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79. Eduard Wedekind149

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Juni 1824

[Tagebuch:] Ich glaube, seine [Heines] Bekanntschaft wird für mich von großem Nutzen sein. Er ist ein ungeheures Genie, dabei durchaus nicht von sich eingenommen, so daß sein Umgang mir außerordentlich interessant ist. Ich glaube auch, daß er wohl an mir Gefallen findet, und soviel ich ihn jetzt kenne, werden wir uns sehr gut zusammen vertragen, obgleich wir in vielen Punkten sehr voneinander verschieden sind. Ich habe alles, was er bis jetzt herausgegeben hat, gelesen und weiß es zum Teil auswendig. Daß ihm dies einigermaßen schmeichelt ist natürlich; auch konnte ich ihm mit gutem Gewissen manches Kompliment machen. Seine Gedichte, sagte ich ihm, hätte ich alle durchstudiert. „Studieren“, antwortete er, „sollte man sie eigentlich auch, denn sie sind nicht so ganz leicht zu verstehen.“ Er sagte dies übrigens ohne allen Stolz...

Jetzt noch einiges über Heine, und zwar in Beziehung auf seinen Charakter. Dieser ist ein wenig leichtfertig. An eine Unsterblichkeit der Seele glaubt er nicht und tut groß damit, indem er sagt, alle großen Männer hätten an keine Unsterblichkeit geglaubt, Cäsar nicht, Shakespeare nicht, Goethe nicht. Eitel ist er sehr, obgleich er es durchaus nicht scheinen will; er hört von nichts lieber sprechen als von seinen Gedichten. Ich habe einmal gesagt, daß ich seinen „Ratcliff“ zu rezensieren wohl Lust, aber keine Zeit hätte. Seitdem hat er mich sehr aufgefordert, ich möchte doch Prosa schreiben. Er hat eine unglaubliche Lust, jeden zu mystifizieren, und spielt daher jedem das Widerpart. Bei mir fährt er aber sehr schlecht damit, weil er sich deshalb Inkonsequenzen in seinen Ansichten zuschulden kommen läßt, die ich ihm dann gewöhnlich nachweise. Ein wahrer Freund kann er mir nie werden; ich gehe aber doch recht gern mit ihm um. Unsere Ansichten sind mehrenteils sehr verschieden, und das gibt viel zu sprechen; nur weiß ich manchmal nicht recht, ob ich das, was er sagt, für seine eigentliche Meinung zu nehmen habe oder ob er mich mystifizieren will. Merke ich das, so sage ich es ihm geradeheraus und breche das Gespräch gleich ab. Er tut es indes selten bei mir. Neulich hat er zu Grüter gesagt, es wäre unter den Westfalen kein einziger, der wüßte, was ein großer Dichter wäre. Gott segne ihn, wenn er es weiß! So etwas kann mich nicht irre machen. Ich kann viel von Heine lernen, und das ist der Hauptzweck, den ich beim Umgange mit ihm vor Augen habe. Eins aber mißfällt mir sehr an ihm, und andern noch mehr, nämlich daß er seine Witze selbst immer zuerst und am meisten belacht.

Gespräche mit Heine

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