Читать книгу Als Erinnerung noch Realität war! - Harry H.Clever - Страница 9

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Kleiner Mann in großer Stadt.

Schon vor der katastrophalen Bombennacht auf unsere Heimatstadt war Klein Harry schon recht rege, still sitzen war bei ihm eine wahre Seltenheit, mit reichlicher Aufgewecktheit und voller Neugier, gepaart und mit einer gewissen Menge an kindlich kreativen Ideen, das wurde ihm schon in seinen jüngsten Jahren von seiner Verwandtschaft bescheinigt.

Er hatte eben auch immer seinen eigenen, nicht etwa einen starrsinnigen Kopf, aber eben seinen Eigenen, denn irgendetwas Neues oder für Ihn Wichtiges fiel ihm immer wieder auf und ein. Alles ausprobieren und dabei auch ein wenig den Hintergrund herausfinden war für ihn stets angesagt, daran hinderten auch niemals irgendwelche wohl gemeinten Ermahnungen.

Man kann ja im Prinzip noch so Jung und Klein sein, es gibt Momente die bleiben wie eingebrannt einfach in der Erinnerung, auch wenn es nur Bruchstücke vergangener Momente sind. Viele einzelne Kurzeindrücke bekamen aber auch erst durch das spätere reden darüber seinen eigentlichen Sinn und ein Gesicht, beginnen wir also mit den Erinnerungen von Anfang an.

Unvergesslich für mich war mein erster Versuch, meiner Mutter einen Kuchen zu backen in Erinnerung geblieben, ich mischte alles was ich erreichen konnte in einer Schüssel zusammen, was dann zwar eine furchtbar klebrige Masse ergab, aber eine Geschmacksprobe mir gar nicht bekommen wollte, es hat mich kräftig geschüttelt, mir wurde regelrecht schlecht davon, die einzelnen Zutaten konnte ich später meiner Mutter nicht erklären, doch sie konnte sich an den danach fehlenden Dingen orientieren.

Ich habe später dann endlos geweint, aber nicht, weil ich kräftig ausgeschimpft wurde, da ich ja auf einmal, einiges von den mageren geringen Vorräten unnütz verschwendet hatte, sondern weil mir trotz großem Bemühen mein Liebesbeweis zu meiner Mutter nicht gelungen war.

So wurde auch noch viele Jahre später davon berichtet, dass ich in einem unbewachten Moment meiner Aufsicht, einer schon etwas älteren Hausmitbewohnerin, während meine Mutter ja arbeiten musste, ausgebüchst war.

Ich bin mitten am helllichten Tage mit meiner neuen kleinen Holzspielschubkarre, ein selbst gemachtes Geschenk von meinem Großvater von mütterlicher Seite, auf der Straße spielen gegangen. Das aber, wie selbstverständlich mitten auf einer viel befahrenen Einbahnstraße aus der großen quirligen Stadtmitte heraus.

Denn einen Spielplatz gab es in direkter Umgebung leider nicht, ich spielte also nur knapp vier Häuser weit entfernt von unserer Wohnung auf einer stark frequentierten Straße, direkt mitten darauf, besser gesagt in der Straßenbahnschiene, eben einer viel und lebhaft befahrenen Einbahnstraße.

Diese war eine der Hauptverkehrsadern von unserer Heimatstadt, eben eine Einbahnstraße aus der direkten Innenstadt heraus. Parallel zur großen Aue Straße neben der Wupper und der Schwebebahn in Ost-Westlicher Richtung.

Dort habe ich, gänzlich und total Welt verloren und Selig mitten auf der viel befahrenen Straße, eben nur ein wenig Straßenbahn gespielt, natürlich fernab von irgendwelchen Schuld oder Angstgefühlen.

Doch mein unbedachter tiefer Eingriff in das pulsierende Verkehrsgeschehen war dann wohl doch von größerem Ausmaß. Das aufgeregte Hupen und auch schimpfen einiger Verkehrsteilnehmer auf meine gar nicht anwesende Erziehungsberechtigte, habe ich in meiner spielerischen Glückseligkeit dabei ganz und gar nicht wahrgenommen.

Das von mir verursachte Chaos mit hupenden und schimpfenden Verkehrsteilnehmern hat mich aber in keiner Weise gestört oder beeindruckt, denn ich war von meinem kindlichen seligen Glücksgefühl und Spiel der normalen Welt total entrückt.

Mein nicht gerade ungefährliches kindliches Tun brachte mir dann aber anschließend wiederum einen unvergessenen und auch längeren Aufenthalt auf der Polizeihauptwache in der Stadtmitte im Rathaus ein.

Die von irgendjemanden, einem wahrscheinlich besorgten Anwohner gerufenen Beamten hatten mich sofort von der Straße geholt und da sie aber im Moment nicht heraus finden konnten, da wir noch nicht lange dort wohnten, wo ich denn nun hingehörte nahmen sie mich dann mit ihrem Dienstwagen mit auf Ihre Wache in der Stadtmitte. Dort haben sie mich erstmal bestens beschäftigt und auch betreut, zum Beispiel mit kleinen Leckereien, Kakao und Keksen und natürlich auch mit vielen neuen und für mich hoch interessanten Eindrücken.

