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VIII

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Am nächsten Morgen kam Wurkaz zusammen mit Walober zum Stollen, um den eingestürzten Gang zu inspizieren. Sie nahmen ein paar Steinbrocken in die Hand und betrachteten sie prüfend von allen Seiten. „Da ist ziemlich viel Erz drin“, murmelte Wurkaz und schnalzte mit der Zunge. „Hier graben wir, das wird sich echt lohnen.

„Holt die beiden Kinder wieder, die sind jetzt wieder kräftig genug um zu arbeiten,“ befahl Walober. „Den verletzten Jungen schicken wir weg. Es dauert zu lange bis sein gebrochener Arm geheilt ist, solange können wir keinen unnützen Arbeiter durchfüttern.“

Mit ihren Schlägeln lösten Öcetim und die beiden Kinder das Gestein, bei jedem Schlag fürchteten sie, dass erneut dicke Felsbrocken auf sie fallen könnten. Doch sie hatten Glück, nur kleine Steinchen rieselten vereinzelt auf sie herab. Der rotbraunen Erzader folgend, erweiterten sie die beiden Gänge auch nach oben und dank ihrer harten Arbeit konnte Öcetim bald schon aufrecht stehen. Der kleine Junge fing an zu husten, entkräftet wie er war, konnte er nicht mehr arbeiten. Bald darauf erging es dem Mädchen genauso.

Beide wurden in die Hütte zu ihren Zieheltern geschickt. Nach zwei Tagen sah man auch sie mit ihrer wenigen Habe den Berg hinunter stolpern, sie wurden zu den Hirten geschickt, um diesen zu helfen. Ihre Stelle nahmen neu auf den Berg gebrachte junge Männer ein. Celso hatte auch sie in einem Dorf mit Versprechungen auf Kostbarkeiten und viele Rad in die Mine gelockt.

Namos war im Laden tätig, dort gab es außer warmen Kleidungsstücken auch berauschende Getränke und heilende Kräuter zu kaufen. Es war als hätten die Götter diesen Laden mit allen erdenklichen Gütern gesegnet. Man brauchte nur einen Wunsch zu äußern und schon händigte Namos einem die gewünschte Ware aus, es schien als gäbe es alles umsonst. Doch da Namos in die Haselnussstöcke mit einem kupfernen Messer Kerben einritzte, ahnten die Käufer, dass sie für die erstandene Kleidung oder die berauschenden Getränke irgendwann einmal zu bezahlen hätten. Was aber die erworbenen Dinge kosteten, das wusste außer Wurkaz und Marabeo niemand. Man wusste lediglich, dass man für die harte Arbeit in der Mine und den Schmelzöfen entlohnt wurde, dass man sich mit den verdienten Rad alle möglichen Wünsche würde erfüllen können. Selbst Kupferdolche, Schmucksteine, scharfe Feuersteinbeile und Pastosaako sowie die schönsten und wämsten Kleidungsstücke ließen sich dafür eintauschen. Doch die Arbeiter verstanden die seltsamen Zeichen und Einritzungen nicht. Sie wussten nicht, welcher Betrag von ihrem verdienten Lohn abgezogen wurde.

Auch konnte keiner der Arbeiter ausrechnen, wie viele Rad er in einem Monat erhalten würde, niemand wusste, wie viele Rad Pastosaako oder Kleidungsstücke wert sind, die sie im Laden erstehen konnten. Sie wussten nur, dass Celso für ihre Anwerbung mit vielen Rad belohnt worden war.

Eindeutig geregelt war, dass niemand ohne Erlaubnis von Marabeo oder Wurkaz das Gelände der Mine verlassen durfte. Versuchte es doch einmal einer, wurde er mit Sicherheit von den Coyos gefangen. So nannten sich die Wächter selbst, die Tag und Nacht um die Mine herum patrouillierten und denen kein Flüchtling entwischte. Der gefangene Flüchtling wurde nackt ausgezogen, an Armen und Beinen gefesselt und an den Pfahl am großen Platz gebunden.

Damit die schlimme Strafe nicht in Vergessenheit geriet, wandte sie Marabeo auch bei Faulheit an. Zwar wurden die wegen angeblicher Faulheit Bestraften nicht mit Honig eingeschmiert und sie mussten auch höchstens für einen Tag – und manchmal auch für eine Nacht zusätzlich – am Pfahl ausharren. Strafen hagelte es allerdings auch für geringere Vergehen, angefangen bei Entzug des Essens für einen oder mehrere Tage für Raufereien, die Arbeitsausfälle zur Folge hatten bis zum Auspeitschen für Diebstahl.

