Читать книгу Echnatons Bruder. Der Pharao und der Prophet - Heinz-Joachim Simon - Страница 12

Der Weg des Speers

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Der Klang der Hörner kündigte es an. In der Stadt begann es zu brodeln. Die Menschen liefen auf die Straße, steckten die Köpfe zusammen und strömten zu den Tempeln. Was ließ sie zu den Götterbildern eilen? Nur ein Fremder konnte so fragen. Dumpf klangen die Trommeln aus den Tempeln. Die Hyksos, die Geißel aus der Fremde, war die Antwort. Wie Heuschrecken würden sie kommen. Die Gebete waren ein Trost, doch wichtiger war die Nachricht aus dem Haus des Pharao. Er war ein alter Mann. Wem würde er die Aufgabe übertragen? Wer würde der Retter sein? In der Halle der Uräusschlange versammelten sich die Würdenträger des Reiches.

Amenophis trug die Krone von Ober- und Unterägypten und hatte Krummstab und Geißel in den gekreuzten Händen und sein Löwenschwanz bezeugte seinen wehrhaften Willen. Wehe, wehe den Hyksos, wehe den Unseligen! Auch die Prinzen waren anwesend und standen neben dem Thron, auf dem Amenophis mit Teje saß.

Amenophis stand auf und hielt den Würdenträgern seinen Krummstab entgegen. Kraftvoll sprach er. Nicht mit der Stimme des Greises, sondern so hart und klar und Ehrfurcht heischend, als hätte er gerade den Thron des Osiris bestiegen. Nur Teje wusste, welche Anstrengung ihn das kostete, aber es erfreute ihr Herz, dass er immer noch seine Majestät zu zeigen vermochte.

»Höre, Volk von Ober- und Unterägypten, euer Pharao und Gott, Stellvertreter des Osiris, spricht! Es ist an der Zeit, der Göttin Sachmet zu opfern, Amun-Re um Gnade zu bitten und unsere Löwen gegen die Hyksos zu schicken. Ka-aper, trete hervor, Bezwinger der Wüstenvölker, Sieger im elenden Kusch!«

Der alte General trat in die Mitte des Saals. Seine Halsketten klirrten. Er blickte stolz um sich und näherte sich dann gebeugt dem Thron und warf sich vor ihm zu Boden.

»Mein Sohn, ich befehle dir deine Truppen zu sammeln und gegen die Hyksos zu führen. Vertreibe die Unseligen, die Verfluchten von unserer heiligen Erde.«

Niemand machte sich Gedanken darüber, dass der »Sohn« genauso alt war wie Amenophis, denn mit dem Namen Ka-aper verband sich die Erinnerung an herrliche Siege.

»Steh auf und nimm den heiligen Speer entgegen!«

Er winkte Ka-aper zu, nahm von Unas die Waffe entgegen und senkte sie feierlich über das Haupt des Generals. Amun-Re beschwörend übergab er sie dem alten Kämpen.

»Gesegnet ist der Speer und der Weg, den wir jetzt gehen.«

Nun wandte sich Amenophis wieder an die Hofgesellschaft.

»Höre, mein Volk! Die Hyksos, die wir aus Ägypten verjagt hatten, sind wieder zurückgekommen, haben mit ihren Streitwagen die Grenze überschritten und Kadesch erobert. Wie die Heuschrecken sind sie über die Grenzländer gekommen und haben viele gute Männer getötet, ihre Frauen und Kinder in die Sklaverei verschleppt. Indem sie dies taten, vergingen sie sich gegen die Herrlichkeit des Amun-Re. Fürchterlich werde ich ihre Schandtaten rächen! Wie die Schnitter das Korn werden unsere Krieger ihre Leiber mähen! Von nun an herrscht Sachmet, die Göttin des Krieges. Die Löwenhäuptige wird unsere Krieger begleiten und sie siegen lassen!«

Amenophis berührte Ka-apers Schultern mit der Geißel. »Mein General, du gehst als mein Stellvertreter unter dem Oberbefehl meines Sohnes Prinz Amenhotep in die Grenzländer und vertreibst die Feinde mit der Pranke des Löwen.«

Ein Schrei gellte durch die Halle, der dem Pharao ewige Gesundheit und große Siege wünschte. Alle umarmten sich, küssten sich die Wangen und bestätigten einander, dass der Pharao wohlgesprochen habe.

