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Dahlen wird zur Stadt

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Gehen wir noch einmal zurück in die Zeit des Hochmittelalters, des 11. und 12. Jahrhunderts. In dieser Epoche fanden die Kreuzzüge nach dem Orient statt. Was aber ursprünglich nur als eine militärische Aktion angelegt war, brachte durch den Kontakt mit der zu jener Zeit wirtschaftlich und kulturell wesentlich höher entwickelten orientalischen Kultur für das bis dahin weitgehend isolierte Westeuropa einen enormen Innovationsschub. Das 12. und die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts war aber auch eine Zeit, in der in Mitteleuropa besonders günstiges Klima herrschte. Hierdurch wiederum sankt der Arbeitsaufwand in der Landwirtschaft bei gleichzeitiger Ertragssteigerung. Die bäuerlichen Wirtschaften, die bisher nur für den Eigenbedarf und für den Feudalherrn produzierten, begannen nun Güter für den Markt herzustellen. Es bildeten sich zunehmend Handwerke heraus und der Handel blühte auf. Die wenigen schon vorhandenen Städte wurden größer. Aus zahlreichen ländlichen Zentren, die bis dahin reinen administrativen oder militärischen Charakter hatten, bildeten sich Städte. Die Stadt als Mittelpunkt von Handel und Gewerbe wurde von dieser Zeit an zu einem wesentlichen Element der mittelalterlichen Wirtschaft. Somit ist es kein Zufall, dass genau in diese Epoche die Stadtwerdung von Dahlen, aber auch zahlreicher anderer Orte in der näheren und weiteren Umgebung Sachsens und des gesamten deutschen Reiches fällt.

Über die Verleihung des Stadt- bzw. Marktrechts für die Stadt Dahlen existiert offensichtlich keine Urkunde. Es ist auch nicht anzunehmen, dass man eine solche Urkunde von Dahlen noch entdeckt, da über Vorgänge wie Verleihung eines Stadtrechts im Mittelalter meist keine Urkunden ausgestellt wurden. Außerdem muss man in Betracht ziehen, dass die bis heute erhaltenen Urkunden oft nur zufällig erhalten wurden. Ein sehr großer Teil der alten Dokumente sind nach heutigem Recht obendrein als Fälschungen zu betrachten, da sie oft im Nachhinein angefertigt wurden, um einen bestimmten Zweck zu erreichen. Das soll aber nicht heißen, dass der Inhalt solcher Schriftsätze grundsätzlich falsch ist.

Die früheste Urkunde, in welcher Dahlen erstmalig als Stadt bezeichnet wird, ist auf das Jahr 1210 datiert. Dabei handelt es sich um einen Vertrag zwischen dem Markgrafen Dietrich von Meißen (1197–1221) und dem Bischof Engelhardt (1206–1242) von Naumburg. Darin wurden Territorialstreitigkeiten geregelt. Das Original befindet sich im Naumburger Domstift. In dieser Urkunde steht unter anderem:


Die Urkunde der frühesten Benennung von Dahlen als Stadt aus dem Jahr 1210

„Compositio facta inter Dominum Theodoricum, Marchionem Misniae, et Engelhardum Episcopum Nuenburgensum, super quibusdam bonis, sitis i ueta Albiam. In nomine sandae et individuae trinitatis. Theodorius Deigralia Marchio Misnensis. Port mortem di lecti consang ninei Nostri, Cunradi, Marchionis Orientalis talis inter Dominum Nostrum Engelhardum, Nuernburgusem Episcopum, et nos compositio facta est, Anod Dominus Episcopus Nobis concenit medietatem omnium utilitatum in Doleyen. Villam Malsin habebit Episcopus, villas wolframmstorf et Dideritestorf habebimus Nos de mann Episcopi, si ad Ecclesiam pertinent, sin autem (non) tenebimus inre proprietatis. Parochiam in Doleyen, Curiam et pomerium, habebit Episcopus. Medietatem monetae in Strelen et Adcocatiam super Civitatem Strelen tenebimus de mann Episcop…”

Das heißt: „Vertrag zwischen dem Herrn Dietrich, Markgraf von Meißen, und Engelhardt, Bischof von Naumburg, über einige Besitzungen in der Nähe der Elbe. Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreieinigkeit. Dietrich, von Gottes Gnaden Markgraf von Meißen, nach dem Tode unseres lieben Verwandten Conrad (= der Vorgänger Dietrichs als Markgraf von Meißen = der Verfasser), Markgrafen der Osterlande (im Osten liegendes Land) wurde zwischen unserem Bischof Engelhardt von Naumburg und Uns festgelegt, dass uns der Bischof die Hälfte aller Nutzungen in „Doleyen” einräumt. Das Dorf Malsen (gehört heute zu Lampertswalde) erhält der Bischof. Die Dörfer Wolfersdorf und Dittersdorf werden wir als Lehen des Bischofs erhalten, wenn sie zur Kirche gehören. Wenn sie nicht zur Kirche gehören, werden sie uns zu eigen übertragen. Der Pfarrsprengel in Dahlen aber, das Rathaus und das Stadtgebiet (!) sowie der Hof und der Baumgarten9 gehören dem Bischof.“ Damit wird das Patronatsrecht des Naumburger Bischofs über Dahlen bestätigt.

