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Neue Welt, neues Leben

Hektische Monate folgen. Harriette kündigt ihre Wohnung, sortiert, was sie von ihren Sachen nach Kenia mitnehmen will und was nicht. Großes Reinemachen. Von vielen ihrer persönlichen Dinge trennt sie sich endgültig und verkauft oder verschenkt sie. Sie holt Angebote bei verschiedenen Speditionen ein für die Verschiffung ihres Inventars. Sie kontaktiert die kenianische Botschaft in Bonn, um genauere Informationen einzuholen, welche Dokumente für ihre Ausreise nach Kenia erstellt werden müssen. Ihr wird klar, dass noch so einiges an Behördengängen auf sie zukommt, mit einer Menge an Formalitäten. Auswandern nach Kenia ist nicht im Handumdrehen geregelt. Aber sie lässt sich davon nicht beirren und arbeitet konsequent die Liste ab, um allen Anforderungen nachzukommen. Planen, Organisieren und Umsetzen sind Dinge, die sie beherrscht und die ihr durch ihre langjährige Arbeit sehr vertraut sind.

Kurz nach ihrer Rückkehr besucht Harriette ihren Vater. Ein wichtiges Treffen, denn er weiß noch nichts von ihren Plänen. Als Harriette einige Monate zuvor beschlossen hatte, ihren gutbezahlten Job zu kündigen, hatte sie diese wichtige Entscheidung mit ihrem Vater besprochen. Ihr Vater - seit vielen Jahren pensioniert - lebt nach dem frühen Tod von Harriettes Mutter mit seiner zweiten Frau Trees in einer Kleinstadt, nicht weit von Wiesbaden. Dieser Mann, selber mit einer soliden wirtschaftlichen Karriere hinter sich, ist Harriettes bester Ratgeber, auch wenn sie nicht immer einer Meinung sind. Er ist ein Meister im Analysieren und Relativieren von schwierigen Situationen. Seine Art mit Krisen umzugehen hat Harriette immer bewundert.

Nun also muss sie ihm erzählen, dass seine Tochter gerade dabei ist, ein Haus in einem Land zu kaufen, das sie nicht kennt. In einem Land, in dem sie niemanden kennt! Schlimmer noch, seine Tochter hat bisher nur vage Vorstellungen davon, was sie dort machen will. Auch das muss sie schnellstens konkretisieren und ausarbeiten. Alles, was sie ganz sicher weiß, ist, dass sie das will. Schlechte Voraussetzungen, einen erfahrenen und stets abwägenden, strategisch denkenden Vater zu überzeugen.

Sie wird herzlich empfangen. Trees hat einen Lunch vorbereitet und so sitzen sie am Tisch und Harriette erzählt von ihrer Kenia-Reise. Harriette fühlt eine innere Spannung. Es muss sein, ich muss es ihnen sagen!

“Theo, Trees, ich muss euch aber etwas viel Wichtigeres mitteilen. Ihr werdet mich jetzt für komplett durchgeknallt erklären, aber ich habe mich entschieden: ich will in Kenia leben! Ich werde ein Haus dort kaufen … eigentlich ist es schon so gut wie gekauft. Ich weiß, es ist vielleicht das Verrückteste, das ich in meinem ganzen Leben tun werde, aber das ist was ich wirklich will! Ich habe schon so viele Jahre den Wunsch, in den Tropen zu leben - jetzt ist der Moment. Wenn ich es jetzt nicht tue, dann werde ich es wohl nie tun! Ich habe ein Haus gefunden in Malindi … ich habe die Kaufabsichtserklärung sogar schon unterschrieben”. Harriette hält inne.

Totenstille. Theo schaut sie schweigend über seinen Brillenrand an. Sie sieht tausend Zahnräder auf Hochtouren in seinem Kopf drehen. Und dann kommen Fragen über Fragen: ob sie die Marktpreise von Malindi geprüft habe, ob die Grundbucheintragung von Dorothy Carmel stimme und ob das Haus nicht vielleicht einem anderen gehöre, oder ob noch jemand gesetzliche Ansprüche auf das Haus habe, wie die Übertragung verlaufen wird, ob es in Kenia so etwas wie einen Notar gäbe? Und was will sie dort mit ihrem Leben anfangen? Ist ihr klar, dass sie alles hier aufgibt? Kann sie nicht einfach hier ein Haus kaufen, seinetwegen in einem anderen europäischen Land, aber dann ist sie nicht so ganz weit weg, warum ausgerechnet in einer Bananenrepublik?

