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a) § 320 Abs. 2

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§ 320 Abs. 2 ist ein besonderer Ausdruck des Grundsatzes von Treu und Glauben. Wenn die andere Seite eine Teilleistung erbringt, kann der Schuldner die Gegenleistung nicht verweigern, wenn dies treuwidrig wäre. Eine Teilleistung – also etwa die Zahlung von 495.000 Euro statt der geschuldeten 500.000 Euro für das verkaufte Grundstück – muss der Gläubiger freilich nach § 266 nicht annehmen, soweit nicht ausnahmsweise § 242 eingreift. Der Gläubiger kann sich aber auch für die Annahme entscheiden. Wenn er das tut, kann sich aus den Umständen ergeben, dass die Verweigerung der eigenen Leistung nach § 320 Abs. 1 treuwidrig wäre. Das ist eine Frage des konkreten Falls unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls wie etwa des Umfangs der Teilleistung und der Bedeutung der eigenen Leistung. Die Auflassung des Grundstücks kann etwa gegebenenfalls nicht verweigert werden, wenn nur ein relativ geringfügiger Betrag (im Verhältnis zum Wert der eigenen Leistung) gezahlt wird. § 320 Abs. 2 dient so dazu, einen beiderseits gerechten Interessenausgleich im Einzelfall zu ermöglichen. So darf auch etwa der Mieter den Mietzins nicht wegen fehlender Mangelbeseitigung monatelang zurückhalten, wenn das dazu führen würde, dass er über einen längeren Zeitraum praktisch mietfrei wohnt.[50]

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Im Kaufrecht steht dem Käufer grundsätzlich die Einrede des nicht erfüllten Vertrags aus § 320 Abs. 1 S. 1 gegen den Kaufpreiszahlungsanspruch (§ 433 Abs. 2) zu, wenn der Verkäufer seine Pflicht zur mangelfreien Verschaffung der Kaufsache (§ 433 Abs. 1 S. 2) nicht erfüllt hat. Der Käufer kann also bei behebbaren Mängeln den Kaufpreis gem. § 320 Abs. 1 S. 1 so lange zurückbehalten, bis der Verkäufer den Mangel beseitigt.[51] Im Einzelfall kann sich aus Treu und Glauben etwas anderes ergeben: Der Käufer darf die Kaufpreiszahlung nicht gem. § 320 Abs. 1 S. 1 verweigern, wenn dies nach den Gesamtumständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit der Pflichtverletzung des Verkäufers, treuwidrig ist. Der BGH stützt dies auf § 242 bzw den „Gedanken des § 320 Abs. 2“.[52] Überzeugender ist, § 320 Abs. 2 direkt anzuwenden: Auch die Leistung einer mangelbehafteten Sache ist ein Fall der (qualitativen) Teilleistung.[53] Für die Anwendung des § 320 Abs. 2 genügt aber nicht, dass der Mangel mit verhältnismäßig wenig Aufwand beseitigt werden kann (wie etwa Kratzer im Lack eines Fahrzeugs), während der Kaufpreis sehr hoch ist.[54] Denn § 320 verfolgt nicht nur den Zweck, den Anspruch auf die Gegenleistung zu sichern. Vielmehr soll die Norm auch als Druckmittel dazu dienen, den Gläubiger zur vertragsgemäßen Leistung anzuhalten.[55]

BGB-Schuldrecht Allgemeiner Teil

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