Weiterer Inhalt des Vertrages sind Rechte an anderen Besitzungen sowie die Nutzung der Münzstätte Strehla. Hierbei sollte der landschaftliche Besitz von Strehla und Dahlen zwischen Markgraf und Bischof geteilt werden. Während Dahlen nun ein selbstständiges Kirchsprengel10 war, gehörte der Ort aber immer noch zum Gerichtsbezirk des Burgwartes Strehla.

Man kann es somit als erwiesen betrachten, dass Dahlen laut dieser Urkunde 1210 bereits als Stadt zählte! Im Jahr 1228 ließ Papst Gregor IX. (um 1167-1241) eine Urkunde verfertigen, worin dem Hochstift Naumburg der Besitz des Städtchens „Doleyen“ bestätigt wird. Es handelt sich hierbei um die zweitälteste Urkunde, in welcher Dahlen als Stadt benannt ist.

Auf Grund zahlreicher Fälschungen von Urkunden sowie der oft sehr kreativen Schreibweise von Orts- und Personennamen ist es Usus, dass man mindestens zwei voneinander unabhängige Urkunden zugrunde legt, wenn es um eine solche Datierung geht. Dabei wird üblicherweise das jüngere der beiden Daten, wenn nicht beide auf ein Jahr fallen, als Gründungsdatum betrachtet. Somit sehen wir nach derzeitigen Erkenntnisstand die Erstbenennung von Dahlen als Stadt im Jahr 1228.


Urkunde von Papst Gregor IX. aus dem Jahr 1228

Wann Dahlen aus dem Gerichtsbezirk Strehla ausgeschieden ist, kann man nicht mit Sicherheit sagen. Es muss aber ebenfalls um das Jahr 1228 gewesen sein. Denn im Jahr 1238 bezeugt eine Urkunde Heinrich des Erlauchten (um 1215-1288), dass ihm vom Einkommen der Gerichte der Städte Strehla und Dolen jeweils der dritte Denar als Lehen vom Bischof zu Naumburg, wie auch schon seinen Vorfahren, gereicht worden sei.

Das Städtchen „Doleyen“ gehörte, wie bereits erwähnt wurde, vor dem Jahr 1210 zum Gebiet des Burgwards Strehla, welcher die Aufgabe hatte, den Elbübergang zu sichern. Hierbei tauchen immer wieder in den verschiedensten Urkunden Hinweise auf eine Burg im Gebiet des späteren Dahlen auf.

Dieses Bauwerk hat sich lange im Volksmund unter dem Namen „Jäckelsburg“ erhalten. Ihr Standort soll am Ende des jetzigen Mühlgässchens im Bereich der späteren Kirstenmühle gewesen sein. An diesem Standort ist dann aber eher eine Wasserburg denkbar. zudem könnte sie dort auch ein Vorgängerbau des späteren Rittergutes gewesen sein. Nachdem sie im Verlauf ihrer Geschichte offensichtlich recht bald an militärischer Bedeutung verloren hatte, wurde sie dem Verfall überlassen. In den ältesten erhalten gebliebenen Erbbüchern finden wir sie aber noch als „Kekeleßburg“ erwähnt. In einem Lehnsbrief der Herren von Schleinitz aus dem Jahr 1472 wird wiederum mit „Kekeleßburg“ ein Dorf bezeichnet. Eine Urkunde von 1476 erwähnt, dass dort 4 Pawern (4 Bauern) sesshaft seien. Hierin lautet der urkundliche Name „Geckelsburg“. Der Grund dieses Vertrages ist, dass Dietrich von Schleinitz (Titzen von Schleinitz) die Geckelsburg zusammen mit anderen Besitzungen seiner Frau als Leibgedinge11 zusprach. Ein anderer Lehnsbrief (1534) bezeichnet den Ort der „Kokelsburg“ zwischen Czüssen (Zissen) und Smanewitz (Schmannewitz) liegend. Daher ist auch eine andere Lokalisierung der „Kokelsburg“ denkbar. Hier kommt der westlich vom Ziegelteich gelegene Hügel in Betracht, der heute als Ziegelberg bezeichnet wird, vordem aber lange Zeit „Kakelsberg“ genannt wurde. Für diese Lokalisierung spricht, dass in einer Urkunde von 1472, die den Kauf des Rittersitzes Dahlen durch Dietrich (der Ältere) von Schleinitz (Titzen von Schleinitz) bestätigt, Kakeldburg (Jäckelsburg) als eigenständiges Dorf erwähnt wird, was man vermutlich nicht gemacht hätte, falls dieser Ort im Bereich des Mühlgässchens gelegen hätte und damit in unmittelbarer in Nachbarschaft des Rittergutes im Bereich des heutigen Schlossparks. Für die Lage auf dem Ziegelberg spricht zudem, dass dort beim Ackern immer wieder Scherben und andere Zivilisationsreste aus dem 13. Jahrhundert zutage kommen, die allerdings noch nicht eingehend untersucht wurden.

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