»Es muss getan werden! Sachmet will es«, sagten sie zueinander und hofften, dass ein schneller Sieg reiche Beute nach Ägypten bringen würde. Sie erinnerten einander, dass die Kriege Amenophis’ II., dem Vater des jetzigen Pharao, viel Gold nach Ägypten gebracht hatten. Eje, der Bruder des Pharao, würde die Prinzen als Kammerherr begleiten. Natürlich würde Prinz Amenhotep nicht selbst am Kampf teilnehmen, sondern sein Name sollte für den Sieg stehen. Deswegen musste er mit dem ganzen Prinzenhof am Krieg teilnehmen. Eje war zwar klein, hatte aber ein angenehmes Gesicht und war wegen seiner jovialen Art am Hof sehr beliebt. Man munkelte, dass er nicht nur das Ohr des Pharao besitze, sondern auch mit dem Schoß Tejes vertraut sei.

Ka-aper war über die Begleitung des Prinzenhofes nicht gerade erfreut, weil man auf die Prinzlein Rücksicht zu nehmen hatte und deswegen nur langsam vorankommen würde. Diese Einschränkung bedachte er sehr wohl. Mit Thotmes und seinem Sohn Haremhab konnte man zwar etwas Vernünftiges anfangen, aber mit der verzärtelten Schar um Prinz Amenhotep, Semenchkare und Cheruf und deren zahlreichen Dienerschaft hatte er eine Bürde am Hals, die die Kampfkraft seines Heeres beeinträchtigen konnte. Sie werden nur beten, tafeln, palavern und huren, sind sie doch alle in dem Alter, in dem sie die Lust entdeckt haben und sich von den Sklavinnen den Pinsel tüchtig streicheln lassen, was bei der Truppe böses Blut machen wird, dachte er sorgenvoll.

Nach der großen Verkündigung, dass man ins Jahr der Sachmet eingetreten sei, bat Ka-aper noch einmal um Audienz beim Pharao. Er erklärte wortreich, warum die Prinzen für ihn eine Belastung wären, die sich auf den Kriegsverlauf auswirken könnte.

»Gib mir Thotmes und Haremhab mit. Sie können den Prinzenhof vertreten und sind nützlich, weil sie gute Anlagen für den Weg des Speers haben. Die übrigen – verzeih mir das offene Wort – sind nur eine Belastung. Bedenke auch den Schrecken des Volkes, sollte der künftige Pharao in Gefangenschaft geraten!«

»Was redest du da für unsinniges Zeug? Es klingt in meinen Ohren wie der Schrei von Wildeseln!« Amenophis schüttelte entrüstet den kahlrasierten Schädel und schlug ihm spielerisch mit der Geißel über den Rücken. »Mein guter Ka-aper, du bist gewiss ein großer General, aber in Regierungsfragen so dumm wie eine Schildkröte. Es ist an der Zeit, dass sich Prinz Amenhoteps Name mit einem Sieg verbindet, der dem Volk Hoffnung für die Zukunft gibt. Das ist genauso wichtig wie dein Auftrag, die Hyksos zurückzuschlagen. Nun finde dich drein, geh nach Westen und siege! Beim Auszug der Truppen wird der Hohepriester des Amun-Re für dich und deine Krieger Opfer zum Himmel schicken.«

Das Volk stand in den Straßen und jubelte, als die Soldaten singend aus Theben zogen. Haremhab und Thotmes wurden die Anführer von zwei Kompanien, die aus zehn Zügen mit je zehn Mann bestanden, jedoch wurde ihnen ein erfahrener Standartenträger beigegeben, der die beiden Prinzen beraten sollte, aber nur widerwillig akzeptiert wurde. Haremhab führte die Bogenschützen an, Thotmes eine Stoßtruppe für die linke Flanke, der die Aufgabe zufiel, die Reihen des Feindes zu umfassen. Die Armee bestand aus zweitausend Mann und hundert Streitwagen, die Ka-aper persönlich befehligte. Es war die größte Streitmacht seit den Tagen Amenophis’ II.

