Читать книгу BGB-Schuldrecht Allgemeiner Teil - Harm Peter Westermann - Страница 76
V. Obliegenheiten
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Ebenfalls keine schuldrechtlichen Pflichten sind die Obliegenheiten. Obliegenheiten sind Verbindlichkeiten des Gläubigers, deren Beachtung in seinem eigenen Interesse liegt. Das wichtigste Beispiel aus dem allgemeinen Schuldrecht sind die Obliegenheiten, die § 254 Abs. 2 S. 1 voraussetzt:[52] Den Beschädigten (Schadensersatzgläubiger) trifft die Obliegenheit, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste. Auch trifft ihn die Obliegenheit, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Letztere wird auch „Schadensminderungspflicht“ genannt. Die Begriffsverwendung ist unglücklich, weil § 254 Abs. 2 S. 1 gerade keine Pflicht umschreibt oder voraussetzt. Die Beachtung der Obliegenheiten aus § 254 Abs. 2 S. 1 liegt im Eigeninteresse des Gläubigers. Verletzt er sie, erhält er in geringem Umfang Schadensersatz (§ 254 Abs. 1 iVm § 254 Abs. 2 S. 2). Der Schuldner hat aber keinen Anspruch gegen den Gläubiger darauf, dass er die Obliegenheiten einhält. Wer beispielsweise einem anderen schuldhaft eine Körperverletzung zugefügt hat, kann vom Geschädigten nicht verlangen, dass er die erforderlichen und zumutbaren Heilbehandlungen durchführen lässt, um die Entstehung größerer Folgekosten zu vermeiden.[53] Er ist aber in seinem Interesse ausreichend über § 254 Abs. 2 S. 1 iVm § 254 Abs. 1 geschützt: Denn seine Schadensersatzpflicht aus § 823 Abs. 1 ist wegen der Obliegenheitsverletzung in ihrem Umfang gemindert. Obliegenheiten können auch vertraglich vereinbart werden. Das spielt in der Praxis vor allem bei Versicherungen eine große Rolle: In Versicherungsverträgen werden häufig zahlreiche Obliegenheiten des Versicherungsnehmers vereinbart. Auf Einhaltung dieser Obliegenheiten haben die Versicherungen dann zwar keinen Anspruch. Aber ihre Einhaltung liegt wiederum im Eigeninteresse des Versicherungsnehmers: Verletzt er sie, kann es im Schadensfall zum Verlust oder zur Kürzung des Leistungsanspruchs kommen (vgl § 28 Abs. 2 S. 1 VVG).
Teil I Grundlagen › § 3 Schuldrechtliche Pflichten – Einteilung und Abgrenzungen › VI. Lösung Fall 7