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1.1.3 Gegenstand des Unternehmens

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Der Gegenstand des Unternehmens, namentlich bei Industrie- und Handelsunternehmen die Art der Erzeugnisse und Waren, die hergestellt und gehandelt werden sollen, sind nach § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG in der Satzung anzugeben. Durch die Angabe des Unternehmensgegenstandes in der Satzung sollen einerseits Dritte über die Art der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft informiert werden. Daher muss der Unternehmensgegenstand so individualisiert angegeben werden, dass der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit für die beteiligten Rechtskreise erkennbar wird.[36] Dabei reicht es aus, wenn der Unternehmensgegenstand unmittelbar den Geschäftszweig als begrenzten Sachbereich angibt, in dem sich die Gesellschaft betätigen soll. Die AG kann unter Beachtung gesetzlicher Verbote und der guten Sitten jede Art von Tätigkeiten ausüben, insbesondere auch mehrere verschiedene Tätigkeiten, wenn sie sämtlich in der Satzung angegeben sind.[37]

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Der Unternehmensgegenstand dient andererseits auch der Begrenzung der Geschäftsführungsbefugnisse des Vorstands im Innenverhältnis nach § 82 Abs. 2 AktG.[38] Für die Vertretungsmacht nach außen hat der Unternehmensgegenstand keine Bedeutung, wie sich aus der Regelung des § 82 Abs. 1 AktG ergibt.

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Der Umfang der Bindung des Vorstands an den satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand hängt von dessen Ausgestaltung ab. Dehnt der Vorstand die Tätigkeit der Gesellschaft auf ein Gebiet aus, das von der Beschreibung des Unternehmensgegenstandes nicht erfasst wird, wird ein solches Überschreiten generell als unzulässig betrachtet; der Vorstand handelt in diesen Fällen pflichtwidrig.[39] Die Gesellschaft darf sich daher auch nicht an einem anderen Unternehmen beteiligen, dessen Tätigkeit nicht von dem eigenen Unternehmensgegenstand gedeckt ist.[40] Um ein pflichtwidriges Handeln des Vorstands auszuschließen, sollte der Unternehmensgegenstand an die neue Tätigkeit zuvor angepasst werden. Nach h.M. darf der Vorstand einer AG Beteiligungen an anderen Unternehmen nur dann erwerben, wenn die Satzung eine entsprechende Ermächtigung vorsieht.[41] Die überwiegende Auffassung begründet das Erfordernis einer Ermächtigung damit, dass ein Unterschied darin bestehe, ob die Gesellschaft selbst unmittelbar ein Unternehmen führe oder Finanzmittel in eine mittelbare Unternehmensführung durch Beteiligungsgesellschaften investiere. Solche Ermächtigungen werden daher ebenso wie die Gründung von Tochtergesellschaften und Übertragung von Unternehmensteilen in den meisten Satzungen vorgesehen (sog. Konzernklausel).

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Enthält der Unternehmensgegenstand die übliche Berechtigung, alle Geschäfte vorzunehmen, die geeignet sind, den Unternehmensgegenstand zu fördern, Unternehmen zu erwerben oder zu gründen und einheitlich zu leiten oder Unternehmen zu veräußern und insbesondere die Geschäftstätigkeit nicht nur selbst, sondern auch durch die Beteiligungsgesellschaften auszuüben, deckt dieser Unternehmensgegenstand Maßnahmen wie etwa die Ausgliederung eines operativen Geschäftsteils auf eine Tochtergesellschaft ab, ohne dass eine Satzungsdurchbrechung[42] vorliegt; es handelt sich dann bei diesen Maßnahmen um eine nach der Satzung von dem Vorstand allein verantwortungsbewusst zu treffende Entscheidung.[43]

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Gibt der Vorstand die Tätigkeit der Gesellschaft in einem Gebiet, das die Satzung als verbindlichen Unternehmensgegenstand beschreibt, endgültig und vollständig auf, z.B. durch Veräußerung eines Geschäftsbereichs, soll nach wohl überwiegender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur der satzungsmäßige Unternehmensgegenstand den Vorstand positiv verpflichten, in den entsprechenden Geschäftsbereichen tätig zu sein.[44] Eine Veräußerung oder Aufgabe eines Geschäftsbereichs verpflichtet danach zu einer vorherigen Anpassung des Unternehmensgegenstandes im Wege der Satzungsänderung.[45] Umgekehrt soll die selbstverantwortliche Leitungsbefugnis des Vorstands nach § 76 Abs. 1 AktG nicht durch eine von Aktionären der Gesellschaft beantragte Änderung des Unternehmensgegenstandes beschnitten werden dürfen.[46] In der Praxis empfiehlt sich, den Satzungsgegenstand nicht abschließend und verbindlich auszugestalten, sondern dem Vorstand einen Ermessensspielraum einzuräumen, z.B. durch eine beschreibende Bandbreite der Geschäftstätigkeit, da der Vorstand in diesem Falle die tatsächlichen Geschäftsaktivitäten eigenverantwortlich ausgestalten kann.[47] Ob der Unternehmensgegenstand verbindlich ist, ist durch Auslegung der Satzung zu ermitteln. Die Satzungsbestimmung über den Unternehmensgegenstand ist wegen ihres körperschaftlichen Charakters grundsätzlich objektiv auszulegen. Die Bestimmungen der §§ 133, 157 BGB finden keine Anwendung.[48]

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Der Unternehmensgegenstand ist im Handelsregister ausdrücklich anzugeben. Fehlt eine Bestimmung über den Unternehmensgegenstand in der Satzung oder ist sie nichtig, kann jeder Aktionär oder jedes Organmitglied eine Klage auf Nichtigerklärung der Gesellschaft erheben, wenn er die Gesellschaft zuvor aufgefordert hat, den Mangel zu beseitigen und sie dieser Aufforderung nicht binnen drei Monaten durch Änderung der Satzung nachgekommen ist (§ 275 Abs. 1 und Abs. 2 AktG). § 276 AktG lässt ausdrücklich die Heilung von Mängeln, die die Bestimmungen über den Unternehmensgegenstand betreffen, im Wege der Änderung der Satzung zu.

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Das Aktiengesetz unterscheidet nicht zwischen dem Unternehmensgegenstand und dem Unternehmenszweck.[49] Dennoch wird allgemein davon ausgegangen, dass Zweck und Gegenstand nicht identisch sind: der Zweck betrifft die von den Aktionären mittels der Gesellschaft verfolgten Ziele, die bei der AG in der Regel auf eine Gewinnerzielung gerichtet sind. Ist das Formalziel nicht von den Gründern festlegt worden, gilt für die Auslegung der Satzung die unwiderlegliche Vermutung, dass die Gesellschaft mit dem Ziel der eigennützigen Gewinnmaximierung tätig wird.[50] Es handelt sich um die faktische Geschäftsgrundlage des Zusammenschlusses der Gesellschafter.[51] Eine Änderung des Zwecks erfordert im Gegensatz zur Änderung des Unternehmensgegenstandes Einstimmigkeit (§ 33 Abs. 1 S. 2 BGB analog).[52]

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