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Besuch in Schloss Pillnitz

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Am vierten Tag des Aufenthaltes führte die Reisegruppe ins Elbsandsteingebirge und nach Pillnitz. Hannes fuhr an der Dresdener Altstadt vorbei und überquerte die Elbe über das ›Blaue Wunder‹. Diese bekannte Brücke verbindet die beiden Stadtteile Blasewitz und Loschwitz. Das Bauwerk erhielt seinen Namen aufgrund des ursprünglich hellblauen Anstrichs. Hier hält sich allerdings hartnäckig das Gerücht, sie sei eigentlich grün gewesen. Durch Witterungseinflüsse hätten sich aber die Gelbanteile verflüchtigt und so sei nur das Blau übrig geblieben. Als ›Wunder‹ galt die Spannweite der Metallkonstruktion, die keinen Strompfeiler in der Elbe benötigte.

Weil die Gästeführerin über diese Brücke fahren wollte, und für die Rückfahrt ein Schiff von Pillnitz aus gebucht war, führte der Weg in Elbsandsteingebirge zunächst am Schloss vorbei. Gemeinsam mit ihr wanderte die Gruppe zur Basteibrücke und genoss den grandiosen Ausblick über das Elbtal.

Im Anschluss ging es auf der schmalen Landstraße zurück in Richtung Schloss Pillnitz. Dort fuhr Hannes auf einen unbefestigten Parkplatz, der bereits für das Ausladen der Fahrgäste zehn Euro kostete. Leider schickte man zusätzlich die PKW-Fahrer auf diesen eigentlichen Busparkplatz, denn die zogen auf ihrem dafür vorgesehenen Platz nur selten einen kostenpflichtigen Parkschein. Für die Busfahrer bedeutete das ein mühsames Umkurven der PKWs und Parken auf, im Grunde genommen, nicht dafür geeigneten Flächen. Da der Parkwächter den Betrag sofort bei der Einfahrt kassierte, entschied Hannes, dass sie dort stehen bleiben und sich ein wenig umsehen würden, um später einen Kaffee zu trinken.

Von Schloss Pillnitz wussten die beiden, dass es ein Lustschloss im wahrsten Sinne des Wortes gewesen war. So erwarb 1694 der sächsische Kurfürst Johann Georg den Bau für seine Mätresse Magdalena Sibylla von Neitschütz. Nach dessen Tod erbte es der Bruder, August der Starke. Der wiederum schenkte es seiner Lieblingsmätresse, Gräfin von Cosel. Nachdem diese aber 1716 in Ungnade gefallen von August auf die Burg Stolpen verbannt wurde, holte er es 1718 durch Enteignung wieder zurück. Während die Gräfin die letzten neunundvierzig Jahre ihres Lebens auf Stolpen verbrachte, diente das Schloss von da an der höfischen Gesellschaft als Repräsentationsbau für Spiel und Unterhaltung.

Die Reisenden hatten zusammen mit der Gästeführerin eine Führung im Schloss gebucht. Susanne ging, einen neuen Reisemagneten zu kaufen. Im Anschluss suchte sie das Schlossrestaurant auf, in dem Hannes bereits wartete. Auf den Rundgang durch die berühmten Gärten verzichteten sie, da diese mittlerweile nicht mehr kostenfrei waren.

Nachdem die Gruppe das Schiff für die Rückfahrt bestiegen hatte, fuhren Hannes und Susanne mit dem leeren Bus zurück nach Dresden, wo sie auf die Truppe warten sollten, um sie ins Hotel zurückzubringen. Vorher gab es aber noch Freizeit, damit die notwendigen Mitbringsel gekauft werden konnten. Hannes würde die Fahrgäste, die nicht in der Stadt bleiben wollten, am frühen Abend am Taschenbergpalais abholen.

Auf der Fahrt mit dem Bus durch Niederpoyritz erblickten sie plötzlich auf der linken Seite einen Modelleisenbahnladen. Der Busfahrer widerstand der Versuchung eine Vollbremsung hinzulegen. Leider gab es im gesamten Ort keinen geeigneten Parkplatz für den 13-Meter-Bus, sodass sein Geldbeutel geschont wurde. Nach Kassel war das jetzt der zweite Laden, den Hannes nicht besuchen konnte. So würde die Modelleisenbahn im Keller nie fertig.

In Dresden erwarteten sie auf dem Parkplatz unter der Karola-Brücke die vorgesehene Ankunftszeit des Elbdampfers, der ihre Gruppe brachte. Dort standen sie direkt am Schiffsanleger, sodass die Fahrgäste vor dem Stadtbummel Kamerataschen und Jacken in den Bus legen konnten. Mit acht Euro für eineinhalb Stunden erwies sich dieser Platz wesentlich teurer als der an der Marienbrücke in der Nähe der ehemaligen Zigarrenfabrik. Der kostete für den kompletten Tag nur sieben Euro.

