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Gesundheitspflege – vorbeugen statt heilen

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Eine ganze Reihe antiker Ärzte war bemüht, ihre Landsleute zu einer gesunden Lebensführung zu erziehen. Schon Hippokrates (5. Jh. v. Chr.) empfahl körperliche Übungen, um den Körper gesund zu erhalten. Er war der Ansicht, dass Inaktivität zu erhöhter Krankheitsanfälligkeit führte und vorzeitig altern ließe. „Übung kräftigt, Untätigkeit lässt zerfallen“ (Hippokrates, Aphorismen).

Die Schrift De victu, der umfangreichste Text des Corpus Hippocraticum, dessen Verfasser wir leider nicht kennen, behandelt ausführlich die gesunde, geregelte Lebensführung. Der unbekannte Autor ist der Ansicht, dass nur die genaue Beobachtung des Menschen durch einen Arzt oder Gymnasten hinsichtlich Ernährung, Ruhe und Leibesübungen eine vollkommene Gesundheitspflege zuließe. Da das für keinen Menschen wirklich machbar sei, bliebe auch die absolute Gesundheit unerreichbar. Das gesündeste Klima ist für ihn dasjenige, das von größeren Witterungswechseln im Jahr verschont bleibt. Das liege daran, dass der Mensch aus Feuer und Wasser zusammengesetzt sei und nur bei solch ausgeglichenen klimatischen Verhältnissen diese beiden Elemente harmonisch zueinander stünden. Schon Herodot empfand das ägyptische Klima als das gesündeste. Beiden Autoren hätte es wahrscheinlich vor unserem germanischen Wetter gegraust. Vielleicht hätten sie auch ein wenig Mitleid gehabt.

Der Autor von De victu rät dazu, bei einem starken Übergewicht des Wassers im Körper trockenere und wenig Speise zu sich zu nehmen, viele anstrengende Leibesübungen zu machen, viele Dampfbäder zu nehmen und öfters einmal durch Nieswurz Erbrechen hervorzurufen. Er schreibt: „Bequemlichkeit macht feucht und schwächt den Körper (im Gegensatz zur Anstrengung), denn im Ruhezustand braucht die Psyche die Feuchtigkeit aus dem Körper nicht auf“. Allerdings gäbe es nur einen gesunden körperlichen Zustand, nämlich wenn auch die Psyche sich wohl befände. Der Autor erstellt zudem lange Listen von Nahrungsmitteln, die er nach ihren Eigenschaften unterteilt. Um das Richtige zu sich zu nehmen, müsse man wissen, ob ein Nahrungsmittel trocken, feucht, kühlend, wärmend, abführend, stopfend, harntreibend oder blähend sei. Weiter werden Bäder besprochen, wann sie zu nehmen sind, nüchtern oder nach einer Mahlzeit, wie oft, in süßem oder salzigem Wasser, kalt oder warm, oder auch überhaupt nicht. Geschlechtsverkehr, Schlaf, die Anzahl der Mahlzeiten, all das habe Einfluss auf die Gesundheit.

Diokles von Karystos (1. H. 4. Jh. v. Chr.; s. S. 36), ein berühmter Arzt und Gesundheitslehrer, gab desgleichen sehr detaillierte Anweisungen für eine gesunde Lebensweise. Frühmorgens sollte der erwachsene Mensch langsam aufstehen und zunächst Hals und Kopf massieren, um die Anspannungen des Schlafes loszuwerden. Kurz vor Sonnenaufgang stand zunächst ein Dauerlauf von knapp zwei Kilometern auf dem Plan, im Sommer weniger. Nachdem man nach dem Aufstehen seinen Darm entleert hatte, sollte man einige leichte gymnastische Übungen machen und den Körper einölen. Gesicht und Hände waschen, Zähne und Zahnfleisch mit Poleiminze einreiben und Nase und Ohren salben, gehörte ebenfalls zum morgendlichen Ritual. Anschließend gingen die, die ihren Lebensunterhalt verdienen mussten, zur Arbeit. Die glücklichen anderen sollten einen längeren Spaziergang machen. Dabei war darauf zu achten, dass man keinesfalls nach der Nahrungsaufnahme ausgedehnt und schnell spazieren ging, denn die Erschütterungen brächten die Verdauung durcheinander. Nun endlich durfte und sollte man einer sitzenden Beschäftigung nachgehen, zum Beispiel die geschäftlichen Angelegenheiten ordnen.