Niemand hatte zuvor von derart schlimmen Strafen gehört oder sich ein solch hartes System überhaupt vorstellen können. Doch alle beugten sich, ertrugen mehr oder weniger klaglos Marabeos Herrschaft. Marabeo verhängte die Strafen und Wurkaz führte sie umgehend aus. Es schien, als warte Wurkaz geradezu auf irgendwelche Vergehen, die von Marabeo hart geahndet wurden und die er erbarmungslos vollstrecken konnte. Dann wurde die Arbeit für alle unterbrochen, denn jeder musste der Bestrafung zusehen.

Namos nahm keinen großen Anteil am Leben auf der Mine, lediglich abends saß er mit Hirgelo, Öcetim und Gilger am Lagerfeuer. Er war ein stiller Mensch, trug nur wenig zur Unterhaltung bei und gab auf Fragen meist nur kurze Antworten. Kam die Unterhaltung aber auf das Strichzahlensystem und die Einritzungen in die Haselnussstöcke, begannen seine Augen zu leuchten und Namos versuchte, ihnen dieses komplizierte System zu erklären.

Durch seine korrekte Art hatte Namos im Laufe der Zeit Vertrauen bei Marabeo und Wurkaz erlangen können. Bei ihren argwöhnischen Kontrollen hatten sie weder Fehler noch Unterschlagungen feststellen können. Nach mehreren Gesprächen mit ihnen konnte Namos sich ausrechnen, welch große Summen Celso für seine hinterlistige Arbeit erhielt. Was aus den Kindern wurde, die die Mine zu verlassen hatten, wussten auch Marabeo und Wurkaz nicht, es interessierte sie auch gar nicht.

Nach Namos Schätzungen hatten Öcetim, Hirgelo und Gilger ungefähr vier Monde in der Mine zu arbeiten, um allein Celso die für ihre Anwerbung ausgehändigten Rad abzuzahlen. Für Essen und Trinken wurde jedem von ihnen ein Rad pro Tag von ihrem Lohn abgezogen, für ein Paar Schuhe mussten sie ungefähr einen Mond lang arbeiten, für eine Mütze die Hälfte. Da sich Gilger, Hirgelo und Öcetim abends nach anstrengender Arbeit gerne einen Pastosaako gönnten, schätzte Namos, dass sie zur Begleichung ihrer Schulden vielleicht noch ein halbes Jahr auf der Mine arbeiten müssten, bevor sie von ihrem Verdienst selbst etwas behalten könnten.

„Das ist ja ungeheuerlich! Das wussten wir nicht. Das weiß keiner in der ganzen Mine“, riefen die drei zusammen.

„Das hat uns niemand gesagt! Das machen wir nicht mit!“

„Alles ist fein säuberlich notiert, das alles hier hat seine eigene Ordnung“, bemerkte Namos trocken. „So sind die Bedingungen, auch für mich. Und geflohen ist noch niemand...“

„Angeblich nicht“, entgegnete Hirgelo. „Wegen der Coyos und der harten Bestrafung.“

„Wenn die Coyos nach einer Strafaktion zu viel Pastosaako getrunken haben und unaufmerksam sind, im Schutz der Nacht…“, überlegte Öcetim.

„Wir holen hier Kupfer aus dem Berg, davon will ich etwas mitnehmen“, meinte Hirgelo. „Ohne Lohn gehe ich nicht weg von hier!“

„Manchmal rollt so ein kleines Stückchen Rohkupfer fort oder vielleicht bricht auch ein kleines Stück vom Kupferfladen ab.“

„Ja schon, aber das wird fein säuberlich zusammen gekehrt, kein Stück darf davon verloren gehen, da passt immer einer genau darauf auf.“

„Nicht immer. Manchmal geht beim Transport etwas verloren, kleine Stücke, die nur lose mit dem großen Rest des Kupfergusskuchens verbunden sind, die müssten wir sammeln“, schlug Namos vor.