So lange sie am Nil entlangmarschierten, war der Marsch unbeschwerlich und glich einem Triumphzug. Die Menschen versammelten sich am Fluss entlang, jubelten ihnen zu und reichten ihnen Brotfladen und Bier.

Ka-aper seufzte: »Sie werden fett werden wie die Büffel. Nur gierige Krieger sind gute Krieger.«

Aber auch er genoss den allgemeinen Jubel, wenn er sich dies auch nicht offen eingestand. Hell glänzten die Edelsteine auf seinem Halsschmuck, die Armspangen und goldenen Reifen. Er sog die Huldigung ein wie Weihrauch, denn er fühlte sich vom Volk geliebt.

Erst als sie das Delta verließen, beim Marsch durch die Wüste, bekamen die Soldaten eine Ahnung, was Krieg bedeutete. Die Essenrationen wurden gekürzt, das Wasser wurde genau eingeteilt. Immer öfter litten sie quälenden Durst. Die Sonne brannte unaufhörlich und selbst die Prinzlein, die immer noch gut versorgt wurden, dösten apathisch in ihren Sänften. Wenn Thotmes und Haremhab die Freunde besuchten, fanden sie diese in griesgrämiger Stimmung vor. Prinz Amenhotep dagegen ertrug die Strapazen erstaunlicherweise mannhaft und bat alle daran zu denken, dass die Sonne die Mutter allen Lebens sei.

»Erst hier in der Ödnis der Wüste begreife ich, welche Macht die Sonne hat, welche Bedeutung für das Wohlergehen der Menschen«, sagte er mit entrücktem Gesicht.

Semenchkare und Cheruf murrten, wie langweilig so ein Kriegszug sei.

»Warum hat man uns mitgeschickt?«, jammerte Semenchkare. »Amenhotep wird Pharao. Wir dagegen sind doch für die Beamtenlaufbahn im Haus des Wesirs vorgesehen und werden später niemals an einem Kriegszug teilnehmen. Was kümmern uns die elenden Hyksos, die hergelaufenen Wüstenvölker?«

»Was jammert ihr Weichlinge!«, spottete Haremhab. »Ihr werdet in Sänften getragen und eure Speise ist reichlich. Wir aber marschieren durch steiniges Gelände und haben blutige Füße. Als Befehlshaber müssen wir obendrein unsere Männer bei Laune halten und ihnen Mut und Stärke und Zuversicht zeigen.«

»Mein Vater hat es befohlen, also ist es recht«, erwiderte Amenhotep.

»Und wenn wir den Krieg verlieren?«, jammerte Cheruf ängstlich. »Wenn unsere kostbare Person den Hyksos in die Hände fällt?«

»Dann wirst du geröstet werden, du Feigling!«, vergrößerte Haremhab seine Angst.

»Hör auf, Haremhab!«, wies ihn Amenhotep zurecht. »Wenn das geschehen würde, was nicht geschehen wird, werden die Götter für uns sorgen. Vater würde uns freikaufen«, beschwichtigte er die Angst seines Gefolges. Ihm schien die sengende Sonne tatsächlich nicht viel auszumachen. Der Prinz sah wohl aus, hatte ein gut gebräuntes Gesicht und trotz der Strapazen einen kleinen Bauch. Semenchkare und Cheruf, die über ihre sonnenverbrannten Gesichter und Glieder klagten, hatten viel von ihrem feisten Aussehen verloren.

Viele Tage dauerte der Marsch. Längst sang man nicht mehr von den Becken und der Scham der Frauen, von wollüstigen Umarmungen und dem stehenden Speer. Ka-aper trieb die Armee mit barschen Befehlen voran. Er hoffte, vor dem Zusammentreffen mit den Hyksos seine Männer noch einmal rasten lassen zu können. Aber es kam anders.

