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Dahlen als Kreuzung von Handelswegen

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Der Grund, weshalb gerade Dahlen sich (im Unterschied zu anderen kleinen Orten) zu einer Stadt entwickelte, mag wohl auch darin liegen, dass sich hier zwei wichtige Handelsstraßen der damaligen Zeit kreuzten. Quer durch Dahlen verlief vom Westen nach Osten die sogenannte Obere Salzstraße, auf der das Salz von Halle an der Saale herbeigebracht wurde. Sie kam über Wurzen (hier querte sie die Mulde, wobei Wurzen zeitweise nördlich über Püchau umgangen wurde) und Dornreichenbach als sogenannte „Kleine Straße“ (auch als ein Zweig der „Hohen Straße“) nach Dahlen und führte weiter über Lampertswalde, Liebschütz bis an die Elbefurt bei Strehla. Strehla war in der ältesten Zeit einer der wichtigsten Elbübergänge. Von hier aus führte der Weg zur „Hohen Straße“, dem Rollweg nach Hain (heute Großenhain). Die „Hohe Straße“, auch Via Regia (Königsstraße) genannt, kam aus der Ukraine, Polen, Schlesien, der Lausitz und ging von Bautzen über Großenhain bis an die Elbe. Bei Merschwitz überquerte sie die Elbe und verlief von hier aus über Seerhausen nach Oschatz, Wurzen und Leipzig. Die andere Handelsstraße, die durch Dahlen ihren Weg nahm, kam aus Südosten. Der nächstgelegene größere Ort, den diese Straße durchquerte, war die südöstlich von Dahlen gelegene Amtshauptmannschaft Oschatz. Von hier aus verlief sie in nordwestlicher Richtung weiter über Torgau und Wittenberg.

Im Mittelalter siedelten sehr oft an solchen Kreuzungen für die Handelszüge wichtige Gewerbetreibende, wie Schmiede, Sattler, Wagenbauer, aber auch Wirtsleute. Meist bildeten sich auch Märkte heraus. So lag es für die Lehnsherren nahe, solchen Marktflecken das Stadtrecht zu verleihen, da sich hierdurch für sie ein finanzieller Vorteil ergab.

An Hand von verschiedenen Urkunden kann man davon ausgehen, dass Dahlen das Stadtrecht vom Naumburger Bischof erhalten hat. Ein wichtiger Grund für den Ausbau der Stadt Dahlen durch die Naumburger Geistlichkeit könnte auch der Umstand gewesen sein, dass Dahlen der westlichste Stützpunkt des Bistum Naumburg zu dieser Zeit war.

Es gilt als sicher, dass Naumburger Herren bereits im letzten Drittel des 12. Jahrhunderts einen befestigten Edelhof bzw. ein Gebäude für Senatssitzungen (Rathaus) in Dahlen errichtet und bewirtschaftet haben. Von diesem Hof, der in der Urkunde von 1210 Curiam et pomerium genannt wird, was auch bedeuten könnte: innerhalb und außerhalb der Stadtgrenze befindlicher Raum, also „Stadtgebiet“. Von hier wurden der Marktort und durchführende Straßen kontrolliert und bewacht. Aus diesem Hof ging später vermutlich das Rittergut hervor.

Über die Handelswege aus der Zeit des Mittelalters lässt sich noch Folgendes sagen: Das Wegenetz war äußerst dünn. Die sogenannten Königsstraßen sollten nach einer Vorschrift mindestens so breit sein, dass zwei Fuhrwerke zuzüglich der neben den Fuhrwerken gehenden Fuhrleuten aneinander vorbeifahren konnten. Das wird unter anderem auch im um 1230 verfassten Sachsenspiegel (2.Buch/Art.60/§ 3) gefordert. Für die Unterhaltung des Wegenetzes waren diejenigen zuständig, durch deren Fluren die Wege führten. So zumindest lautete die Theorie. Real glichen selbst bis weit in das 19. Jahrhundert hinein die sächsischen Fernhandelsstraßen eher unbefestigten Feldwegen und befanden sich in einem katastrophalen Zustand. Dass der sächsische Landesherr schon Ende des 16. Jahrhunderts die schlechten Straßenverhältnisse als Problem erkannte, zeigen uns zwei recesse12 aus jener Zeit, die die Dahlener betreffen.


Vierspänniger Kaufmannswagen, Titelholzschnitt der dritten Auflage von Jörg Wickram "Das Rollwagenbüchlein" 1557

Der erste wurde am 11. Februar 1586 zwischen Christian, Herzog zu Sachsen und Markgraf zu Meißen (1560-1591), Herrn Wolff Abraham von Schleinitz zu Dahlen, sowie dem Rathe undt der gemeine von Dahlen verabschiedet. In Artikel 11 dieses Vertrages heißt es: „So soll der von Schleiniz die brücken so ehr vormöge mehr gedachtes vortragen zu halten schuldigk also zu richten laßen“. Der Gemeinde von Dahlen dagegen wurde auferlegt, „die stege undt wege im stedtlein Dahlen zu vorsehen (…) [und] dieselben [Steinwege] in der zeit beßern, undt in gutem wesenn [zu] erhaltten“. Diese Aufgabenteilung wird innerhalb der Stadt vielleicht noch zu einem passablen Ergebnis geführt haben, wobei Herr von Schleinitz seinen Anteil der Aufgabe vermutlich an die Gemeinde als Teil der Fron weiter delegiert haben dürfte. Die für ihre Wirtschaft wichtigen Wege mussten die Dahlener ohnehin selber in Ordnung halten.

Dies wird rund ein Jahr später in einem weiteren recess vom 22. März 1587 noch einmal schriftlich fixiert, in dem festgelegt wird: „das der Rath (…) nicht alleine im Stedtlein Sondern auch außerhalb bey der Zigelscheunen unndt nach dem Hospittal holze die, wege beßerung (…) zu thuen schuldigk sein.“ Herrn von Schleinitz wird nun noch auferlegt, die „landtstraßen zu beßern (…) [und] uff seine kosten vorrichten“ zu lassen. Dem Grundherren aber kann man wohl unterstellen, dass er keine Lust hatte, Geld für solche für ihn unnütze Arbeiten auszugeben. Der Landesherr war weit weg und besaß auch kaum eine Möglichkeit, solche Forderungen durchzusetzen. Die Dahlener Bürger hatten ebenso wenig Interesse an der Instandhaltung der Fernwege und waren ohnehin durch ihre eigene Existenzsicherung über die Maßen beansprucht. Hinzu kamen für sie noch zahlreiche Frondienste. Indem man ausgerechnet diejenigen für den Wegebau zuständig machte, die keinerlei Vorteil daraus zogen, konnte man dieses Problem kaum lösen. Solche und ähnliche Regelungen wird es überall entlang der Fernhandelswege in Sachsen gegeben haben, was zwangsläufig zu deren miserablem Zustand führte.

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