„Prima Idee“, fasste Öcetim zusammen. „Jeder von uns, der beim Schmelzen oder beim Transport der Kupferstücke beschäftigt ist, achtet auf diese kleinen Stücke, schiebt sie unauffällig zur Seite und nachts können wir sie dann heimlich einsammeln.“

„Mühsam und gefährlich“, bemerkte Hirgelo. „Aber machbar. So kommen wir zu Kupfer. Wir brauchen lediglich Geduld und etwas Glück. Die Götter werden uns zur Seite stehen.“


Auch nach wochenlangem Abbau war die Erz führende Schicht noch immer mächtig. Um auch an die wertvollen oberen Schichten heran zu kommen, wurden Steigbäume in den Stollen aufgestellt. Auf diesen mit Aussparungen versehenen Baumstämmen konnte man hochsteigen, um das Erz auch ganz oben abzubauen.

Wie üblich wurden abends Feuer entzündet, um durch die Hitze Sprünge im Gestein entstehen zu lassen. Weil in der Tiefe der langen Stollen der Rauch nicht mehr abziehen konnte, wurden spezielle Rauchlöcher von oben her gegraben. Dabei wurde noch mehr Gestein gelockert und immer wieder brachen größere Felsbrocken in den Stollen hinab. Manchmal entgingen die Minenarbeiter diesem Schauer aus großen und kleinen Steinen nur um Haaresbreite.

„Wenn wir nicht erschlagen werden wollen, müssen wir den Stollen abstützen, mit kräftigen Stämmen, die die herabfallenden Felsbrocken auffangen“, forderte Öcetim.

Walober dachte an das viele Holz, das dafür geschlagen werden müsste. Er zuckte nur mit den Schultern und gab unbeeindruckt von diesen Befürchtungen Befehl, das bislang gebrochene Erz nach außen zu schaffen und anschließend – wie jeden Abend – Feuer zur Erhitzung des Gesteins zu entzünden.

Mit großen Schritten und hochrotem Gesicht stapfte am nächsten Morgen Wurkaz zum Stollen. „Du Mistkerl willst hier die Arbeit einstellen“, schrie er und packte Öcetim am Kragen. „Hier an der ergiebigsten Schicht, die wir seit Jahren haben!“ Er schüttelte Öcetim heftig und verpasste ihm einen harten Fausthieb in den Bauch. „Hinein mit Dir in den Stollen und doppelte Leistung heute! Sonst gehst Du an den Pfahl.“

Öcetim ballte seine Fäuste, senkte den Kopf und wollte schon auf Wurkaz losgehen, Gilger konnte ihn gerade noch zurückhalten. „Lass es“, flüsterte er Öcetim zu. „Du hast keine Chance.“

Wütend drehte sich Öcetim um und schlug mit seinem Schlägel so heftig auf die Felsen ein, dass sich ein großer Brocken von der Decke löste und nur knapp neben Wurkaz auf den Boden fiel. Wurkaz bückte sich, nahm einen abgebrochenen Schaft eines Schlägels und wortlos hieb er damit Öcetim so fest er konnte in den Rücken. Dann stapfte er mit wutverzerrtem Gesicht so schnell als möglich nach draußen. „Das wirst Du mir büßen, Du nichtsnutziger Steineklopfer!“ schrie er. „Doppelte Arbeit für alle heute! Walober, Du bist mir dafür verantwortlich.“

Öcetim rieb seinen schmerzenden Rücken und wollte widersprechen. Doch Gilger kam ihm zuvor. „Du musst Dich heute besonders hart quälen, Öcetim. Ich werde für Dich doppelt hart arbeiten.“ Er hatte schon wieder seinen Schlägel in der Hand. „Auch für angebliche Faulheit droht der Pfahl. Und diese Möglichkeit uns hart zu bestrafen, gönnen wir dem Wurkaz lieber nicht.“

„Heute Nacht ist irgendetwas anders. Hört Ihr einen Wolf heulen, ein Käuzchen schreien?“ fragte Namos. „Alles ist seltsam still, eine Ruhe herrscht, als ob sich alle Tiere still in die Erde verdrückt hätten.“

Trotz ihrer schweren Glieder konnten sie nur schwer einschlafen, unruhig wälzten sie sich im Schlaf herum. Sie waren noch nicht richtig eingeschlafen, als ihre Hütte zu zittern begann. Namos und Öcetim erhoben sich und traten ins Freie. Es war eine mondhelle und kalte Nacht, doch nicht wegen der Kälte, sondern wegen der seltsamen Stille fingen sie an zu frösteln. Gleichzeitig bemerkten sie, wie die Erde kurz erschauerte, als wolle sie durch die kurze Zuckung diejenigen abwerfen, die in ihr Inneres vordringen wollten.