“Du bist eine Frau, du bist weiß, du bist alleinstehend. Und das alles in einem korrupten Land …”. Theo ist entsetzt. Harriette versucht ihn zu beruhigen und seine Fragen so gut es geht zu beantworten. Sie erzählt ihm, welche Dinge sie dort vor Ort in Erfahrung gebracht hat und erläutert alle Schritte in Sache Hauskauf. In all diesen Punkten kann sie Theo deutlich Antwort geben, aber sie sieht ihm an, dass es ihn nicht beruhigt.

“Pa, das ist es, was ich wirklich will”, sagt sie fest entschlossen. “Ich weiß ich wäre jetzt besser mit einem komplett ausgearbeiteten Businessplan angetreten, aber das muss sich bei mir erst noch mehr konkretisieren – ich denke an ein kleines Hotel oder Bed & Breakfast. Wichtig dabei ist dass Malindi im Aufschwung ist. Es wimmelt dort von wohlhabenden Italienern. Es gibt schöne Geschäfte, nette Restaurants, wunderschöne Strände – und gerade wurde ein weiteres Casino gebaut; es ist ein gefragter Touristenort. Und es gibt elegante, teure Hotels. Es gibt aber keine schönen Mietshäuser. Warum dann nicht selber Zimmer vermieten? Ich möchte etwas bieten, das schön, persönlich und bezahlbar ist. Und, wisst ihr, als ich dieses Haus zum ersten Mal betrat, wusste ich, dass es mein neues Zuhause ist. Mir war, als ob ich dort schon gewesen wäre, so vertraut ist es mir”.

Theo weiß nur zu gut, seine Tochter hat sich entschieden. Er kann sie nicht zurückhalten. Sein Herz ist schwer und das von Harriette auch. Sie möchte ihren Vater nicht enttäuschen, ihm keine schlaflosen Nächte bereiten, aber sie weiß, dass sie genau das tut.

“Ich rufe die Bank an und frage nach einem Termin. Vielleicht können wir in den kommenden Tagen zusammen hingehen. Bleibst du über Nacht hier?”, fragt er.

“Natürlich! Ich bleibe”.

*

Subhash hat den Kaufvertrag inzwischen nach Deutschland geschickt. Mit der Bank ist alles geklärt. Sobald unterzeichnet ist, kann die Zahlung für ‘Dotty’s House’ nach England erfolgen.

Sechs Wochen später kehrt Harriette zurück nach Malindi. Subhash, Dorothy und Harriette fahren nach Mombasa, wo Dorothy und Harriette die Akte beim Notar unterzeichnen. Gleichzeitig wird per Swifttransfer die Kaufsumme nach England überwiesen und am 10. Juli 1996 ist Harriette stolze Besitzerin eines Hauses in Kenia. Ihr Haus!

Aber schon bald gibt es die erste Desillusion für Harriette. Dorothy teilt ihr mit, dass sie nicht bis Oktober in Malindi bleiben will, sondern so schnell wie möglich das Land verlassen und nach England zu ihrer Tochter möchte.

“Dorothy, das haben wir so nicht abgemacht”, sagt sie enttäuscht. “Sie hatten mir zugesagt bis Oktober zu bleiben, bis zu meiner endgültigen Rückkehr. Sie wissen, ich muss bald wieder nach Europa fliegen, um dort die letzten Dinge für meine Auswanderung zu regeln. Anfang Oktober komme ich dann zurück und bleibe. In der Zwischenzeit würden Sie sich hier um Hunde, Haus und Personal kümmern. Wie soll ich das denn jetzt ohne Sie regeln?”.

