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b) Konnexität der Ansprüche („aus demselben rechtlichen Verhältnis“)

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Der Anspruch des Schuldners gegen den Gläubiger muss § 273 Abs. 1 zufolge „aus demselben rechtlichen Verhältnis“ stammen, „auf dem seine Verpflichtung beruht“. Dieses Erfordernis – das die Aufrechnung nicht hat – bezeichnet man auch als Konnexität. Der Wortlaut dieser Voraussetzung scheint ein eher enges Verständnis nahezulegen. Dies trifft aber nicht zu. Mit Blick auf den Zweck des § 273 ist das Erfordernis vielmehr weit auszulegen. Das erklärt sich aus dem grundlegenden Gerechtigkeitsgedanken, der § 273 zugrunde liegt.[15] Zudem ist die Verbindung zweier Ansprüche bei der Geltendmachung auch effizient: Sie spart Rechtsdurchsetzungskosten, weil der Schuldner seinen eigenen Anspruch ja notfalls in einem eigenen Prozess durchsetzen müsste, wenn ihm § 273 nicht als Abwehrmöglichkeit zur Verfügung stünde. Die stRspr legt den Begriff daher zu Recht weit aus. Es ist nicht nötig, dass die Ansprüche aus demselben Rechtsverhältnis stammen. Es genügt vielmehr, dass ihnen ein innerlich zusammenhängendes, einheitliches Lebensverhältnis zugrunde liegt.[16] Vertragliche Ansprüche müssen dafür in einem solchen natürlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, dass es gegen Treu und Glauben verstoßen würde, wenn der eine Anspruch ohne Rücksicht auf den anderen durchgesetzt werden könnte.[17] So genügt etwa eine ständige Geschäftsbeziehung zwischen zwei Unternehmen, wenn zwar verschiedene Vertragsverhältnisse vorliegen, diese aber wegen ihres zeitlichen oder sachlichen Zusammenhangs als natürliche Einheit erscheinen.[18] Wenn beispielsweise die Deutsche Bahn AG gegen die Siemens AG Gewährleistungsansprüche wegen Fehlern in einer ICE-Lieferung aus 2018 hat, kann sich die Siemens AG wegen ihrer Zahlungsansprüche gegen die Deutsche Bahn AG aus einer Schienenlieferung aus 2019 gegebenenfalls auf § 273 berufen. Auch ein nichtiger Vertrag, der Grundlage wechselseitiger Bereicherungsansprüche ist, begründet ein einheitliches Rechtsverhältnis iSd § 273 Abs. 1.[19]

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Einen gesetzlichen Fall der Konnexität regelt § 273 Abs. 2: Wer zur Herausgabe eines Gegenstandes verpflichtet ist, kann ein Zurückbehaltungsrecht auf seine fälligen Ansprüche wegen Verwendungen auf den Gegenstand geltend machen oder auch wegen eines ihm durch den Gegenstand verursachten Schadens. Das gilt nur dann nicht, wenn der Schuldner den Gegenstand durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung erlangt hat. Wenn beispielsweise Ihr Nachbar während Ihres Urlaubs Ihre Wellensittiche hütet, hat er wegen seiner Fütterungskosten (§ 693) ein Zurückbehaltungsrecht aus § 273 Abs. 2 gegen Ihren Anspruch auf Herausgabe der Vögel (§ 695). Ein anderes Beispiel bietet der Fall, dass jemand rechtswidrig auf Ihrem Grundstück parkt. Der Eigentümer kann zwar Herausgabe des Autos verlangen. Sie haben jedoch Ihrerseits einen Anspruch auf Zahlung der Abschleppkosten, der Ihnen ein Zurückbehaltungsrecht iSd § 273 Abs. 2 vermittelt.

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Ein praktisch wichtiger weiterer Fall der gesetzlichen Konnexität ist § 1000.

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