Читать книгу Als Erinnerung noch Realität war! - Harry H.Clever - Страница 11

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Der Krieg hatte unsere Stadt erreicht.

Der eigentliche Krieg fand für die normale Bevölkerung ja schon seit vielen Monaten in irgendeinem fernen Land statt, das ganze Geschehen war eben sehr weit weg, genaueres an Information kam vielleicht einmal mit der Post der Landser ins bürgerliche Haus.

Doch seit einigen Wochen rückte dieses grausige Geschehen täglich immer näher, zuerst wurde die große Unruhe im Himmelsraum noch bestaunt, doch spätestens als die ersten Bomben fielen war man mitten im feindlichen Geschehen.

Viele Nachrichten von verheerenden Zerstörungen einiger Industrie Gebiete im Rheinland und Ruhrgebiet zum Beginn der vierziger Jahre waren schon seit einigen Tagen täglich an allen Orten zuhören, doch das wirkliche Ausmaß konnte man erst nach eigenem Erleben richtig bewerten.

Doch man brachte diesen meist unvollständigen Meldungen noch nicht unbedingt großes Interesse entgegen, weil solche Meldungen immer mit den damals üblichen Heroischen Phrasen versehen waren, wo ständig vom Endsieg geprahlt und gefaselt wurde, man wusste nie so genau was dann Propaganda oder auch verklausulierte Warnmeldungen waren.

In der falschen Hoffnung, dass es uns erspart bleiben möge, da wir im Allgemeinen unsere Industrie mit ihren Ansiedlungen nicht als so Kriegswichtig angesehen hatten, denn die normale Bevölkerung war sich der Gefährlichkeit und dem ganzen Umfang der militärischen Produktion in ihrer direkten Nähe gar nicht bewusst.

Die Hoffnung und der Traum militärisch für den Feind nicht so interessant zu sein, war dann aber schnell und gründlich geplatzt, als die erste Welle der Bombenflieger direkt über die Talsohle flogen und auch vereinzelte Bomben abwarfen, somit dann doch einen plötzlichen tiefen Eingriff in das alltägliche Leben darstellte, man war diesen Angriffen total ungeschützt ausgeliefert, da so gut wie gar keine Abwehranlagen in unserem direkten Wohnbereich, erst weit außerhalb der Stadt war anscheinend eine Flack und Abwehr Stellung vorhanden.

Meine ersten eigenen, diesbezügliche mich doch sehr stark beeindruckenden Erinnerungen im Alter von gerade mal fünf Jahren war zuerst dann aber schon eine damals gewohnte abendliche Fliegerschau durch die Bomber über Wuppertal.

Eben über bekannte Gebiete, dort wo seit ewigen Zeiten die meiste Industrie, die sich an der Kraft spendenden Wupper entlang in vielen Jahren überwiegend aber im textilen Bereich und in der Chemieindustrie wie Bayer und anderen großen Firmen angesiedelt hatten.

Die enge Bebauung der Wupper Talsohle mit einigen großen Industrieanlagen die auch mit ihren Produktionen zu wichtigen militärischen Ausrüstung beitrugen, war bei den späteren massiven Bomberangriffen ein ganz heißer Hotspot.

Wir wohnten zu der Zeit, seit der Scheidung meiner Eltern, direkt im Vorbereich auf der anderen Seite der direkten Innenstadt, dem imposanten Mittelpunkt der Stadt, dem stattlichen Rathaus ausgesehen. Vom Rathaus aus gesehen waren die alte und die spätere Adresse jeweils runde fünf hundert Meter rechts und links jeweils vom diesem prägenden Stadtzentrum, dem doch sehr markanten Rathaus aus rotem Sandstein entfernt.

Wir wohnten zu der Zeit, nach der Scheidung in einem kleineren mit dem hier üblichen grauen Schiefer verkleideten und bedeckten zweigeschossigen Fachwerkhaus genau zwischen zwei maßgeblichen Verkehrsadern gelegen, dem Ort meines vorher schon erwähnten unvergesslichen Kindlichen Erlebnisses, rechts der Wupper.

Die Fließrichtung der Wupper durch die enge Talsohle von Ost nach West ergab dann automatisch schon diese interne Lagebezeichnung rechts und links, der sich anschmiegenden jeweiligen zum Teil recht steilen Wohnbereiche.

