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I.N.R.I. 2.2.5

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Professor Pfeiffer schloss sein Fach im Hausbriefkasten ab und vergewisserte sich noch mal, ob die Tür auch wirklich geschlossen war. Oft genug hatte er etwas achtlos den kleinen Schlüssel gedreht und danach festgestellt, dass das Schloss nicht eingerastet war und somit jeder an seine Post rankommen konnte.

Die bestand in den letzten Jahren aber ohnehin hauptsächlich aus Werbung.

Nur die paar Fachzeitschriften, deren Abonnements er trotz seiner Pensionierung nicht gekündigt hatte, boten mal etwas interessante Abwechslung bei seinem täglichen Gang zum Briefkasten.

Aber heute war es etwas anderes. In seiner Hand hielt er einen großen braunen Umschlag mit dem Absender seiner ehemaligen Universität.

Schneller als sonst schlurfte er in sein Arbeitszimmer und suchte leise fluchend nach dem silbernen Brieföffner. Da er diesen nicht um alles in der Welt finden konnte, riss er das Kuvert ganz gegen seine Gewohnheit einfach auf.

Es war die Expertise des Hygieneinstituts über eine Spermaprobe.

Als Fachmann für Metallurgie verstand er zwar viel von chemischen Bezeichnungen aber die auf der Expertise waren für ihn doch eher wie böhmische Dörfer.

Die vorliegende Probe ist menschlicher Samen, konnte aber trotz aller Bemühungen keiner bekannten Bevölkerungsgruppe zugeordnet werden.

Dieser Schlusssatz im Laborbericht war mehr als seltsam. Eher unheimlich.

Seit Tagen war Pfeiffer schon jeden Morgen ungeduldig wartend an seinen Briefkasten gegangen, in dem er endlich Neuigkeiten über die Untersuchung des unbekannten Flugobjekts zu finden hoffte.

Der Geheimdienst der Armee hatte damals den Fund ziemlich schnell an seine Ex- Universität abgegeben. Ihn interessierte nur ob es sich dabei um eine gegnerische Waffe oder ein Spionage Objekt handelte, das die Sicherheit des Landes berühren konnte. Mit Ufos oder gar übersinnlichen Sachen wollte man nichts zu tun haben.

So wurde an der Uni eine interdisziplinäre Forschungsgruppe gegründet und der inzwischen eingetroffene Experte aus den USA hatte sich bereit erklärt, an der Untersuchung mitzuwirken.

„Viel können wir Ihnen aber nicht bieten, Mister Kendall!“, musste der Dekan dem Amerikaner bedauernd mitteilen.

Aber der hatte sich mit dem versprochenen Badeurlaub an der Mittelmeerküste zufriedengegeben, im Wochenendhäuschen des Dekans.

„Mit Super Meerblick und einer Treppe die direkt an den feinen Sandstrand führt!

Aber erst, wenn die Untersuchung abgeschlossen ist!“, meinte er leise drohend.

Kendall gelang es alsbald, die Metallkapsel zu öffnen. Darin befand sich ein weiterer Behälter mit einfachem Drehverschluss, der mit vier Bügeln zusätzlich gesichert war.

Beim Öffnen stellte man fest, dass sich darin flüssiger Stickstoff mit einer Temperatur von minus 169°C befand mit einer Phiole wie sie in der Tiermedizin zum Einfrieren von Samenflüssigkeit benutzt wird.

Als Füllmaterial, wohl um eine Beschädigung beim Absturz zu vermeiden waren um den zweiten Behälter kleine blaue Kügelchen gepackt, eine Art Styropor, aber etwas härter und schwerer.

Doch die exakte Zusammensetzung dieses Materials konnte der Professor auch nach zahllosen Untersuchungen nicht genau definieren.

„Es scheint für mich ein völlig neues und unbekanntes Metall zu sein, so etwas habe ich noch nie gesehen!“

Die Außenhaut der Kapsel hatte sich als eine völlig neuartige Legierung aus Titan und einem zweiten, unbekannten Stoff entpuppt.

„Vielleicht der gleiche, aus dem die Kügelchen sind“, hatte Pfeiffer gemutmaßt.

Es wurmte ihn ganz gewaltig, dass er bei diesem Fall mit seinem Latein am Ende war.

An der Tür klingelte es und erst jetzt wurde ihm bewusst, dass Mirjam heute kommen würde, die kleine Palästinenserin, die einmal die Woche über die Grenze aus dem Flüchtlingslager fuhr, um seine Wohnung in Schuss zu halten.

Ihr arabischer Name war für ihn schwer auszusprechen deshalb nannte er sie lieber so. Das Geld konnte sie gut gebrauchen, da ihr Verlobter Yousef nur ab und zu als Tagelöhner auf Baustellen Arbeit fand und sie beide bald heiraten wollten.

„Guten Tag Herr Professor!“ begrüßte sie ihn mit einem verschämten Lächeln.

Zielstrebig ging sie zu der kleinen Abstellkammer und holte die für sie wichtigen Putzutensilien hervor.

„Sie wollten doch eine neue Flasche Chlorreiniger besorgen“ rief sie halb enttäuscht halb vorwurfsvoll in Richtung ihres Arbeitgebers.