Öcetim und Namos schauten sich verwundert an, doch schon war die beunruhigende Erscheinung wieder verschwunden, die Erde regte sich nicht mehr. „Lass uns versuchen zu schlafen.“

Wie üblich marschierten sie am nächsten Morgen zu ihren Arbeiten. Namos ging zum Laden, Hirgelo zu den Röstbeeten und Schmelzöfen und Gilger und Öcetim zum Schacht. Dort warteten schon Walober und Wurkaz auf sie. „Heute wieder doppelte Arbeit, Ihr Mistkerle“, begrüßte sie Wurkaz mit einem Groll in der Stimme, der nichts Gutes verhieß. Breitbeinig stand er dort, als wolle er ihnen den Eingang versperren. Gilger und Öcetim drückten sich am Schachteingang an Wurkaz vorbei, ihre Schlägel fest in der Hand haltend. Mit all ihrer Kraft schlugen sie auf das Gestein ein, bei jedem Schlag lösten sich größere und kleinere Brocken. „Doppelte Menge!“ rief ihnen Wurkaz drohend zu.

Plötzlich bebte die Erde erneut. Der Steigbaum, auf dem Gilger gerade arbeitete, fiel krachend um, aus der Decke lösten sich Felsbrocken und knallten mit lautem Getöse auf den Schachtboden. Öcetim eilte zu dem am Boden liegenden Gilger. Der hatte sich – den Göttern sei Dank – nicht verletzt. Die zu Boden gefallenen Felsbrocken hatten eine dicke erzhaltige Gesteinsschicht freigelegt.

„Eine neue Erzader da oben“, schrie Wurkaz erfreut. Noch heute wird die abgebaut! Habt Ihr mich verstanden? Sonst…. Der Pfahl wartet bereits auf Euch…“

Öcetim richtete den umgefallenen Steigbaum wieder auf, kletterte hoch und schlug mit grimmiger Miene auf die eben zutage getretene Erzader. Eine geraume Zeit lang musste er über Kopf arbeiten, was die Arbeit noch anstrengender machte. Er hatte gerade den Steigbaum umgestellt, als ein leises Brummen den Stollen erfüllte. Öcetim und Gilger schauten sich ängstlich an, unschlüssig was dies zu bedeuten hatte. Sie fühlten, wie ihre Herzen immer schneller schlugen, irgendetwas schien sich tief unter ihnen bemerkbar machen zu wollen. Ohne Vorwarnung löste sich ein großes Stück aus der Erzader und fiel genau dahin, wo eben noch der Steigbaum gestanden hatte. Plötzlich wurde das Brummen lauter.

„Raus hier!“ brüllte Gilger. „Die Erde bebt!“ Jetzt schienen sich die Wände zu bewegen. Steine polterten auf den Boden, Staub verfinsterte das eh schon geringe Licht, drang in ihre Nasen und Münder. Immer bedrohlicher wackelten die Wände, große und kleine Felsbrocken fielen aus der Decke des Stollens und versperrten den Weg nach draußen. Es herrschte ein ohrenbetäubender Lärm.

Öcetim und Gilger zitterten vor Angst, kalter Schweiß rann ihnen die Rücken hinab. Sie rannten in Richtung des Schachtausgangs. Doch sie kamen nicht weit, bald schon fielen sie über die am Boden liegenden Steinbrocken, rappelten sich wieder hoch, stolperten erneut. Gilger fasste an seinen Fuß, ein großer Felsbrocken hatte ihn dort getroffen. Er stürzte, kleine Steine fielen auf den am Boden Liegenden herab. Geschockt blieb er unter einer Schicht Steine liegen, konnte sich nicht mehr bewegen. „Das war es wohl“, dachte er schon resigniert, bis er merkte wie Öcetim ihn ausgrub, an den Armen packte und nach oben zog. Gestützt von Öcetim humpelte er in Richtung des Ausgangs, doch kurz vor dem Ausgang hatten große Gesteinsbrocken den Weg versperrt.

Draußen standen mit offenen Mündern schon Wurkaz und Walober, staunend über dieses seltsame Ereignis. Auch Marabeo und viele Minenarbeiter eilten herbei. Alle hatten den lauten Knall gehört, und gleich anschließend die Hilferufe von Öcetim und Gilger. Mit vereinten Kräften räumten die Minenarbeiter die großen Gesteinsbrocken am Schachteingang beiseite und drangen in den Schacht ein. Doch die im Inneren des Schachts liegenden riesigen Brocken konnten sie trotz aller Anstrengungen nicht bewegen.