Anschließend war Zeit für die Körperpflege. Die jüngeren Menschen konnten sich auch zunächst auf den Sportplatz begeben. Massagen waren sehr angeraten, alte Menschen sollten sich allerdings selbst massieren, damit sie gezwungen waren, sich aktiv zu bewegen. Nun folgte ein leichtes Frühstück. Direkt danach empfahl der Arzt eine Ruhepause an einem schattigen, windgeschützten Platz. Nach dem Aufwachen konnte man sich wieder um seine geschäftlichen Angelegenheiten kümmern, bevor man eventuell erneut zum Sportplatz ging. Danach sollten die Jüngeren kalt baden, die Älteren und Schwächeren warm. Den Kopf jedoch sollte man nur selten und niemals warm waschen, dafür jeden Tag massieren und salben.

Zur Hauptmahlzeit am Abend ging man erst, wenn der Magen wirklich leer war. Das erkannte man daran, dass man nicht mehr rülpsen musste oder die Rülpser geruchlos waren, zudem am deutlichen Umriss von Ober- und Unterbauch und dem triebhaften Verlangen nach Essen. Galen schrieb einige Jahrhunderte später, dass man die beendete Verdauung an der Farbe des Urins ausmachen könnte (mittlere Farbe). Vor und während der Mahlzeit trank man Wasser, um dann auf leichten dunklen Wein überzugehen und die Mahlzeit mit einem Weißwein abzuschließen. Auch die Art der Lebensmittel beschrieb Diokles detailliert, welche Fische, welches Fleisch, welches Gemüse und welches Obst zu welchem Zeitpunkt. Die Nahrung musste dabei der Jahreszeit und der Konstitution des Menschen angepasst sein.

Nach der Mahlzeit sollten die Mageren, die an Blähungen litten, und diejenigen, die Speisen nur schlecht verdauten, sofort schlafen gehen, während für alle anderen ein kurzer und langsamer Spaziergang angebracht war. Mit vollem Magen war es gesünder auf der linken Seite zu liegen, leerte sich der Magen, war die rechte Seite die Bessere. Auf dem Rücken zu schlafen galt als ungesund. Oberbauch und Füße sollten auf jeden Fall beim Schlafen und Essen gut warm gehalten werden. Gesunden Menschen empfahl Diokles bei Tagesanbruch aufzustehen; diejenigen, die an Blähungen litten, sollten länger schlafen.

Wohlgenährten Menschen empfahl er, im Winter nur einmal am Tag zu essen, zudem riet Diokles, in dieser Jahreszeit weniger Gemüse zu sich zu nehmen als im Sommer. Die Unsitte des Erbrechens nach dem Essen lehnte er entschieden ab.

Häufiger Geschlechtsverkehr sei für alle Menschen nicht gut, am wenigsten jedoch für die Mageren, Schmalbrüstigen und diejenigen, die wenig Fleisch an Hüften und Lenden hätten. Am besten sei er noch für diejenigen geeignet, die eine kalte, feuchte und melancholische Natur hätten. Maßvoll betrieben und sich danach richtig und reichlich zu ernähren, könnte Schaden abwenden. Damit war er einer Meinung mit Soranos von Ephesos, der sogar eine andauernde Jungfrauenschaft für beide Geschlechter propagierte.