Es brauchte dann ja eben auch eine geraume Zeit bis die Beamten mit viel Mühe meinen Namen sowie unsere Adresse und meine Mutter in ihrer Arbeitsstätte, die ganz in der Nähe der Polizeiwache lag, ausfindig machen konnten.

Und zudem, sind wir doch mal ehrlich, gibt es etwas Größeres und Schöneres für einen kleinen Jungen, als mit einem Polizeiauto mitfahren zu dürfen, aus welchem Grunde auch immer.

Ob nun mit Blaulicht und Martinshorn oder ohne, obwohl wenn die Beamten beides eingeschaltet hätten, wäre wohl meine Freude an der Fahrt zum Revier noch ins unermessliche gestiegen. Das ich dort irgendwie störend sein sollte, die Beamten waren für mich doch ungewohnt freundlich, das kam mir überhaupt nicht in den Sinn, obwohl mir das meine Mutter später immer wieder vergeblich einzureden versuchte.

Mir hat das natürlich auch überaus gut gefallen, so dass ich diese Wache mit den netten und freundlichen Leuten auch noch später einige male als kleiner Besucher gerne aufgesucht habe, in der stillen Hoffnung nochmals mit dem Polizeiauto mitfahren zu dürfen.

Sobald ich auch nur in den näheren Bereich des Rathauses kam war ich kaum noch davon abzubringen einen Besuch bei meinen uniformierten Freunden abzustatten. Meine Mutter hatte dann stets die größte Mühe mich von einem Besuch in der Polizeiwache abzuhalten, was aber auch nicht so ganz einfach war, da ja der tägliche Markt auf dem Platz und das große Zentrale Kaufhaus direkt gegenüber vor dem Rathaus war.

Das Ganze hat meiner Mutter, die ja auch in direkter Nähe in einem Hut und Schirmgeschäft, in ihrem früheren Lehrbetrieb arbeitete, einen riesigen Schrecken eingebracht und ihr ganz und gar nicht gefallen wollen. Ihr Schimpfen habe ich aber anscheinend dabei einfach überhört, auf dem Ohr war ich dann wohl taub. Ich setzte dann meinen treuesten Dackelblick auf, denn ich hatte ja gewiss und nach meiner Meinung auch überhaupt nichts Schlimmes gemacht.

Woher sollte ich denn nun ein schlechtes Gewissen haben, außerdem war es aber doch auch viel zu interessant und aufregend bei den Beamten. Bei den netten Onkeln in Ihren Uniformen und vor allem, diesem für mich rätselhaften großen dunklen Kasten aus dem ab und zu eine Stimme erklang, ging ein unbeschreiblicher Reiz für mich aus.

Aber ganz anders als ich das von einem Radio, einem kleinen alten Volksempfänger, einem dunklen braunschwarzen Bakelit Kasten meiner Großeltern her kannte, denn hier auf der Wache hörte man ja nur eine Stimme und keine Musik.

So manche Technik, wie die heutige Elektronik war zur der Zeit damals ja noch gar nicht erfunden, aktuell oder aber auch noch in den besagten Kinderschuhen und auch noch nicht so allgemein bekannt, selbst eine Telefonanlage musste noch manuell komplett von Hand mit den unzähligen Steckern bedient werden.

Der Funk war damals ja auch noch lange nicht so ausgereift wie Heute und benötigte schon noch beachtlich umfangreiche große unhandliche Geräte und war somit auch in einem separaten Raum untergebracht, dieser Funkraum war daher für mich somit wohl der Rätselhafteste und interessanteste Bereich der großen Polizeiwache. Es zeigte sich indirekt damals schon, dass ich mich für alles Technische begeistern konnte, ich wollte eigentlich alles ganz genau wissen und ergründen ich habe den Beamten bestimmt mehr als ein Loch in den Bauch gefragt.

Diese doch recht umfangreiche und damals nicht alltägliche technische Sache hat mich somit am meisten interessiert denn ich wollte zudem ja unbedingt auch den Mann in dem recht großen Schrankähnlichen, dunklen Kasten einmal sehen.

Das da nicht ein kleinerer Mann, wie ich ihn mir vorstellte drin sein sollte, war für mich unverständlich, ich wollte einfach nicht akzeptieren das ich den, den ich doch deutlich hören kann, einfach nicht für mich zu sehen sein soll.

Wahrscheinlich habe ich die Beamten damit ganz schön genervt, auch wenn sie meine kindliche Ansicht über den unsichtbaren Mann in dem dunklen großen Kasten recht belustigend fanden.