„Ach Gott, das hab ich ja völlig vergessen, tut mir leid!“ Seine Entschuldigung nahm sie mit einem Achselzucken und ohne weitere Äußerung zur Kenntnis und fing an, die Kacheln im Badezimmer mit einfacher Seifenlauge, in die sie etwas Essig gespritzt hatte, einzuseifen.

Saubermachen gehörte nicht unbedingt zu den Lieblingsbeschäftigungen Pfeiffers, gerade deshalb war er ja so froh, Mirjam gefunden zu haben, die ihm die ungeliebte Tätigkeit wenigstens einmal in der Woche ersparte.

Seine Frau war durch eine schwere Krankheit ans Bett gefesselt, so dass alle Arbeit an ihm hängen blieb. Zweimal pro Tag kam eine ambulante Pflegerin vorbei um seine Frau zu waschen und ihr die lebensnotwendigen Medikamente zu verabreichen.

Er wollte seiner Putzfrau nicht im Weg stehen und verabschiedete sich deshalb eilig mit den Worten:

„Ich geh mal einkaufen, solange du hier beim Staubsaugen bist. Du weißt ja, meine Hausstauballergie!“

Mirjam grinste verständnisvoll und rief „Vergessen Sie aber den Chlorreiniger nicht wieder!“

Sie wird eine gute Frau und Mutter abgeben, dachte er im Stillen und machte sich auf den Weg.

Obwohl, bei einem kleinen Seitenhieb auf den doch schon etwas länger andauernden Plan zu heiraten ohne ihn umzusetzen, hatte sie eine Äußerung getan, die ihm zu denken gab. Auf die Frage ob sie sich Kinder wünsche hatte sie nur verlegen geantwortet „So Gott will“

***

Als er vom Einkaufen zurückkam, sah er wie Mirjam schnell ihr Handy vom Ohr nahm und in ihre Tasche steckte.

„Yousef hat gerade angerufen, nur ganz kurz!“ sagte sie mit sichtbar schlechtem Gewissen und lächelte verlegen.

„Ja, ja Mirjam, ist ja gut. Wir sind ja hier nicht beim Militär, dass Sie gleich immer um Erlaubnis fragen müssen, wenn Sie telefonieren möchten“ antwortete Pfeiffer.

„Mein Verlobter war gerade bei seinem Arzt. Er hat jetzt den endgültigen Befund bekommen, dass er keine Kinder zeugen kann.“ Die Trauer war ihr ins Gesicht geschrieben, hatte sie doch oft genug erwähnt wie sehr sie sich auf Kinder freuen würde, sobald sie verheiratet wären.

Der Professor überlegte kurz, wie er sie aufmuntern konnte. Denn nichtssagende Floskeln oder fadenscheinige Trostworte wie ist doch nicht so schlimm, ihr könnt ja auch welche adoptieren waren ihm ein Gräuel.

Da fiel ihm wieder die mysteriöse Samenprobe ein, die noch im Gefrierschrank des Instituts lagerte. Er hatte da so eine Idee:

Ob Mirjam und ihr Verlobter mitspielen würden war natürlich mehr als zweifelhaft. Aber in ihm erwachte wieder der alte Forscherdrang. Ob die Spermozyten wohl noch lebensfähig sein und eine künstliche Befruchtung möglich machen würden?

Pfeiffer beschloss, sobald als möglich seinen Professorenkollegen Martin Schmidt anzurufen. Dessen Institut für In-Vitro-Fertilisation in Jerusalem war weit über die Grenzen berühmt und hatte auch bei fast aussichtslosen Fällen schon hin und wieder Erfolge gezeigt.

Seine Forschungsobjekte, die von ihrem „Glück“ noch gar nichts ahnten konnte er noch früh genug fragen, zuerst mussten jetzt grundsätzliche Dinge geklärt werden.

Sofort setze er sich an den Schreibtisch in seinem Arbeitszimmer und suchte die Nummer im Telefonregister heraus.

Professor Schmidt war überaus erfreut, mal wieder etwas von Pfeiffer zu hören.

„Mensch, Moshe, altes Haus“, meldete er sich, „wir haben uns ja schon eine Ewigkeit nicht gesehen.

Komm mich doch mal besuchen, nächsten Montag ist unser Institut geschlossen wegen einer Generalüberholung der Tiefkühlsysteme im Labor. Da könnte ich dir alles zeigen und wir besprechen deinen Fall. Zeit hast du doch genug als Pensionär. Also dann bis Montag!“ Damit beendete er lachend sein Telefongespräch.

Ehe Pfeiffer noch ablehnen konnte, hatte Schmidt aufgelegt.

Im Gegensatz zu ihm hatte der deutschstämmige Schmidt es seinerzeit abgelehnt in den einstweiligen Ruhestand zu gehen, denn die ungewollt kinderlosen Paare rannten ihm die Bude ein und außerdem war er einfach so sehr von seiner eigenen Kompetenz überzeugt, dass er keinem seiner potentiellen Nachfolger die Fortführung seiner Arbeit wirklich zutraute.


I.N.R.I. 2.0

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