Den Ärzten war natürlich bewusst, dass es Menschen gab, die ihren Lebensunterhalt durch ihrer Hände Arbeit verdienen mussten und durch ihre Tätigkeit körperlich geschädigt wurden. Diesen rieten sie, stetig um Ausgleich bemüht zu sein. Sehr schön bemerkte Galen in seiner Schrift De sanitate tuenda: „Ein vollkommen gesundes Leben kann aber nur der Mensch führen, der keinen Beruf auszuüben braucht und seine körperlichen Übungen auf dem Sportplatz verrichten kann.“ Nun, das war sicher auch zu Galens Zeiten nur ein sehr kleiner Prozentsatz der Menschen. Allerdings war Galen der Ansicht, dass bei einer guten, gesunden Lebensführung der Mensch sein ganzes Leben von ernsten, inneren Krankheiten verschont bleiben könnte und selbst Verletzungen ohne größere Komplikation abheilen würden. Viele antike Ärzte sahen die vorsorgende Medizin als ebenso wichtig an wie die heilende. Die Gesundheitserziehung umfasste die „rechte Ausbildung der Seele“ (Galen), die Diätetik in ihrem weitesten Sinn, Leibesübungen und Hygiene.

Wichtig erschien es den Ärzten, maßvoll zu leben und jegliche Übertreibungen zu vermeiden. Zudem sollten Leibesübungen und Wechselbäder die Leistungsfähigkeit des Körpers erhöhen. Aber schon die Griechen mit ihrem Schönheitsideal warnten davor, dass Athleten durch das einseitige und übermäßige Trainieren ihrem Körper Schaden zufügen würden, auch sie rieten zu einem ausgewogenen Training (Abb.7). Durch kritische Selbstbeobachtung sollte jeder Mensch in der Lage sein, das rechte Maß zu finden. Und wenn er sich dazu nicht in der Lage sah, so sollte der betreuende Arzt das Maß und die Art der Übungen festlegen. Galen führte als empfehlenswerte Leibesübungen u. a. an: Ringen, Faustkampf, Laufen, Hände schwingen, Schattenkampf, Diskus- und Speerwerfen und Hantelarbeit. Zudem gab es Leibesübungen, die gleichzeitig Arbeiten bedeuteten, wie Graben, Rudern, Lastentragen, Mähen, Reiten, Kämpfen mit schweren Waffen, Wandern, Jagen und Fischen. Hier musste der Arzt dafür sorgen, dass ausgleichende Übungen den Schaden, den der Körper durch körperliche Arbeit nahm, in Grenzen hielten.

Bedeutsam waren Lockerungsübungen, Massagen und Bäder nach der Arbeit, um der körperlichen und geistigen Erschlaffung entgegenzuwirken. Am Besten war, man kam von der Arbeit, ließ sich eine leichte Massage geben, um den Körper warm und geschmeidig zu machen und trieb dann solange gymnastische Übungen, bis man in warmen Schweiß kam und die Bewegungen begannen, nicht mehr rund zu laufen. Spätestens wenn diese ungleichmäßig wurden, der Übende die „blühende“ Gesichtsfarbe verlor und der Schweiß kalt wurde oder gar nachließ, war es höchste Zeit, mit den Leibesübungen aufzuhören. Anschließend ein kaltes Bad (auch hier maßvoll: Wasser sollte weder lau noch eisig sein) für den Erwachsenen, damit die Haut dicht und fest wurde, und den Körper mit nicht zu weichem Leinen abreiben. Zuletzt das sorgsame Einölen des Körpers. Nun durfte man auch zum Essen gehen. Natürlich auch hier maßvoll. Die Ärzte warnten, dass sowohl Unter- als auch Übergewichtigkeit zu einer erhöhten Krankheitsanfälligkeit führe. Die Römer aßen in der Regel nur einmal am Tag, und zwar am Abend. Manchen war es aber förderlicher, noch ein Frühstück zu sich zu nehmen. Reines Wasser und gute Luft waren der Gesundheit zuträglich, allerdings nicht immer vorhanden, gerade wenn man in Rom selbst lebte oder neben einem Fluss oder einem Sumpf seine Wohnung hatte und häufigem Nebel ausgesetzt war. Unbedingt zu vermeiden war auch Schimmel im Haus.