Als sie Kadesch erblickten, blieb ihnen der Jubel im Hals stecken. Von der Stadt her kam ihnen das Heer der Hyksos bereits in Schlachtordnung entgegen. Als die Sonne am höchsten stand, sahen sie sich einer schier unendlichen Zahl von Kriegern gegenüber. Schon auf den ersten Blick erkannte Ka-aper, dass er es mit der dreifachen Zahl an Streitwagen zu tun hatte. Da ein schneller Rückzug unmöglich war und der Ehre und dem Befehl des Pharao zuwiderlief, gab er die Anweisung, eine Schlachtenreihe zu bilden. Energische Befehle prasselten auf die Kompanieführer ein. Ka-aper übernahm mit seinen Streitwagen die rechte Flanke und hoffte, dass die Mitte des Heeres standhielt, er die Hyksos umgehen und in ihren Rücken stoßen konnte, hatte sich diese Taktik doch schon in vielen Schlachten bewährt.

Kaum hatten sich die Ägypter formiert, da stürmten die Hyksos auf sie zu. Begleitet von einer Wolke aus Pfeilen kamen sie heran und fuhren wie Schnitter in die Reihen der Ägypter. Ein Crescendo von wehen Lauten stieg zum Himmel, die von Schmerz und Tod erzählten: Das Wiehern der Pferde, die Todesschreie der Soldaten, der eherne Klang von Metall gegen Metall. Die Wucht des Angriffs löste die erste Reihe der Ägypter auf. Thotmes kämpfte mit dem Mut, den er beim Kampf gegen den Löwen gezeigt hatte, wehrte die Speere mit dem Schild ab und stellte sich gegen die Kampfwagen, zerschnitt den Pferden die Sehnen und tötete die Wagenlenker, wie Ka-aper es ihn gelehrt hatte. Schon bald wäre er verwundet oder zumindest gefangen genommen worden, wenn ihm nicht immer wieder Eumenes zur Hilfe gekommen wäre.

Er hatte Eumenes gleich nach dem Löwenkampf zu seinem Adjutanten erwählt und für das Kriegshandwerk schulen lassen, wobei sich dieser als gelehriger Schüler herausstellte. Er hatte sich zu einem Meister des Krummschwertes entwickelt und besiegte seine Gegner nicht nur durch Kraft, sondern durch Geschmeidigkeit und ein gutes Auge, das ihm die schwachen Seiten des Kontrahenten verriet.

Doch kam der linke Flügel, wie es vorgesehen war, in der Umfassung der Hyksos nicht voran, zu dicht waren die Reihen des Feindes. Nun griff Ka-aper mit seinen Streitwagen auf der rechten Flanke an, um die Mitte zu entlasten. Aber auch diese Umfassung misslang, denn die Hyksos warfen ihm ihre Reserve entgegen und allein diese war genauso groß wie die Streitwagenkompanien der Ägypter. Es kam zu einem furchtbaren Aufprall. Ross stieß gegen Ross, Speere fielen wie Hagel auf die Wagenlenker. Nun durchbrachen die Streitwagen der Hyksos obendrein die Schlachtreihen der Ägypter in der Mitte. Das Heer drohte auseinanderzubrechen. Ka-aper erkannte, dass die Schlacht verlorenging. Um nicht vollständig vernichtet zu werden, gab er den Befehl zum Rückzug. In panischer Hast wurden die Wagen gewendet und jagten nun auf die eigenen, sich bereits auflösenden Reihen zu. Haremhabs Bogenschützen warfen ihre Waffen fort und liefen voller Panik schreiend davon. Thotmes versuchte mit seinen Speerträgern die Reihe zu halten. Als er merkte, dass die Streitwagen seine Männer bereits seitlich zu überholen drohten, befahl er einen Igel zu bilden. Nun stellten sich auch andere Kompanien unter sein Kommando. Er ließ die Speere nicht mehr werfen, sondern befahl sie in den Boden zu rammen und diese wurden zu einem stachligen tödlichen Wall, in den die Pferde der Hyksos hineinliefen. Die Streitwagen stürzten um und die Wagenlenker und Speerwerfer wurden von Thotmes und seinen Männern getötet. Blutbespritzt, als wäre er die Inkarnation der Sachmet, feuerte er seine Männer an. Wieder und wieder zerschellten die Schlachtwagen an der unüberwindlichen Phalanx der von ihm befehligten Kompanien. Je länger der Kampf dauerte, umso mehr Streitwagen türmten sich um den Kreis. Über den Verlauf der Schlacht hatte Thotmes schon längst den Überblick verloren. Er wusste nur, dass die Schlacht ein Fiasko zu werden drohte.