Gleich mehrere schwere Hölzer schleppend, die eigentlich als Brennholz für die Röstbeete gedacht waren, eilte Namos hinzu. Mit den Stangen konnten die Männer die Steinbrocken ein Stück weit beiseite stemmen. Öcetim zwängte sich als Erster durch den schmalen Spalt, dann folgte Gilger, dessen Fuß blutig verfärbt war. Namos und Hirgelo zogen ihn an seinen Armen ins Freie. Nachdem er seinen Schock überwunden hatte, konnte er trotz seiner Schmerzen den Fuß wieder belasten. Glücklicherweise stellte sich Gilgers Verletzung als nicht allzu schwer heraus. Marabeo, Wurkaz und Walober hatten sich an der Rettungsaktion nicht beteiligt. Von außen hatten sie der gefährlichen Befreiungstat im einstürzenden Schacht nur stumm zugesehen.

Das aus der Tiefe der Erde kommende Brummen und das Beben der Erde waren inzwischen stärker und heftiger geworden. Plötzlich bebte die ganze Erde. Mit Ohren betäubendem Krach stürzte ein großer Teil der Mine in sich zusammen, riesige Staubfahnen stiegen aus den einstürzenden Schächten, Steine flogen umher und es wurde stockdunkel.

Auch aus den anderen kleineren Schächten drängten Arbeiter, bleich und zitternd vor Angst, ihre Augen huschten ängstlich hin und her. Einen hatte es schwer erwischt, ein großer Felsbrocken hatte sein Bein zerquetscht, vor Schmerzen schreiend wurde er von seinen Kollegen aus dem Schacht gezogen. Die Hütten in der Umgebung und selbst die stabiler gebauten Häuser wie auch der Laden brachen zusammen, als ob ein Riese sie geschüttelt hätte. Feuer setzten die Hütten in Brand, sie brannten sofort lichterloh. Es entstand ein Sturm, nichts mehr blieb an seinem Ort, Dächer und Holzbalken flogen durch die staubige Luft und verletzten die Menschen. Starr vor Entsetzen starrten alle auf die wie entfesselt wütende Erde.

Nur Öcetim bewahrte einen kühlen Kopf. „Das ist unsere Chance, dieses Beben haben uns die Götter gesandt“, flüsterte er.

„Holen wir die kleinen Kupferstücke aus unserem Versteck“, entgegnete Hirgelo, der sich auch wieder gefasst hatte. „Und dann nichts wie weg von hier!“ Öcetim, Hirgelo, Gilger und Namos rannten zu der Stelle, wo sie ihre Schätze versteckt hatten. Doch die lagen jetzt unter riesigen Steinen verschüttet.

„Die Coyos rennen verängstigt und ganz blind umher, die achten auf keine Flüchtenden. Lasst die Kupferstücke liegen, wo sie sind.“ Der sonst eher zurückhaltende Gilger hatte das Kommando übernommen und befahl die sofortige Flucht. „Lieber ohne Kupfer in der Freiheit, als mit Kupfer weiterhin in diesem Gefängnis! Los jetzt, laufen wir so schnell wir können!“

In dem allgemeinen Chaos achtete niemand auf die vier Flüchtenden. Öcetim, Hirgelo und Namos rannten zuerst zu der Stelle, wo ihre Hütte gestanden hatte. Dort fanden sie tatsächlich noch ein paar Steinklingen, Namos nahm Gilgers Trommel an sich, Hirgelo Pfeil und Bogen. Unbemerkt von den Coyos erreichten sie vor Anstrengung keuchend den Wald, wo Gilger schon auf sie wartete. Erschöpft ließen sie sich auf den Boden sinken. Doch Namos mahnte zur Eile. „Ausruhen können wir später. Meint Ihr, dass Wurkaz unser Fehlen nicht bald bemerken und die Coyos auf uns hetzten wird? Er wird sich bei allem Unglück die Gelegenheit auf unsere Marter am Pfahl nicht entgehen lassen.“

Die Angst vor der zu erwartenden Folter beflügelte sie und ließ sie neue Kräfte mobilisieren. Ohne auf Gestrüpp und dornige Zweige zu achten, stürmten sie durch den Wald, erst am späten Abend gönnten sie sich eine Pause. „Bis hierher werden uns die Coyos kaum gefolgt sein“, meinte Öcetim und ließ sich todmüde in den weichen Waldboden fallen.

Tod im ewigen Eis

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