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Die Leiche

Zwei alte Damen kamen am Sonntagmorgen, dem 4. Mai 1960, zur Polizeiwache. Sie wollten eine Aussage machen. Der diensthabende Beamte notierte. Die Damen berichteten: Als wir, das heißt, meine Schwester und ich, aus der Kirche kamen, lag eine Leiche vor unserer Haustür.“

Ganz bestimmt eine Leiche“, echote ihre Schwester.

„Die war nackend, hatte überall blaue Flecken und war blutverschmiert.“

Können Sie mir eine nähere Beschreibung geben?“ fragte der Beamte.

„Das war ein Mann, also… hm…“ Die alte Dame errötete leicht. Ihr war das sichtlich unbehaglich, das detailliert beschreiben zu müssen. „Der war nackend, ganz … also, wissen Se … da kann man doch nicht hingucken. … Is doch unanständig.“

Ja“, konterte ihre Schwester.

Alter?“, fragte der Polizeibeamte sachlich. Er war müde. Es war Sonntagmorgen und er hatte keine Lust, sich diesen Blödsinn von zwei senilen Frauen anzuhören.

Mechthild, was würdest du sagen? So zwischen dreißig und sechzig meine ich, so ungefähr.

Ja, genau.“

„Haarfarbe?“

Tja, die Haare waren dünn, soweit ich sehen konnte. Was glaubst du, Mechthild, waren die dunkel oder waren die nicht dunkel?“

So ungefähr, ja.“

Augenfarbe?“

Der hatte die Augen geschlossen. Wie soll ich das wissen.“

Größe?“

Welche Größe?“

„Die Körpergröße natürlich. Was glauben Sie denn?“

Das ältliche Fräulein errötete zart.

Der liegt da, quer vor der Haustür. Er versperrte den ganzen Eingang. Wir konnten nicht in unser Haus kommen. Größe? Ja? Die Tür ist ein Meter fünfzig breit. Die Treppe ist zwei Meter breit. Also, zwischen ein Meter fünfzig und zwei Meter würde ich sagen. Was meinst du, Mechthild?“

Genau.“

„War der Mann dünn, dick, kräftig, schmächtig?“

Was soll man dazu sagen? Wie er da so lag … also … dick? Nee! Dünn war er auch nicht. Die Beine waren dünn wie dünne Streichhölzer. Der Bauch war schwabbelig. Aber sonst war nicht viel an ihm dran. Meinst du nicht auch, Mechthild?“

Du hast ganz Recht.“

Wie war Ihr Name?“

Wir wohnen im selben Haus, wo diese Leiche liegt, in der Reichenberger Straße in der dritten Etage, gleich die erste Tür links, wenn Sie die Treppe raufkommen.“

„Ihre Namen, bitte.“

Macher, Clara und Mechthild Macher.“

Der diensthabende Beamte wandte sich an einen Kollegen vom Außendienst:

„Kurt, würdest du die beiden Damen zur Reichenberger Straße fahren und die Fundstelle sicherstellen? Ich werde die Mordkommission benachrichtigen.“

Die Schandmauer

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