht für die Zweigniederlassung sich nach dem anwendbaren Gesellschaftsstatut bestimmt, ist für die Vertretungsmacht der ständigen Vertreter das deutsche Recht als Vollmachtstatut anwendbar.[24]

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