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4.5.5Internationalisierung des Austauschs von Technologien und Wissen

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Neben den Handels- und Kapitalverflechtungen erhält auch der internationale Transfer von Technologien und Wissen ein zunehmendes Interesse in der Globalisierungsdiskussion. Anhand von drei Dimensionen kann exemplarisch die steigende Intensität dieses Austauschs dargestellt werden.

(1) FuE-Einrichtungen. In einer Studie von Casson et al. (1992) über die internationale Verteilung von Forschungseinrichtungen von 500 Großunternehmen konnte nachgewiesen werden, dass die Unternehmen der meisten Indus­trieländer eine relativ starke Konzentration ihrer FuE-(Forschungs-und-Entwicklungs-)Aktivitäten im Heimatland aufrecht erhalten. Allerdings hatten niederländische, schweizerische, deutsche und britische Unternehmen zwischen 60 und 80 % ihrer FuE-Einrichtungen im Ausland angesiedelt. Unternehmen aus den USA als der Nation mit den meisten FuE-Einrichtungen unterhielten demgegenüber durchschnittlich nur 30 % ihrer Labore im Ausland (Hirst und Thompson 1996, Kap. 4). Insgesamt verändert sich die Qualität der internationalen Arbeitsteilung in Forschung und Entwicklung. Während ausländische FuE-Einrichtungen zunächst vorwiegend dazu dienten, Produkte und Prozesse an ausländische Produktions- und Marktbesonderheiten anzupassen, werden die Einrichtungen inzwischen stärker auch in unternehmensinterne Forschungsnetze einbezogen. Sie erhalten größere Budgets und umfassendere Verantwortung, was unter anderem dazu führte, dass sich der Anteil ausländischer FuE-Ausgaben US-amerikanischer Unternehmen von 6 auf 11 % im Zeitraum von 1985 bis 1995 nahezu verdoppelte (Blanc und Sierra 1999). Einerseits wird dadurch mehr Nähe zu den lokalen Fähigkeiten in den jeweiligen Standortumgebungen hergestellt (Blanc und Sierra 1999), andererseits können lokale Spezialisierungen als centers of excellence für weltweite Operationen ausgebaut werden (Zeller 2000). Dies ist bisher allerdings nur in wenigen Indus­triebranchen wie der pharmazeutischen Indus­trie und hier nur in bestimmten Unternehmen erkennbar.

(2) Grenzüberschreitende Patente. Patentanalysen sind ein weiteres Instrument der Messung grenzüberschreitender technologischer Verflechtungen. Cantwell (1992) und Patel und Pavitt (1992) berichteten in diesem Zusammenhang beispielsweise, dass nur 10 % aller von internationalen Unternehmen in den USA registrierten Patente von ausländischen Tochterunternehmen und Zweigwerken angemeldet wurden. Die Forschungsaktivitäten und Patentanmeldungen multinationaler Unternehmen aus den USA, Japan, Deutschland, Frankreich und Italien sind zudem fast ausschließlich auf die Triade konzentriert (Patel 1995). Im Jahr 2007 befanden sich durchschnittlich 15 % aller in den OECD-Staaten angemeldeten Patente im Eigentum oder Miteigentum ausländischer Organisationen (OECD 2010). Insgesamt sind die technologischen Aktivitäten großer Unternehmen immer noch verhältnismäßig stark auf ihr Stammland orientiert (Cooke und Morgan 1998, Kap. 1; Zanfei 2000). Hierin drückt sich die besondere Bedeutung der dort vorhandenen technologischen Kompetenz für die internationale Wettbewerbsfähigkeit aus.

