Читать книгу Dunkle Seite - Mangfall ermittelt - Harry Kämmerer - Страница 18
Hinz
ОглавлениеJosef besucht den Generalsekretär der BMB. Er hat mit Dr. Josef Hinz einen Termin vereinbart in seinem Immobilienbüro in der Alpenstraße in Obergiesing. Interessiert betrachtet Josef die Angebote im Schaukasten an der Hausfassade.
„Was suchen Sie denn?“, fragt Hinz, der auf die Straße tritt und sich eine Zigarette anzündet.
„Was Bezahlbares.“
„Das wollen alle. Mieten oder kaufen?“
„Sie scherzen.“
„Wie viel wollen Sie denn ausgeben?“
Josef lächelt. „Hirmer, wir haben telefoniert.“
„Ah, der Herr von der Kriminalpolizei. Schön. Polizisten sind verlässliche Kunden. Suchen Sie wirklich nichts?“
„Nein, zum Glück nicht.“
„Ja, die Wohnungssituation ist sehr angespannt. Leider. Dafür gibt es zahlreiche Gründe. Nicht nur die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts München.“
„Aha?“
„Ungebremste Zuwanderung.“
„Asylanten.“
„Vor allem. Aber lassen Sie uns nicht hier draußen stehen, kommen Sie doch rein. Wir haben eine sehr gute Espressomaschine.“
Als Josef eine Stunde später das Immobilienbüro wieder verlässt, ärgert er sich. Über sich selbst. Er hat sich von dem Typen zutexten lassen, ohne viele Fragen zu stellen. Ein paar sachdienliche Informationen hat er allerdings von Hinz bekommen, allgemein zur Partei, zu Wiesinger eher wenig. Ja, Hinz kennt ihn, ein Parteimitglied der ersten Stunde. Wiesinger sei aber immer seltsam farblos geblieben. „Schrecklich, dieser Unfall“, fand Hinz. „Aber persönlich kann ich nicht viel über ihn sagen. Inzwischen haben die BMB so viele Mitglieder, dass man gar nicht mehr jedes persönlich kennt. Das ist schade, aber eben auch ein klarer Beleg für unseren Erfolg.“ Einem langen Vortrag über die grandiose Entwicklung der einstigen Protestpartei schloss sich eine Tirade auf die unsozialen Verhältnisse in der Großstadt an, in denen die Menschen, die für die Stadt arbeiten, kaum mehr leben könnten.
Josef hatte es sich verkniffen zu fragen, ob Hinz damit auch die türkischen Mitarbeiter bei der Müllabfuhr meinte. Und ob nicht gerade die Immobilienmakler am meisten von der angespannten Lage profitieren. ‚Nein, so einfach kann man solchen Typen nicht begegnen‘, denkt Josef jetzt. ‚Aber egal, wie smart – dieser Hinz ist ein gelackter Anzug-Nazi. Warum hab ich jetzt eigentlich die Unterlagen für diesen neuen Baukomplex in Obergiesing in der Manteltasche?‘
Josef vergegenwärtigt sich das Gespräch nochmal. Ja, Hinz schien im ersten Moment geschockt von Wiesingers Tod, aber gleichzeitig war er auch ganz kühl. So was passiert halt in der Großstadt. Hat er nicht konkret so gesagt, aber ganz offensichtlich gedacht. Nein, Josef glaubt nicht, dass Hinz etwas mit Wiesingers Tod zu tun hat. Solche Leute machen sich die Finger nicht schmutzig. Hinz’ Waffen sind Worte. Aber eins ist schon interessant – trotz aller Teflonbeschichtung hat Josef bei Hinz eine fast schon devote Haltung gegenüber der Ordnungsmacht ausgemacht. Der steht auf Polizei, auf die Sheriffs in der Stadt. Die Einladung zu einer Wahlkampfveranstaltung hat Josef ganz unverbindlich angenommen.
Auch wenn er über Wiesinger kaum etwas erfahren hat, ist ihm jetzt ein bisschen klarer, welche Typen hinter den „Besorgten Münchner Bürgern“ stecken. Keine aufgebrachten Wutbürger, sondern kühl berechnende Geschäftsleute wie dieser Hinz. Für heute ist Josefs Bedarf an politischer Aufklärung jedenfalls gedeckt. Er sieht auf die Uhr. Kurz vor fünf. Nochmal ins Büro lohnt sich nicht. Zumal er jetzt schon im Osten der Stadt ist, nicht weit von zu Hause. Vielleicht macht Yvonne heute auch mal ein bisschen eher Schluss? Er sieht, dass der Blumenladen beim Friedhof noch offen hat. Die machen doch sicher nicht nur Grabgestecke, oder?