“Harriette, ich weiß. Ja, ich habe das zugesagt, aber ich kann einfach nicht länger bleiben. Ich habe fast mein ganzes Leben hier in Kenia gelebt. Es fällt mir schwer zu gehen, aber je eher ich gehe, desto leichter ist es für mich. Ich muss jetzt von hier fort!”.

“Wann wollen Sie abreisen?”, fragt Harriette vorsichtig. “Morgen. Ich habe auch schon einen Flug für morgen – von Mombasa nach Nairobi und von dort weiter nach London”. Harriette kann nicht glauben, was sie da hört und fühlt sich verraten. Aber was kann sie tun? Sie kann sie nicht zwingen zu bleiben. Sie ist enttäuscht, dass Dorothy sich nicht an die Vereinbarung hält. Nein. Morgen reist Dorothy ab. Sie hat dies in den vergangenen Wochen bis ins Detail vorbereitet. Ihre persönlichen Sachen wurden schon abgeholt und sind bereits auf dem Weg nach England. Sie hat nur noch einen Koffer bei sich.

“Und was ist mit Ihrem Auto?”, fragt Harriette Dorothy.

“Alles geregelt, ein Cardealer nimmt ihn für ein Schnäppchen und bringt mich morgen nach Mombasa”. Harriette kann es nicht fassen! Erste Alarmglocken läuten. Na, das fängt ja gut an! Harriette, betrachte dies als erste Herausforderung!

Sie verbringt die Nacht in einem kleinen Hotel in Malindi-Town. Nicht wie vor einigen Wochen in einem Etablissement. Ab morgen schlafe ich in meinem eigenen Haus. Morgen ist ein großer Tag. Morgen beginnt mein afrikanisches Leben. Morgen früh will ich im Haus sein, wenn Dorothy abreist. Fliegender Rollenwechsel!

*

Dorothys Koffer steht an der Eingangstür. Dorothy ist so weit. Sie trinken eine letzte Tasse Tee auf der Veranda. Molly, Tom, Dick und Harry spüren Dorothys Unruhe und weichen nicht von ihrer Seite. Auch Harriette spürt die Nervosität. Dann steht Dorothy auf und will ein letztes Mal durch das Haus gehen, das so lange ihres war. Ihr Haus in dem sie so lange glücklich war: Trauer und Freude zugleich. Die Jack Russels folgen ihr.

Ein Auto hupt vor dem Tor. Es ist der Autohändler, der Dorothy nach Mombasa bringen wird. Mosi öffnet das Tor und Dorothys Auto fährt hinein. Ein Mann steigt aus und öffnet den Kofferraum. Er nimmt Dorothys Koffer und legt ihn hinein. Dann schließt er die Klappe. Abschied für immer. Dorothy weiß es. Sie wird nie mehr zurückkehren. Die Hunde spüren es auch. Dorothy kommt die Treppe hinunter, umringt von vier rastlosen Jack Russels. Sie bückt sich und streichelt jeden ihrer Hunde. Harriette sieht Tränen auf ihren Wangen. Dorothy richtet sich auf und wendet sich an Mosi:

“Kwaheri, bwana. Asante sana5”. Und dann umarmt sie Harriette und sagt: “Werden Sie glücklich hier. Und danke, dass Sie meine Kinder versorgen”. Ohne sich noch einmal umzuschauen, steigt sie ein. Der Autohändler startet und fährt langsam hinaus. Mosi schließt das Tor. Weg - für immer … neuer Lebensabschnitt! Molly, Tom, Dick und Harry haben sich um Harriette versammelt. Sie setzt sich auf den Boden und streichelt alle vier. “Ab jetzt mit mir”, sagt sie und lächelt.

Die kommenden Tage verbringt Harriette damit, im Haus anzukommen. Sie beginnt mit einer Bestandsaufnahme und macht eine Liste, was in Kürze repariert und angeschafft werden muss. Das Leben in Malindi ohne Auto ist schwer. Da sie aber in einigen Tagen wieder nach Deutschland fliegt, will sie mit dem Kauf eines Autos noch warten bis Oktober, wenn sie endgültig in Malindi leben wird. Sie beschließt, ein Fahrrad zu kaufen, damit sie ein Minimum an Mobilität hat.