(3) Formen der technologischen Zusammenarbeit. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten des organisierten Transfers von Technologien über nationale Grenzen hinweg. Die Formen reichen vom gegenseitigen Austausch von Lizenzrechten bis hin zur Einrichtung gemeinsamer FuE-Labors in joint ventures oder strategischen Allianzen. Die Anzahl ausländischer Unternehmensbündnisse zum Austausch von Technologien ist in kleinen Volkswirtschaften besonders hoch, da für diese auch der Außenhandel eine größere Rolle spielt. Während bis Ende der 1980er-Jahre die Zahl von technologischen Kooperationen in der Triade nahezu konstant blieb, stieg sie in den Jahren bis 1994/1996 stark an (OECD 1999 a). Die Betrachtung auf der Ebene der Triade verdeutlicht, dass internationale techno­logische Verflechtungen während der 1990er-Jahre zumindest in Europa und Japan sukzessive an Bedeutung gewannen. Dennoch lässt sich ein zunehmender Trend der internationalen Zusammenarbeit im Bereich wissenschaftlicher Forschung und Entwicklung feststellen. So wächst die Zahl internationaler Ko-Autoren in wissenschaftlichen Publikationen der Natur- und Ingenieurwissenschaften sowie der Medizin stetig an, während die Zahl der Veröffentlichungen von Einzelautoren abnimmt (OECD 2010) (→ Abb. 4.18).


Abb. 4.18 Wachstum der Anzahl internationaler Ko-Autoren bei wissenschaftlichen Publikationen 1992 bis 2007 (nach OECD 2010, S. 127)

Auch wenn internationale Kapitalverflechtungen und technologische Verflechtungen weiter an Bedeutung gewinnen, ist die Geographie der wirtschaftlichen Globalisierung immer noch ungleich und stark auf die Triade (Kleinknecht und Wengel 1998) sowie zunehmend auch auf die großen Schwellenökonomien Brasilien, Russland, Indien und China (sog. BRIC-Staaten) konzentriert. Allein die Analyse derartiger Verflechtungsstatistiken erzeugt jedoch nur ein begrenztes Verständnis der zugrunde liegenden Prozesse, deren Träger nicht in erster Linie die Nationalstaaten, sondern vor allem mächtige multinationale Unternehmen mit ihren Strategien sind. Das Wachstum von intra- und intersektoralem sowie unternehmensinternem Handel sagt zwar etwas darüber aus, wie sehr der grenzüberschreitende Transfer und die internationale Arbeitsteilung in globalen Wertketten zunehmen. Die Zunahme der ADI und des internationalen Handels allein bedingt jedoch noch keine fortschreitende ökonomische Integration der Weltwirtschaft (Schamp 2000 b, Kap. 2.3). Über die qualitativen Hintergründe des Austauschs geben Statistiken keine eindeutige Auskunft (Storper 1997 b, Kap. 7; 1997 c). So ist es beispielsweise schwierig, zunehmende Kapitalverflechtungen durch ausländische Direktinvestitionen zu interpretieren. Einerseits deuten sie darauf hin, dass Unternehmen eine intensive globale Organisation der Produktion anstreben und somit der unternehmensinterne Handel von Zwischen- und Endprodukten sowie der Transfer von Technologien und Wissen ansteigen. Andererseits können sie ebenso Ausgangspunkt dafür sein, dass der Außenhandel langfristig durch die umfassende Präsenz in den nationalen Märkten reduziert wird. Eine Verdichtung von Standortnetzen, die sich womöglich in der Zunahme von ADI ausdrückt, kann folglich auch eine Verringerung der Handelsverflechtungen bewirken.

Letztlich führen selektive und zugleich intensivierte Verflechtungen und Beziehungen zu neuen sich verstärkenden Disparitäten auf globaler Ebene, die auch auf regionale Ungleichheiten rückwirken und betreffende Prozesse entweder überlagern oder beschleunigen. Um die Grundlagen derartiger ungleicher Standortverteilungen zu verstehen, werden in Teil II des Buchs nachfolgend Ansätze der Raumwirtschaftslehre kritisch diskutiert. Kapitel 5 und 6 befassen sich entsprechend mit der Erklärung von Standortstrukturen auf der Ebene der Unternehmen, deren Ansiedlungsentscheidungen letztlich die Ursachen für regionale Ballungs- und Entleerungsprozesse und somit auch für regionale Disparitäten darstellen.

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