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Jungsteinzeitliche Besiedlung (Neolithikum)

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Die ersten Bewohner, die Feldwirtschaft im Gebiet des späteren Sachsen betrieben, wanderten etwa 5500 Jahre vor der Zeitenwende ein.

Der Ackerbau selbst hat nach heutigen Erkenntnissen seine frühesten Ursprünge in Ostanatolien. Er fand recht bald Verbreitung im Gebiet des sogenannten fruchtbaren Halbmondes im Nahen Osten und auch darüber hinaus bis nach Südosteuropa. Bei den Angehörigen dieser Kultur war die Herstellung von Keramik ebenfalls entwickelt. Im nördlichen Karpatenbecken haben diese Ackerbauern eine für sie ganz typische Art der Töpferei, die sogenannte Bandkeramik, hervorgebracht. Auf ihren Tongefäßen sind bandförmige Muster ein typisches Gestaltungselement. Anhand dieser Bandkeramik lässt sich heute sehr gut die Weiterverbreitung dieser Kultur nachverfolgen.


Typisches Gefäß der Bandkeramik aus einem Grab in Sondershausen/Thüringen

In unser Gebiet wanderten die „Bandkeramiker“ aus dem Balkangebiet über Böhmen das Elbtal stromabwärts. Diese Ackerbauern waren sehr gute Spezialisten im Auffinden von besonders fruchtbaren Böden. Sie besiedelten die Gegenden, die auch heute noch als die fruchtbarsten gelten. So legten sie ihre Felder auf den ertragreichen Lößböden in der Lommatzscher Gegend – der „Lommatzscher Pflege“ – an. Auch die Gebiete des Dresdner Elbtals sowie weiter beiderseits der Elbe stromabwärts bis östlich von Torgau gehörten zu ihrem bevorzugten Siedlungsgebiet. Die meisten Teile der Elb- und Muldetäler aber waren eher dünn besiedelt. Etwas weiter – von uns aus gesehen – befand sich ein großes Siedlungsgebiet dieser Kultur: südlich, westlich und nördlich von Leipzig, im Raum von Zwenkau bis Delitzsch. Es zog sich bis in die Magdeburger Börde hin. Im Gebiet der Dahlener Heide wurden bisher keinerlei Funde, die auf Siedlungsplätze der Bandkeramiker hinweisen, entdeckt. Der bei uns vorherrschende relativ unfruchtbare Sandboden mag für diese Ackerbauern keinen Anreiz gegeben haben, sich hier niederzulassen. Die von Dahlen aus am nächsten gelegenen Siedlungsplätze von Bandkeramikern wurden bei Mügeln, Wiederoda und in der Nähe von Salbitz ausfindig gemacht. Ihre Datierung reicht bis etwa 5500 Jahre vor der Zeitenwende zurück. In Salbitz ist man auf Reste mehrerer Langhäuser gestoßen.

Was die Bodenbearbeitung angeht, so kannten die Bandkeramiker noch keinen Pflug. Sie bearbeiteten den Boden mit Grabstock oder Hacke. Neben der Anfertigung von Tongefäßen war bei ihnen aber auch noch die Herstellung von Werkzeugen aus Stein weit verbreitet.


Ein von den Bandkeramikern hergestellter sogenannter Schuhleistenkeil

(Heimatmuseum Dahlen)

Dass die Einwanderung der ersten Ackerbauern in unser Gebiet völlig konfliktfrei geschah, ist eher unwahrscheinlich. Der Ackerbau setzt den Besitzt von Land voraus. Hierbei ist es erst einmal unerheblich, ob der „Grundbesitz“ dem Einzelnen oder der Gemeinschaft gehört. Die vor ihnen hier nomadisch lebenden Bewohner kannten keinerlei Besitzanspruch. Sie ernährten sich ausschließlich von dem, was ihnen die Natur gab. Waren die Ressourcen erschöpft, zogen sie einfach weiter an einem anderen Ort. Nun standen diese Nomaden plötzlich vor Territorien, auf denen sie früher ohne jede Einschränkung ihren Lebensunterhalt bestreiten konnten. Plötzlich aber war dieses Land für sie tabu. Das wollten und das konnten sie wohl nicht verstehen. Die Folge waren oft bewaffnete Auseinandersetzungen. Diese Konflikte gab es mit großer Sicherheit aber auch schon in der Ursprungsregion des Ackerbaus: in Ostanatolien. Nicht zuletzt verweist uns die Geschichte von Kain und Abel aus dem Alten Testament auf dieses Problem.

