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3. Schutzpflichten, Leistungspflichten und Nebenleistungspflichten

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In der Regel bestehen Schutzpflichten neben Leistungspflichten. Wenn ich eine Malerin beauftrage, mein Wohnzimmer zu streichen, hat sie aus unserem Werkvertrag nach § 631 Abs. 1 Var. 1 die Leistungspflicht iSd § 241 Abs. 1, das Wohnzimmer zu streichen. Daneben ist sie aber aus § 241 Abs. 2 zu einem Bündel weiterer Dinge verpflichtet: Sie darf beispielsweise während des Streichens nicht das Klavier in meinem Wohnzimmer beschädigen und sie muss mich über denkbare Gesundheitsgefahren informieren. Manchmal bestehen in einem Schuldverhältnis ausschließlich Schutzpflichten iSd § 241 Abs. 2, nicht aber auch Leistungspflichten iSd § 241 Abs. 1. Das ist beim Schuldverhältnis ohne primäre Leistungspflicht (bzw. rechtsgeschäftlichen Gefälligkeitsverhältnis)[27] so, ebenso im Fall des § 311 Abs. 2 oder beim Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter.

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Schutzpflichten (§ 241 Abs. 2) müssen von den Nebenleistungspflichten (§ 241 Abs. 1) unterschieden werden. Die Unterscheidung kann relevant werden, weil Nebenleistungspflichten regelmäßig eigenständig einklagbar sind,[28] Schutzpflichten dagegen nicht ohne Weiteres.[29] Außerdem gibt es Unterschiede bei Rücktritt und Schadensersatz statt der Leistung: Für Schutzpflichtverletzungen kommt es nach § 324 bzw § 282 auf die Unzumutbarkeit an. Bei Nebenleistungspflichten steht gem. § 323 bzw § 281 das Fristsetzungserfordernis im Vordergrund. In der praktischen Rechtsanwendung wirken sich die Unterschiede zwar selten aus,[30] in Prüfungsarbeiten müssen aber natürlich die richtigen Normen herangezogen werden. Manche Pflichten schützen zugleich das Leistungsinteresse und das Integritätsinteresse: Wer eine Motorsäge verkauft, muss dem Käufer auch eine Bedienungsanleitung liefern. Nur dann weiß er, wie er die Motorsäge einsetzen kann (Leistungsinteresse). Die Bedienungsanleitung hilft dem Käufer aber auch dabei, sich nicht zu verletzen (Integritätsinteresse).[31] Auch kann Integritätsschutz zum Inhalt einer Leistungspflicht gemacht werden – so etwa bei Bewachungs- oder Beratungsverträgen.[32]

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Die Abgrenzung im Einzelfall kann mit Blick auf die jeweiligen konkreten Sachverhaltsumstände und die in Rede stehenden Ansprüche konkretisiert werden. Ein Beispiel bietet die Rückgabe von Mietwohnungen in nicht ordnungsgemäßem Zustand, wodurch dem Vermieter Schäden entstehen.[33] Der Mieter ist nach Beendigung des Mietverhältnisses zur Rückgabe der Mietsache verpflichtet (§ 546 Abs. 1). Andererseits trifft ihn die Schutzpflicht, die Mietsache pfleglich zu behandeln (§ 538). Der BGH sieht in der nicht ordnungsgemäßen Rückgabe die Verletzung dieser Schutzpflicht, nicht etwa die Verletzung einer leistungsbezogenen Nebenpflicht.[34] Die Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 282 (Unzumutbarkeit) müssen aber nach Auffassung des BGH nicht vorliegen, weil er die Schäden des Vermieters in dieser Situation nicht als „Schadensersatz statt der Leistung“ qualifiziert.

BGB-Schuldrecht Allgemeiner Teil

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