Harriette nimmt ihren Einkaufskorb und läuft nach Malindi-Town, fünf Kilometer zu Fuß in tropischer Hitze - warum tue ich mir das an? - genießt aber gleichzeitig den Fußmarsch. Dann sehe ich alles viel bewusster - darum! Sie erreicht den Markt und lernt was die wichtigsten Nahrungsmittel wie Brot, Milch, Zucker, Reis, Mehl und Ugali kosten. Sie findet einen Fahrradhändler und eine halbe Stunde später ist sie stolze Besitzerin eines neuen Fahrrads ‘Made in China’. Ich werde mal schnell zu Subhash fahren, denkt sie. Ich werde Hilfe brauchen, vor allem in den kommenden Wochen, wenn ich nicht hier in Malindi bin.

Subhash öffnet das Verandagitter und bittet Harriette hinein. “Möchten Sie Thee?”, fragt er als erstes und kurz darauf sitzen sie in Subashs Wohnzimmer zwischen Stapeln von Zeitungen und Büchern. Harriette erzählt ihm von der Enttäuschung über Dorothys vorzeitige Abreise.

“Das wundert mich gar nicht. Dorothy wollte schon lange weg. Mir war völlig klar, dass sie sofort abreisen wird, sobald sie das Geld auf dem Konto hat”.

“Aber wir hatten eine Vereinbarung, sie sollte bis Oktober bleiben! Was mache ich denn jetzt? In ein paar Tagen muss ich zurück nach Europa. Gehälter, Strom, Telefon, Wasser, Lebensmittel, alles muss hier weiterlaufen”, sagt Harriette verzweifelt.

“Machen Sie sich keine Sorgen. Ich werde das für Sie übernehmen. Wissen Sie, ich habe das auch ab und zu für Dorothy und Daisy gemacht, wenn die beiden mal nach England wollten. Ich bin pensioniert und habe Zeit. Ich werde regelmäßig nachschauen, ob Ihre Leute da sind und ob da alles mit rechten Dingen zugeht. Die Rechnungen bezahle ich, wenn Sie mir Geld dalassen”, beruhigt Subhash sie. Harriette ist erleichtert. Ein Stein fällt ihr vom Herzen.

“Subhash, das werde ich. Danke, dass Sie mir helfen”.

‘Waridi’ – die Rose, Symbol für Liebe, Entwicklung und Wachstum - erscheint Harriette als passender Name für ihr Haus, und so wird ‘Dotty’s House’ zu ‘Villa Waridi’. Vor ihrer Abreise nach Europa lässt sie noch ein Namenschild schnitzen und bestellt bei einem Schreiner acht Sonnenliegen für das Schwimmbad. Sie werden in zwei Monaten fertig sein, versichert man ihr. Sie macht eine Anzahlung, “den Rest bei Lieferung”, sagt sie. Sie kauft Hundefutter für die kommenden zwei Monate, geht zur Bank und bringt Subhash einen Umschlag mit Scheinen und ihren Postfach-Schlüssel, damit er Zugang zu ihren Postsendungen hat, die vorläufig wohl nur aus Rechnungen bestehen werden.

*

Zurück in Europa verdichtet sich das Bild, was sie mit ‘Villa Waridi’ machen möchte. Es wird ‘Villa Waridi Residence’. Harriette hat jetzt vier Schlafzimmer. Die könnte sie vermieten. Sie könnte einen Anbau machen lassen für ihren Privatbereich: Schlafzimmer, Badezimmer und Studio (Arbeitsraum, Büro). Die Küche muss vergrößert und modernisiert werden mit großem Vorratsraum. Personalräume können nach oben, über die Küche verlegt werden. Der Korridor zwischen Haupthaus und Küchengebäude gibt den Blick auf den hässlichen Wassertank frei. Hier könnte ich eine halbhohe Mauer ziehen lassen, um diesen Tank aus dem Blickfeld zu entfernen. Ein Raum für Waschmaschine, Badetücher und Bettlaken muss auch noch geschaffen werden. Wenn ich die kleine Veranda, die an das Zimmer im Südflügel angrenzt, etwas wegnehme und eine Wand hochziehe, könnte dort ein idealer Waschraum entstehen.

