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5.6 Die Shareholder Value Doktrin

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Die in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts verbreitete Shareholder Value Doktrin[85] hatte programmatischen Charakter. Das KonTraG insgesamt stand unter der Wirkung dieser Doktrin. Das Gesetz hat allerdings nicht die Wertsteigerung zu Gunsten der Aktionäre um ihrer selbst willen als Ziel (das wäre kein taugliches rechtspolitisches Ziel), sondern hat umgekehrt die Ausrichtung der Unternehmenspolitik und des Handelns der Organe auf den „Shareholder Value“, besser: auf „Wertsteigerung“, benutzt, um die Unternehmen zum Wohl des Ganzen – und damit natürlich auch aller Stakeholder – ertragsstärker und wettbewerbsfähiger zu machen. Das Streben nach Schaffung von zusätzlichen Werten sollte wieder in den Mittelpunkt des unternehmerischen Handelns und Denkens gestellt werden. Auch wenn der Begriff „Shareholder Value“ heute aus der politischen Mode gekommen ist, so haben die genannten rechtspolitischen Ziele, für die dieser Begriff verwendet wurde, immer noch ihre Berechtigung. Das maßlose Zusammenkaufen von Umsatz unter Erosion der Erträge führt in die falsche Richtung. Ertragskraft sichert Zukunft.

Freilich hat die übertriebene „Shareholder Value Doktrin“ auch negative Folgen gehabt. So hat der massive Druck des Kapitalmarkts zu immer höheren Gewinnausweisen Fehlanreize zum „Accounting for Growth“[86], zur Absenkung des Eigenkapitals wegen der damit verbundenen Erhöhung der Eigenkapitalrendite (Return of Equity – ROE) und zu kreativer Bilanzgestaltung gesetzt. Heute richtet sich die Wirtschaftspolitik mehr auf eine „nachhaltige“ Entwicklung der Unternehmen und auf den Stakeholder Value aus.

Der große Schweizer Wirtschaftsrechtler Forstmoser hat zur Auflösung des Gegensatzes der beiden Glaubenslehren in seiner Abschiedsvorlesung[87] ausgeführt: „Mehrwert für die Aktionäre kann letztlich nur geschaffen werden, wenn das Unternehmen gute Mitarbeiter gewinnt, wenn es bei seinen Kunden und Lieferanten anerkannt ist und wenn es ihm – im Falle von Großunternehmen – gelingt, ein unternehmensfreundliches politisches und gesellschaftliches Umfeld zu sichern. Und ebenso klar ist, dass der Gewinn der Nährboden einer jeden unternehmerischen Tätigkeit und dadurch auch die Basis für eine Förderung aller am Unternehmen Interessierten ist.“ Die Gegensätze lösen sich also auf, wenn man das langfristige Unternehmensinteresse als Leitlinie wählt.

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