Читать книгу Einmal Dresden - nicht zurück - Heike Susanne Rogg - Страница 9
Berger auf Abwegen
ОглавлениеWährend die Fahrgäste in die Stadt gingen, entfernte sich Rüdiger Berger von der Gruppe. Schnellen Schrittes eilte er in die Wilsdruffer Straße, wo er die einfahrende Straßenbahn der Linie 1 bestieg, die in Richtung Cotta fuhr. Hätten ihn die anderen saarländischen Mitreisenden gesehen, wären sie verwundert gewesen, denn genau in diesem Stadtteil lag ihre Unterkunft.
Berger verließ die Bahn an der Haltestelle, die dem Hotel am nächsten lag. Er nahm die Parallelstraße und bog in die Ockerwitzer Straße ein. An der Ecke blieb er vor einem kleinen Haus stehen, das ein verwilderter Garten umgab. Hohe, dichte Büsche verwehrten die direkte Sicht auf das Häuschen. Eine rostige Teppichstange stand links, weiter hinten sah man Teile einer morschen Brettergarage.
Rüdiger atmete tief durch. Wie lange war er nicht hier gewesen? Es musste über zwanzig Jahre her sein. Er wusste es ganz genau. Im November war es ein Vierteljahrhundert her, dass er Dresden verlassen hatte. Siebenundzwanzig Jahre seines Lebens hatte er dort gewohnt, bevor er 1987 zunächst in den vornehmen Stadtteil Plauen umzog.
Fast andächtig zog er einen altmodischen Gegenstand aus der Hosentasche. Er betrat das verwilderte Grundstück und ging langsam auf das Haus zu. Zögernd wurde der betagte Schlüssel in ein ebenso altes Schloss gesteckt und bedächtig umgedreht. Die antike Holztür knarrte beim Öffnen. Vorsichtig trat Rüdiger ein.
Staunend wanderte sein Blick durch den Hausflur. Nichts hatte sich verändert, seit er es zuletzt gesehen hatte. Nur in die Jahre gekommen und renovierungsbedürftig sah alles aus. Aber auch er war älter geworden.
Berger befand sich in dem Haus, welches viele Erinnerungen für ihn barg. Er wandte sich nach rechts. Dort lag das Wohnzimmer oder die ›Gute Stube‹, wie die Tante immer gesagt hatte. Sie war nur benutzt worden, wenn Besuch kam. Die wuchtigen Möbel standen an ihrem angestammten Platz. Eine dicke Staubschicht bedeckte sie.
Da waren seine Jugendweihe und das Abitur gefeiert worden. Er konnte alle Gäste an seinem geistigen Auge vorbeiziehen sehen. Die Eltern, die Schwester des Vaters, die bis zuletzt in diesem Haus gewohnt hatte, die Großeltern, einige Freunde und – Ilona. Als Rüdiger an sie dachte, musste er schlucken. Während er den Erinnerungen nachhing, hörte er plötzlich ein Geräusch. Hatte er die Haustür nicht geschlossen?
Es blieb ihm keine Zeit, länger darüber nachzudenken. Ein harter Schlag traf ihn am Kopf. Sofort wurde es um ihn Nacht.