Weil schon nach nur wenigen Metern auf beiden Seiten der Wupper gleich eine mal mehr oder weniger starke Steigung zu verzeichnen war, was in Ortsteil Barmen nahe dem Zentrum sogar eine Zahnrad-Bergbahn, hoch zum Tölle Turm nötig machte.

Diese Stadt an der Wupper entlang, rechtfertigte den Begriff das Herz des Bergischen Landes zu sein schon wegen seiner Lage in jedem Falle, auf den Höhen rund um verteilten sich viele auch recht bekannte Teilorte, die wiederum kaum von den Bombern heimgesucht wurden.

Wesentlich später nach dem Krieg war dort in der Straße, genau da wo unsere Wohnung früher bis zur Bombardierung war, für viele Jahre die Einfahrt zu der großen Niederlassung mit Werkstatt und Verkauf eines Autohauses einer sehr bekannten Deutschen Automarke.

Der steile Hangbereich des Berges am rechten Ende unserer Straße war quer komplett mit hohen mehrgeschossigen Häusern ebenfalls auch mit dem obligatorischen grauem Schiefer verkleideten Fachwerkhäusern genau betrachtet doch etwas kurios bebaut.

Denn die Lage der Häuser an dem Steilhang war schon etwas Besonderes, man ging stellenweise in der steil aufsteigenden Straße im Parterre hinein und konnte auf der Hälfte des Hauses in der zweiten Etage das Haus auf der Rückseite in einer anderen Straße wieder verlassen.

Indirekt konnte man diese Straßenführung quasi auch als Serpentine an steilem Hang bezeichnen, in dem schmalen Zwischenraum der Straßen hatte man irgendwann eben diese Häuser erstellt, um jeden Quadratmeter Grund zu nutzen und damit dieses Kuriosum geschaffen.

Im Allgemeinen war dieser kleine Stadtteil als Arbeiter Ansiedlung bekannt, nicht so teuer und komfortabel wie unsere damalige vorherige Bleibe.

Diese Wohngegend am Berg hatte in der Stadt schon einen allgemein bekannten deutlich niedrigen Status und Ruf. Der auch noch nach vielen Jahren später einer Zeitung zu einer Glosse über die Gegensätzlichkeiten seiner Bewohner und der Wohngegend veranlasste.

Man schrieb damals in der örtlichen Tageszeitung, dass eine Mutter aus dem Fenster ihrer Wohnung ihren Spross mit etwas hochtrabendem Vornamen für diese Wohngegend auf der Straße ermahnte, bitte nicht im Rinnstein, in der so genannten Gosse der Straße zu spielen, das soll sich dann wie folgt angehört haben:

„Hans Joachim Theobald, kömtst de woll ut de Greute

Unsere Mutter hat uns nie, auch später nicht erlaubt, diesen Straßenjargon auch nur andeutungsweise zu sprechen, jeder unbedachte Versuch brachte uns einen Verweis ein.

Dieses Straßenplatt war wie ein rotes Tuch für unsere Mutter und wenn wir dann später mal etwas beim Spielen auf der Straße aufgeschnappt hatten und unbedacht zu Hause von uns gaben, dann war ein gewaltiges Donnerwetter, oder auch die eine oder andere leichte Watschen die sofortige Folge.

Wenn wir dann einmal nach dem richtigen Wort in Hochdeutsch besonders bei den Schularbeiten suchten, bekamen wir fast stereotyp die Antwort, man schreibt es so wie man spricht.

Damit waren wir, mein Bruder und ich schon von Grund aus darauf verdonnert stets im Schreib Hochdeutsch zu sprechen, was wesentlich später auch wieder ein Vorteil für uns war.

Dieses kam uns wiederum später dann natürlich auch in der Schule sehr zugute, denn unsere Spracherziehung in der Schule wurde ja auch gänzlich und konsequent in Schriftdeutsch gehalten.

So hatte die lästige und manchmal unangenehme Deutschfrage auch wieder eine gute Seite, denn dieser Umstand blieb natürlich unseren Lehrkräften auch nicht verborgen.

Als Erinnerung noch Realität war!

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