Dass letztlich die Ackerbau treibenden Kulturen – obwohl ihr Lebensunterhalt zunächst wesentlich mühsamer erscheint – doch erfolgreicher waren, zeigt die gesamte Entwicklungsgeschichte der Menschheit danach und nicht zuletzt beweist unsere eigene Existenz dies nachdrücklich.

An dieser Stelle soll zugleich einem Vorurteil begegnet werden, dass es die ersten frühen Siedler in vielen Dingen nicht so genau nahmen und es quasi drunter und drüber ging. Für unsere fast ständig am Existenzlimit lebenden Vorfahren konnte eine einzige Missernte oder ein anderes negatives Ereignis das Überleben der gesamten Sippe bedrohen. Daher war es für sie absolut notwendig, alles was irgend möglich war, exakt zu planen sowie jede anstehende Arbeit sorgfältig und beflissen durchzuführen. Voraussetzung hierfür war wiederum, jede verfügbare Arbeitskraft jederzeit bestmöglich einzusetzen, Arbeitsmittel und Ausrüstungsgegenstände – ja sogar die persönliche Bekleidung – in bestem Zustand zu halten. Nur so war ein Überleben der Sippe möglich. Diese ersten Ackerbauern waren uns heutigen Menschen in Denken und Handeln ähnlicher als wir es oft wahrhaben wollen. Ein Leben in den Tag hinein, wie das in unserer heutigen Wohlstandsgesellschaft für viele selbstverständlich geworden ist, hätte für sie in der Regel tödliche Konsequenzen gehabt.

Etwa 2800 Jahre vor der Zeitenwende wanderten in unser Gebiet wiederum Angehörige einer Kultur ein, die vorwiegend Weidewirtschaft, aber auch schon Ackerbau betrieben. Ihr Entwicklungsstand war vermutlich ähnlich dem der Bandkeramiker. Dass es aber dennoch kulturelle Unterschiede gab, erkennt man an den von ihnen anders gestalteten Tongefäßen. Sie umwickelten die von ihnen hergestellten noch weichen Gefäße vor dem Brand mit geflochtenen Schnüren. Während des Brandprozesses verbrannten diese Schnüre, und zurück blieb das auf den Gegenständen eingedrückte aber nun fest gebrannte Schnurmuster. Man nennt die Angehörigen dieser Kultur daher die „Schnurkeramiker“.


Schnurkeramischer Becher, gefunden am Kuhturm in Leipzig/Lindenau

Um etwa 2200 Jahre vor der Zeitenwende siedelten sich bei uns Angehörige einer weiteren ackerbautreibenden Zivilisation an. Auch sie sind deutlich an der Art der von ihnen hergestellten Keramiken von den anderen Kulturen zu unterscheiden. Ihre Tongefäße haben in etwa die Form einer Glocke. Man bezeichnet sie deshalb als „Glockenbecherkultur“. Sie hat ihren Ursprung in Westeuropa, überwiegend auf der iberischen Halbinsel.


Funde aus einem Grab der Glockenbecherkultur

Die Angehörigen beider letztgenannten Gesellschaftsformen – der Glockenbecherkultur sowie der Kultur der Schnurkeramik – besiedelten ausschließlich sogenanntes Altsiedelland. Das heißt, dass sie sich nur auf solchem Land niederließen, auf dem schon die vor ihnen hier eingewanderten Bandkeramiker siedelten. Damit dürfte auch von ihnen keine Niederlassung in und um die Dahlener Heide zu finden sein.

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