Die ›Tabakmoschee‹ Yenidze hatte bereits zu Diskussionen im Bus geführt. Viele der Mitreisenden waren der Meinung, es sei eine Moschee, bis Hannes ihnen die wirkliche Bedeutung erklärte.

So durften damals in der Dresdener Innenstadt keine Fabriken gebaut werden. Also entschied der Fabrikant aufgrund der orientalischen Herkunft des Tabaks, ein ebensolches Gebäude zu bauen. Die schmalen Türme tarnten die notwendigen Schornsteine, in der gläsernen Kuppel trocknete man die Tabakblätter. So hatte er sein Werk und die Stadt kein Fabrikgebäude. Dass der Architekt danach aus der Reichs-Architektenkammer ausgewiesen wurde, war allerdings eine tragische Folge dieses Bauwerkes.

Heute ist die ehemalige ›Tabakmoschee‹ ein Büro- und Geschäftshaus, das in der Kuppel ein Restaurant und einen Märchenerzähler beherbergt.

Während sie auf die Ankunft der Gruppe warteten, saßen Germanns auf den Trittstufen der beiden Bustüren und überprüften ihre E-Mail Eingänge. Unterbewusst nahmen sie wahr, dass ständig andere Reisebusse ankamen und abfuhren. Hannes zündete eine Zigarette an. Plötzlich kniff er die Augen zusammen. Das musste er jetzt nicht wirklich haben. Schnellen Schrittes kam einer der anwesenden Kraftfahrer auf ihn zu – Waldemar Dengler!

Waldemar Dengler, genannt Waldi, weil er, gleich einem sturen Dackel, jedem klarzumachen versuchte, dass er der beste Busfahrer aller Zeiten sei. Der branchenbekannte Wichtigtuer hatte es zur Lebensaufgabe erhoben, alle Fahrer zu guten Reisebusfahrern zu erziehen. Die Welt war doch so groß. Warum musste er dann zeitgleich mit Hannes in Dresden auftauchen?

»Das geht ja gar nicht!«

Schon folgte die Belehrung.

»Ihr könnt doch nicht im Bus rauchen. Was sollen denn die Fahrgäste denken?«

»Siehst du hier Fahrgäste? Meine jedenfalls schwimmen noch auf der Elbe.«

Hannes war mehr als bedient.

»Deine Scheiben könntest du auch mal wieder putzen. Da kann ja niemand mehr rausgucken.«

Hannes, der die Frontscheibe noch immer nicht komplett von der klebstoffartigen Masse hatte befreien können, da diese seinen täglichen Reinigungsversuchen vehement trotzte, überlegte, ob hier der Tatbestand der Notwehr gegeben wäre, würde er diesen ›netten Kollegen‹ auf der Stelle in der Elbe ersäufen. Da er aber die rechtliche Seite nicht kannte und zudem der Wasserstand recht niedrig war, widerstand er der Versuchung und meinte nur:

»Komm Waldi, hau ab! Der Bus, den ich letzthin von dir übernehmen musste, stand vor Dreck und fiel fast auseinander.«

Sprach’s, zündet die nächste Zigarette an, wandte sich erneut seinen E-Mails zu. Beleidigt zog der Besserwisser ab, um weitere Fahrer mit seinen Thesen zu beglücken.

Kurze Zeit später spuckte der Elbdampfer ihre Gruppe aus. Sie versorgten sich im Bus mit Getränken und ließen unnötigen Ballast zurück.

Pünktlich um achtzehn Uhr stand Hannes am Taschenbergpalais. Dieses Schloss ließ August der Starke in den Jahren 1705 bis 1708 für seine Geliebte, Gräfin Cosel, bauen. Hatte er sie doch so in direkter Nähe zu seinem Wohnsitz. Ein überdachter Verbindungsgang zwischen Residenz und Palais ermöglichte ihm, unerkannt die Freundin aufzusuchen. Da diese Verbindung verglast war, fragte sich Susanne, ob er dort durchgekrochen war, damit ihn keiner sah.

Nach der Verbannung der Gräfin Cosel wurde der dreigeschossige Bau als Wohnung für die Kronprinzenfamilie verwendet. Bis ins 19. Jahrhundert hinein erfolgten immer wieder Veränderungen und Erweiterungen des Palais. Nach der Zerstörung 1945 baute man es erst 1995 wieder auf. Heute ist ein Luxushotel darin untergebracht.

Am vereinbarten Treffpunkt warteten die meisten der Reisegäste, die zum Abendessen ins Hotel gebracht werden wollten. Einige blieben in der Stadt, um den Abend dort zu verbringen. Sie kämen später mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurück.

Einmal Dresden - nicht zurück

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