Ein ganz normaler Bürger machte bewusst um eine Polizeistation aus den damals verständlichen Gründen einen deutlichen großen Bogen, damit wollte man, wenn eben möglich soweit es eben ging nichts zu tun haben.

Ich fühlte mich, da ich in meinem kindlichen Gemüt diese Gedanken ja nicht hatte, dagegen jedes Mal bei meinen Besuchen wie auf einem heutigen Abenteuerspielplatz eben im siebten Himmel, die Ablehnung und die Aufregung meiner Mutter war für mich daher irgendwie überhaupt nicht verständlich.

Doch man musste meine Mutter auch verstehen, wenn mit etwas Zeitabstand die Situation bedenken, denn zur damaligen Zeit wurde man schon etwas komisch von der Seite angesehen, wenn man aus einer Polizei Dienststelle kam, freiwillig geht doch keiner dort hin, da muss man schon etwas anrüchiges angestellt haben, so war eben damals die allgemeine Auffassung und Ansicht der Leute.

Es erfolgten dann im Allgemeinen sogleich irgendwelche Vermutungen, die natürlich auch gleich, ohne einen echten Wahrheitsgehalt weitererzählt werden mussten, die Grundmeinung stand ja gleich fest, freiwillig ging man dort eigentlich nicht rein.

Mit Klatsch und boshaften Äußerungen bis hin zur Denunziation war man damals schnell dabei, in dieser Beziehung war auch unsere Stadt eher ein kleines Dorf, wo vermeintlich jeder über den Anderen mehr wusste, als über sich selbst.

Besonders wenn man dann noch als junge unschuldig geschiedene Frau mit zwei kleinen Kindern aus einer Polizeiwache kam. Diese Bedenken und Unannehmlichkeiten für meine Mutter waren mir verständlicher Weise noch nicht bekannt und auch noch nicht in keiner Weise bewusst. Daher waren mir ihre Einstellung und ihre Abneigung doch total unverständlich, was hatte sie eigentlich nur, es war doch alles ganz toll und aufregend hier.

Zudem, wo gab es denn schon Kekse und Kakao, das bekam ja eben nicht Jeder und auch nicht zu Hause erst recht nicht überall, alleine aus diesem Grunde hatte diese Polizeihauptwache für mich eine ungeheure magische Anziehungskraft. Auch war die Freundlichkeit der Männer in der Wache für mich und mein Gemüt etwas Besonderes da ich ja schon eine ganze Weile ohne einen väterlichen Hausmitbewohner auskommen musste.

Da meine Eltern zu der Zeit ja längst schon geschieden waren und dieses eigentlich für mich keine Bedeutung hatte, gab es für mich daher auch überhaupt keinen sichtbaren Grund zu irgendwelchen und unnötigen Gedanken, es zählten für mich eben nur der Moment und der Erlebniswert des momentanen Geschehens und unsere kleine bis dahin drei Personen zählende Familie.

Überliefertes und Kontinuität hatte man ja kaum kennen gelernt, es zählte eigentlich zu jeder Zeit mit neuen Begebenheiten zurecht zu kommen, und es hat dann auch viele Jahre gebraucht um das Gefühl der Entwurzelung wieder los zu werden, um irgendwann auch nur ein wenig Konstantes in sein Leben zubringen.

Er hatte im gesamten gesehen, ein Leben fast so bunt wie ein Kaleidoskop in vielen Farben und mit vielen Bruchstücken bis dahin schon erlebt und noch vor sich, kaum einen Moment konnte man mit dem davor oder auch danach als gleich ansehen.

Auch wenn man als noch ganz junger Mensch aus einer gewohnten städtischen Umgebung in eine doch recht tiefe ländliche Gegend plötzlich verfrachtet wird. In der wir uns dann über viele Monate aufhalten mussten, weil eine gewünschte Wohnortveränderung vom Amt her genehmigt werden musste, aber so gut wie nicht umsetzbar war.

Denn insgeheim waren die Evakuierten auf dem Land ja auch ein Ersatz für die Männer an der Front, da selbst die schwerste Landarbeit damals überwiegend von Frauen gemacht werden musste. Somit wurde, jede Anfrage und entsprechendes Gesuch wieder den Ort auf Dauer zu verlassen schon im Kern ohne eine belastbare handfeste Begründung abgelehnt, lakonisch hieß es, dass in unserer Heimatstadt anscheinend noch keine wieder funktionierende Infrastruktur vorzufinden sei.

Doch der normale Alltag war in diesem Dorf auch nicht auf längere Zeit denkbar und möglich. So kam es auch, dass unser über lange Zeit gehegter Wunsch unbedingt wieder nach Wuppertal irgendwann zukommen mit der Zeit als ein nicht veränderbarer Faktor wurde.

Egal wie und wann, Hauptsache, dass wir es wieder dorthin schaffen werden, war die eigentliche oberste Prämisse, natürlich war dieses Vorhaben mit vielen unglaublichen Begebenheiten und Schwierigkeiten bestückt.

Als Erinnerung noch Realität war!

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