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4.5.2Wider die Hyperglobalisierung

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Viele Unternehmen sind mit eigenen Betriebsstätten und Tochtergesellschaften im Ausland aktiv. Diese Unternehmen, die in verschiedenen Ländern Tochtergesellschaften kontrollieren, gelten nach Abgrenzung der Vereinten Nationen als transnationale Unternehmen im weiteren Sinne (→ Kap. 11). Transnationale Unternehmen beschäftigten Anfang des 21. Jahrhunderts gemeinsam über 80 Millionen Menschen allein in ausländischen Tochtergesellschaften. Dies entsprach etwa 4 % der gesamten weltweiten Beschäftigung (UNCTAD 2010). Vergleicht man ihre Wertschöpfung mit großen Volkswirtschaften, so entsteht ein Eindruck von der enormen ökonomischen Bedeutung transnational operierender Unternehmen. Im Jahr 2000 rangierte Exxon Mobilcom als das Unternehmen mit der weltweit größten Wertschöpfung auf Platz 45 der 100 größten Ökonomien (wenn man die größten Unternehmen und Volkswirtschaften zusammen betrachtet). Die Wirtschaftskraft des Konzerns übertraf damit die Produktionstätigkeit ganzer Staaten wie zum Beispiel von Pakistan, Neuseeland oder Tschechien (→ Abb. 4.11). Insgesamt waren demnach 29 der 100 größten Ökonomien der Welt Unternehmen. Obwohl dieser Vergleich problematisch ist (da Volkswirtschaften nicht das Ziel der Gewinnmaximierung haben, jedoch soziale Kosten tragen müssen, die durch Unternehmen verursacht werden), wird dadurch illustriert, welche bedeutende Größe und damit Machtposition einzelne Unternehmen im Vergleich zu Nationalstaaten erlangt haben (→ Kap. 11.3).


Abb. 4.11 Die 100 größten Ökonomien der Welt, gemessen nach der Wertschöpfung in Milliarden US-Dollar im Jahr 2000 (nach UNCTAD 2002; Glückler 2006 a)

In dem enormen Wachstum großer multinationaler Unternehmen drückt sich zugleich ein interessantes Paradoxon aus. Fischermann (2000) wertet dieses Wachstum als Indiz, dass Planungssysteme (Planwirtschaften) global operierender Konzerne inmitten weltweiter Marktwirtschaften zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Nicht nur die Größe, sondern auch die Zahl multinationaler bzw. transnationaler Unternehmen hat sich exponentiell entwickelt (→ Abb. 4.12). Sie wuchs von 7 000 im Jahr 1970 über 40 000 im Jahr 1995 (Karliner 1997) und 60 000 im Jahr 1998 (UNCTAD 1999) auf 86 000 Unternehmen im Jahr 2016 an (UNCTAD 2010; 2017). Große transnationale Unternehmen erzielen über die Hälfte ihrer Umsätze außerhalb ihres Stammlands in internationalen Märkten (Sklair 1999). Der Umsatz der ausländischen Tochtergesellschaften aller transnationalen Unternehmen repräsentiert mittlerweile 11 % des globalen Wirtschaftsprodukts. Zwar dominieren nach wie vor Unternehmen aus der Triade (d. h. den großen Märkten Nordamerikas, Westeuropas und Ostasiens) die internationale Organisation der Produktion, aber die Zahl der transnationalen Unternehmen in weniger entwickelten Staaten wächst stetig an. Transnationale Unternehmen aus Entwicklungs- und Schwellenländern erreichen sogar höhere Beschäftigungsanteile in ausländischen Tochtergesellschaften als diejenigen aus der Triade. Neu industrialisierte Staaten, wie z. B. die asiatischen Länder Hongkong (vor dem Anschluss an China), Singapur, Südkorea und Taiwan, haben sich als wettbewerbsstarke Nationen auf den Weltmärkten etabliert (Schamp 1996). Allein in China arbeiteten im Jahr 2009 etwa 20 % aller im Ausland beschäftigten Arbeitskräfte transnationaler Unternehmen (UNCTAD 2010). Zugleich sind die Zuwächse des Welthandels seit den 1970er-Jahren höher als die der Industrieproduktion, und multinationale Unternehmen treiben als global organisierte Akteure das Wachstum ausländischer Direktinvestitionen an (→ Abb. 4.13).


Abb. 4.12 Entwicklung und Verteilung der Zahl transnationaler Unternehmen nach ihrem Hauptsitz in entwickelten oder sich entwickelnden Volkswirtschaften (nach UNCTAD 2010, S. 17)


Abb. 4.13 Globalisierung durch Intensivierung des Außenhandels und der Kapitalverflechtungen (nach Stiftung Entwicklung und Frieden 2003, S. 156)

Hyperglobalisten (Held et al. 1999, Kap. 1) meinen aufgrund dieser Beobachtungen, das Ende des Nationalstaats erkannt zu haben, der durch einen unbegrenzten globalen Markt und weltumspannende Produktions-, Unternehmens- und Finanznetzwerke mächtiger weltweit tätiger Unternehmen zusehends ausgehöhlt werde. Eine grenzenlose Welt (Ohmae 1990) eröffne den Rahmen einer globalen Zivilgesellschaft. Demgegenüber wehren Globalisierungsskeptiker die Globalisierung als Mythos ab und verweisen in historischen Vergleichen auf die begrenzte internationale Ausdehnung ökonomischer Beziehungen in den 1990er-Jahren im Vergleich zum Beginn des 20. Jahrhunderts. So war der durchschnittliche Anteil der Exporte und Importe am Bruttonationaleinkommen 1973 weltweit geringer als noch im Jahr 1913. Eine Reihe von Staaten hat den durch die beiden Weltkriege bedingten Einbruch des globalen Güteraustauschs sogar bis zum Jahr 1994 noch nicht wieder ausgleichen können (Hirst und Thompson 1996; Kleinknecht und Wengel 1998; Hellmer et al. 1999, Kap. 2).

Messbare grenzüberschreitende Austauschbeziehungen können sowohl für den Handel von Vor- und Endprodukten und Diensten als auch für den Austausch von Produktionsfaktoren, wie z. B. Kapital, und Technologien statistisch erfasst werden (→ Tab. 4.1). Die nachfolgende Diskussion dieser internationalen Ströme soll die Intensität und in räumlicher Perspektive die Verflechtung der internationalen Wirtschaft veranschaulichen, um das Ausmaß bzw. die quantitative Dimension der Globalisierung zu prüfen, aber auch um die Grenzen einer Faktorperspektive aufzuzeigen.

Tab. 4.1 Zentrale Dimensionen internationalen ökonomischen Austauschs
Handel von Gütern und Diensteninter- versus intrasektoraler Handel
Handel von Endprodukten versus Zwischenprodukten
Inter- versus Intra-Unternehmenshandel
Kapitalverflechtungenausländische Portfolioinvestitionen
ausländische Direktinvestitionen (ADI)
greenfield-ADI
brownfield-ADI (mergers & acquisitions)
Wissens- und Technologieverflechtungengrenzüberschreitende Forschung und Entwicklung (FuE)
Transfer von Technologien (Lizenzierung, Patentierung)
Transfer von Designs und Marken (Verkauf, Lizenzierung, franchise)
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