Der gesunde Erwachsene durfte, natürlich maßvoll, Geschlechtsverkehr ausüben. Der Jüngling oder Greis dagegen sollte sehr zurückhaltend mit dergleichen Übungen sein. Nach dem Geschlechtsverkehr wurde angeraten, leichte Gymnastik zu machen und ein gutes Essen zu sich zu nehmen, um die Kräfte wieder aufzufrischen. Viel Flüssigkeit beseitigte die Trockenheit, die nach dem Verkehr auftritt. Auch ein kaltes Bad konnte nicht schaden.

Galen hielt die körperlichen Übungen für das wichtigste Element in der Gesundheitspflege, dicht gefolgt von der Ernährung, dem Schlaf und dem Geschlechtsverkehr.

Alte Menschen sollten ihre Lebensführung ihrem Alter anpassen. Galen empfahl warme Bäder in Süßwasser, feurige Weine als Getränk, leicht verdauliche Nahrung, und da Greise eine trocken-kalte Konstitution hätten, vor allem Nahrungsmittel, die feucht und warm machten. Auch sollten sie dreimal am Tag, dafür aber nur wenig und maßvoll, essen. Viel Obst und Gemüse, viel Fisch und fettarmes Geflügel, und wenn sie vertragen wurde, Ziegen- und Eselsmilch, nur Brot mit Kleie, auf keinen Fall das schlecht verdauliche Brot aus Weizenmehl. Da sich bei alten Menschen überschüssige Schleime ansammelten, sollte der betreuende Arzt darauf achten, dass bei ihnen Urinabsonderungen und Darmentleerungen angeregt wurden. Auch sollte der Körper in Bewegung gehalten werden durch maßvolle Leibesübungen und regelmäßige Massagen.


Abb. 7: Diskuswerfer des Myron. Marmor. Römische Kopie nach einem Bronzeoriginal des Myron, um 450 v. Chr. In dem Diskuswerfer wird das griechische Ideal eines athletischen Mannes mit ausgewogener Muskulatur dargestellt. Als Diskuswerfer muss er natürlich darauf achten, Ausgleichsport zu betreiben, damit die Muskulatur seines Wurfarmes nicht hypertrophiert (sich vergrößert). Das wäre (für seine Landsleute) nicht nur ungesund, sondern auch unästhetisch. Museo Nazionale Romano, Rom.

Mageren Menschen empfahl Galen harte und kurze Massagen, bis die Haut rot wurde. Danach sollten die Mageren mittelschwere Leibesübungen ausführen, anschließend baden und sich salben. Und dann natürlich essen.

Menschen, die zum Dickwerden neigten, verordnete er schnelle Übungen wie Laufen. Anschließend wurde der Schweiß rau abgerieben und der Körper gesalbt. Dann ging es zum Bad und zur Ruhe bzw. zur gewohnten Tätigkeit. Anschließend ein zweites Bad. Galen riet zu wenig, aber ballaststoffreicher Nahrung, so dass der Mensch das Gefühl hätte, angefüllt zu sein, aber wenig der Nährstoffe im Körper verteilt wurden.