Harriette sieht in Gedanken schon alles vor sich. Sie macht Skizzen und Notizen. Ihre Gedanken gehen weiter: Was wäre, wenn ich das Nachbargrundstück dazu erwerben könnte? Es hat die gleiche Größe wie mein jetziges Grundstück und liegt nur verwildert da. Ich könnte die Grenzmauer wegreißen lassen und aus diesem Dschungel einen schönen Garten machen. Und wenn die vier Zimmer nicht mehr ausreichen sollten, könnte ich auf dem Nebengrundstück noch etwas dazu bauen. Sobald ich wieder in Kenia bin, werde ich mich schlau machen, wem das Nachbargrundstück gehört und ob es zu kaufen ist.

In den letzten Wochen ihres Aufenthalts in Europa verkauft und verschenkt Harriette alle persönlichen Dinge, die sie nicht behalten möchte oder kann. Der Rest wird verpackt. Die Spedition, die den Container nach Kenia verschifft, kommt Ende September um alles in einen großen LKW zu laden. Ich werde meine Sachen erst in Malindi wiedersehen!, denkt sie wehmütig. Es bleibt ihr nur noch ein einziger Koffer für die kommende Zeit und das fühlt sich gut an! Harriette fühlt sich frei.

Anfang Oktober, ein Tag vor ihrem Abflug nach Kenia, besucht Harriette ihren Vater, um sich zu verabschieden. Es fällt ihr schwer. Jetzt wird’s ernst! Jetzt muss ich es alleine schaffen und beweisen, dass ich das auch kann. Wann werde ich Theo wiedersehen? Wird er sich sehr viele Sorgen um mich machen? Wann werde ich meine Freunde wiedersehen, meine Schwestern, meinen Bruder? Werden sie mich besuchen kommen?

“Deine Entscheidung, so weit weg ein neues Leben anzufangen, wäre niemals meine Entscheidung gewesen. Ich hätte den Mut nicht. Es wird sicherlich nicht leicht werden für dich, aber ich weiß - was auch passiert - du wirst immer zurechtkommen”, flüstert er ihr zu, als er Harriette zum Abschied umarmt. Harriette weint. Ein schöneres Geschenk hätte er ihr nicht machen können.

*

Harriette wird freudig empfangen von Molly, Tom, Dick und Harry. Furaha hat ihr Bett oben im Nordflügelzimmer frisch bezogen und Blütenblätter über das ganze Bett gestreut. Das macht man hier so als Willkommensgruß. Meine zukünftigen Gäste werden das auch so bekommen! denkt sie zufrieden.

In den kommenden Tagen verbringt Harriette viel Zeit mit Subhash. Sie erzählt ihm von ihren ‘Villa-Waridi-Residence’ Plänen, denn Subhash weiß alles und kennt sicherlich einen Architekten, der ihr Haus umbauen kann. Ja, Subhash kennt tatsächlich jemanden. Er sei Italiener, “einer der wenigen, denen man einigermaßen vertrauen kann. Hier in Malindi wimmelt es von sogenannten ‘Bauunternehmern’, aber das sind alles Schlitzohren, die werden Sie gnadenlos über den Tisch ziehen. Alessio ist auch nicht ganz ‘ohne’, aber der ‘Einäugige unter den Blinden’, wenn Sie verstehen, was ich meine”, sagt Subhash.

“Wo finde ich diesen Alessio”?, fragt sie.

“Ich werde ihn anrufen und mit ihm bei Ihnen vorbeikommen, sobald er Zeit hat”, antwortet Subhash. Das klingt gut. Jetzt noch ein Auto. Wo finde ich einen Gebrauchtwagen?

Malindi ist nicht der beste Ort, um ein Auto zu kaufen, aber in Mombasa muss es möglich sein. Harriette nimmt ein Matatu und zwei Stunden später befindet sie sich im Hexenkessel von Mombasa: heiß laut, stark verschmutzt, aggressiv. Sie mag diese Stadt nicht.