Kinder wiederum mussten ebenfalls anders behandelt werden. Der Haut von Neugeborenen tat es gut, mit Salz bestreut zu werden. Muttermilch war als Nahrung das Wichtigste. Auch empfahl Galen, darauf zu achten, die Wünsche des Säuglings zu erfüllen, damit seine Seele in Harmonie blieb. Die Kleinkinder sollten einmal täglich warm gebadet und gesalbt werden. Galen wünschte sich für die Kinder eine gute, liebevolle Erziehung und eine ebenso sorgsame Gesundheitserziehung. Körperübungen waren wichtig und sollten dem Leistungsvermögen des Kindes angepasst werden. Sie sorgten dafür, dass das Kind harmonisch wuchs. Mit etwa sieben Jahren war das Kind so weit, auch starke Bewegungen aushalten zu können. Nun konnte es mit dem Reiten beginnen. Zwei- bis dreimal in der Woche sollte das Kind möglichst im Fluss oder Meer baden. Mit vierzehn Jahren galt der Jugendliche als junger Erwachsener und passte idealerweise seine Lebensführung der der Erwachsenen an.

Galen war ein Anhänger der Viersäftelehre (s. S. 66), daher gab er nicht nur allgemeine Hinweise für eine gesunde Lebensführung, sondern auch detaillierte Anweisungen für Menschen, bei denen konstitutionell bedingt ein Saft (Schleim, Wasser, schwarze Galle, gelbe Galle) vorherrschte. Auch sie konnten seiner und der Meinung der meisten seiner Kollegen nach durch sorgsame Gesundheitspflege ein lebenslanges gesundes Leben führen. Zudem war zu beachten, dass beim Ernährungs- und Verdauungsprozess Überschüsse entstanden, die wieder abgeführt werden mussten. Unvermeidlich und naturgemäß sei auch der fortschreitende Austrocknungsprozess bei gleichzeitiger Abnahme der Wärme, der schließlich zum Tode führen würde. Diesen Prozess konnte auch der beste Arzt nicht aufhalten, aber doch verlangsamen.

Galen richtet, wie auch die meisten seiner Ärztekollegen, seine Empfehlungen an Menschen, die die Zeit haben, sich sorgfältig um ihre Gesundheit zu kümmern. Galen sagt, er wisse, dass es Menschen gibt, die in abhängigem Dienstverhältnis stehen und sich erst am Ende des Tages von ihrem Arbeitsplatz entfernen könnten. Damit bliebe natürlich nur noch wenig Zeit für Massage, Bad und Ruhe. Allerdings fügt Galen hinzu, dass er niemanden gekannt habe, der ein so unglückliches Leben führte. Glückliches Rom!

Diokles von Karystos – der jüngere Hippokrates

Den Beinamen „der jüngere Hippokrates“ bekam Diokles von den Athenern, die ihn sehr verehrten. Geboren wurde er in der 1. H. des 4. Jhs. v. Chr. Er stammte aus Karystos auf der Insel Euboia und war der Sohn des Arztes Archidamos. Die längste Zeit seines Lebens verbrachte er vermutlich in Athen. Etliche medizinische Schriften werden Diokles zugewiesen. Galen, Oreibasios und Plinius d. Ä. zitieren ihn sehr häufig. Von seinem umfangreichen Werk sind leider nur wenige Bruchstücke erhalten. Einige Schriftauszüge könnten darauf hindeuten, dass Diokles ein Schüler des Aristoteles oder zumindest mit ihm bekannt oder befreundet war.

Diokles befasste sich eingehend mit der Gynäkologie und Embryologie. Die Entwicklungsstadien des Ungeborenen waren ihm durch Fehl- und Frühgeburten bekannt. Er sezierte Tiere, um seine Erkenntnisse über die weiblichen Geschlechtsorgane, und hier besonders den Uterus, zu erweitern. Seiner Ansicht nach entwickelten sich Jungen im rechten, wie er fand, wärmeren Teil des Uterus, während sich Mädchen im kälteren Teil entwickelten und aufgrund der niedrigeren Temperatur längere Zeit brauchten, um auszureifen. Auch glaubte er, dass sowohl Männer als auch Frauen Samen besäßen, aus denen der Embryo entstünde.

Er verfasste eines der ersten Anatomiebücher. Die Quelle des Blutes lag für ihn im Herzen, damit schloss er sich der recht einhelligen Meinung seiner griechischen Ärztekollegen an. Zwar differenzierte er noch nicht zwischen Gefäßen und Nerven, aber er kannte die Aorta mit all ihren Verzweigungen, beschrieb den Gallenblasengang zwischen Leber und Gallenblase und unterschied Dick- und Dünndarm.

Das Pneuma spielte für ihn eine große Rolle für die Gesundheit des Menschen. Es war seiner Ansicht nach mehr als Atemluft, sondern es war die Lebenskraft, die die physiologischen Vorgänge im Körper bestimmte. Mit dem Blut bewegte sich das Pneuma vom Herzen, wo es seinen Sitz hatte, durch den Körper. Die Verdunstung des Seelen-Pneumas durch das Blut schaffte seiner Meinung nach Bewegung und sinnliche Erkenntnis.

Das Rhizotomikon, das Wurzelschneidebuch des Diokles stellt das älteste Heilkräuterbuch der Griechen dar. Erst die Materia medica des Dioskurides löst es im 1. Jh. n. Chr. in seiner Bedeutung ab. Theophrast baute sein Werk auf den Erkenntnissen des Diokles auf, auch wenn er ihn nicht erwähnte.

Auch der Chirurgie widmete sich Diokles. Ihm wird die Erfindung eines speziellen Instrumentes zur Entfernung von Pfeilspitzen mit Widerhaken, der sogenannte „Diokles-Löffel“, zugeschrieben.

Sein wichtigstes uns überliefertes Werk ist aber seine Schrift über die Diätetik. Seine Gesundheitslehre erscheint uns heute noch in weiten Teilen sehr modern, und seine Differenziertheit ist erstaunlich.

Gesunde Lebensführung – Zitate

Ein gesunder Mensch, der sich wohl befindet und sein eigener Herr ist, soll sich an keine Gesetze binden und weder eines Arztes noch eines Salbenarztes bedürfen. Er muss eine wechselnde Lebensweise führen, bald auf dem Lande sein, bald in der Stadt, aber häufiger auf dem Feld. Er muss zur See fahren, jagen, bisweilen ruhen, aber häufiger den Körper üben; denn Trägheit stumpft den Körper ab, Arbeit stärkt ihn. Jene führt zu frühem Alter, diese verschafft eine lange Jugend. Gut ist es, bisweilen ein warmes Bad zu nehmen.

(Celsus, De medicina)

Wer also eine Wissenschaft oder sonst eine intensive geistige Betätigung ausübt, der muss auch seinem Körper Bewegung verschaffen, indem er sich auch mit Leibesübungen abgibt; wer dagegen sorgsam seinen Körper ausbildet, der muss seiner Seele Bewegung verschaffen und sich dafür der Musenkunst und der ganzen Philosophie bedienen, wenn er mit Recht beabsichtigt, wahrhaft zugleich schön und zugleich gut zu heißen.

(Platon, Timaios)

Der Zustand, im dem wir weder Schmerzen leiden, noch im Gebrauch der Lebenskräfte behindert werden, nennen wir Gesundheit.

(Galen, De san. tuenda)

Gesundheit ist ein Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht allein das Fehlen von Krankheit und Gebrechen.

(WHO, 1946)

Bei der Bewahrung der Gesundheit muss die körperliche Anstrengung den Anfang machen, dann folgen Speise und Trank, dann der Reihe nach Schlaf und endlich die Liebe, für die, die die Liebe genießen wollen.

(Galen, Hygieina)

Denn für viele Menschen ist das Leben mit Beschäftigung verbunden, und sie werden durch ihre Tätigkeit notwenig geschädigt, es ist ihnen aber unmöglich, davon abzustehen. … Für diese kann auch nicht die an sich beste Körperfürsorge beschrieben werden.

(Galen, Hygieina)

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