Sie läuft durch die beiden Hauptverkehrsstraßen Moi Avenue und Harambe Avenue und durch die vielen verwinkelten Querstraßen. Es gibt zahlreiche Autohändler. Sie schaut sich um. Nur nicht zu viel Interesse zeigen! Mzungus - auf die stürzt man sich!, versucht sie sich einzureden. Das Angebot ist groß. Sie versteht nichts von Autos. Sie kommt ins Gespräch mit einem der Verkäufer. Er zeigt ihr alles, was er hat. Seine Autos sind alle überholte Gebrauchtwagen. Sie sucht ein Auto, das nicht neu aussieht. Schicke Autos werden in Kenia im Handumdrehen aufgebrochen oder gleich ganz gestohlen. Sie sucht ein funktionstüchtiges, alltagstaugliches Auto. Ein Auto, groß genug um Gäste bequem transportieren und Großeinkäufe tätigen zu können, und stark genug, um diesen elenden Straßen hier die Stirn bieten zu können. Allradantrieb für die Regenzeit scheint mir wichtig. Ihre Wahl fällt auf ein altes aber robustes, jeep-artiges Fahrzeug: nicht schick, nicht fancy - rein funktionell.

Harriette macht eine Probefahrt. Ihre erste Fahrt mit Linksverkehr, alles ist noch recht gewöhnungsbedürftig, aber noch am selben Tag fährt sie in ihrem neuen, alten Auto auf der linken Straßenseite 120 Kilometer in einem fremden Land … nach Hause.

*

Harriette wird am Morgen durch lautes Hupen geweckt, begleitet von nicht weniger lautem Hundegebell. Jengo, der Gärtner, öffnet das Tor. Subashs alter Landrover steht draußen. Subhash hat Alessio d’Alfonso mitgebracht. Harriette wirft sich kaltes Wasser ins Gesicht, putzt ihre Zähne, wirft sich einen farbenfrohen Kaftan über und läuft hinunter, um die Herren zu begrüßen.

Alessio ist groß und braun gebrannt. Ein Abenteuertyp in khakifarbenen Bermudashorts und beigefarbenem Leinenshirt mit großen Taschen. Er trägt kräftige lederne Bergschuhe. Er hat kurzes lockiges Haar und einen Dreitagebart. Alessio ist ein attraktiver Mann und das weiß er. Und der soll kein Schlitzohr sein?, ist Harriettes erster Gedanke, als sie die beiden begrüßt. Sie führt die Männer durch das Haus und erzählt Alessio von ihren Plänen. Sie zeigt ihm ihre Notizen und Skizzen. Alessio schweigt, läuft nochmals durch das Haus, dann um das Haus herum, zum Korridor, zur Küche. Er scheint mit seinen Schritten zu messen. Er denkt. Er spricht mit sich selber. Italienisch.

“Okay! Ich weiß was Sie sich vorstellen. Ich werde ein Konzept anfertigen und wenn Ihnen das gefällt, bekommen Sie einen Kostenvoranschlag für den gesamten Umbau. Ich brauche ungefähr eine gute Woche”, sagt er und verabschiedet sich. “Und noch etwas”, sagt Harriette, als die beiden Männer in den Landrover steigen: “wissen Sie zufällig, wem das Grundstück hier nebenan gehört?”.

“Aber klar! Ich kenne die Leute vom Sehen, nicht persönlich, sie sind schon sehr lange nicht mehr in Malindi gewesen. Es gehört zwei Brüdern aus Lucca. Wenn Sie wollen, werde ich das für Sie am Katasteramt in Mombasa prüfen lassen”, erwidert Alessio.

Alles scheint ins Rollen zu kommen. Harriette ist zufrieden. Jetzt noch einmal nach Lamu, um konkret nach Möbeln Ausschau zu halten für meine zukünftige Touristen-Residenz!

5 Swahili (“Auf Wiedersehen, Herr [Anrede] und vielen Dank”).

Schwarzer Honig

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