Das Vorbild, das Thotmes gab, wurde auch von den Flüchtigen bemerkt. Sie fassten Mut, formierten sich neu und rückten wieder vor und stießen zu Thotmes’ Kompanien. Selbst jene, die sich weit vom Schlachtfeld in Sicherheit gebracht hatten, kehrten zurück.

Die Hyksos hatten viele Streitwagen verloren. Die Wucht ihrer Angriffe war verpufft. Sie erkannten, dass ihnen der Sieg entglitten war und sie nur noch ein Remis erzielen konnten und zogen sich geordnet zurück. Das Heer der Ägypter war jedoch so dezimiert, dass Ka-aper von einer Verfolgung absah. Stattdessen befahl er ein Lager auf einer Anhöhe gegenüber Kadesch zu errichten, die Verwundeten zu versorgen, die erbeuteten Streitwagen der Hyksos instandzusetzen und die Pferde einzufangen. Nach der Schlacht, am Abend, als die Sonne in eine kühlende Nacht versank, bat er alle seine Offiziere und auch die Prinzen zu sich.

»Sachmet und der Mut und die Umsicht von Prinz Thotmes haben uns vor der völligen Vernichtung bewahrt. Was wie ein Remis aussieht, muss man als Niederlage bezeichnen. Wir haben die Hälfte unserer Krieger verloren. Die Hyksos sind trotz ihrer Verluste immer noch in großer Zahl hinter den hohen Mauern von Kadesch. An einen Angriff auf die Stadt ist nicht zu denken. Hoffen wir, dass die Hyksos morgen nicht erneut angreifen, sondern genug damit zu tun haben, ihre Wunden zu lecken. Sie werden auf frische Kräfte warten, so dass wir abziehen können.«

»Abziehen? Niemals!«, rief Haremhab hitzig. »Wir sind Krieger der Sachmet.«

»Darf ich dich daran erinnern, dass deine Truppe Fersengeld gegeben hat«, sagte Amenhotep maliziös lächelnd.

»Ich musste nur weichen, weil mich meine Bogenschützen im Stich gelassen hatten«, entschuldigte sich Haremhab mit hochrotem Kopf. »Wenn ich eine Speerkompanie wie Thotmes angeführt hätte, wären die Hyksos auch an meinem Widerstand müde geworden.«

»Schon gut, Haremhab«, sagte Amenhotep beschwichtigend. »Wir wissen, was für ein gewaltiger, mutiger Krieger du bist. Aber Tatsache bleibt, dass Prinz Thotmes verhindert hat, dass es eine totale Niederlage wurde.«

»Ich werde beim Sturm auf Kadesch beweisen, dass ich Thotmes an Mut nicht nachstehe!«

»Schon gut, Haremhab. Hör auf, dich zu entschuldigen«, rüffelte ihn Ka-aper. »Wir haben zwei Optionen. Wir ziehen ab und hoffen, dass uns die Hyksos auf dem Rückzug in Ruhe lassen. Oder aber, wir verschanzen uns und warten unsererseits auch auf Verstärkung.«

Nun erhob sich Eje und blickte ängstlich wie ein Hase um sich.

»Was höre ich? Verschanzen? Will denn keiner von euch der Tatsache ins Auge sehen, dass wir zu viele Männer verloren haben und der völligen Vernichtung nur knapp entgangen sind? Die Hyksos sind näher an ihren Stammlanden. Ehe neue Truppen bei uns eintreffen, werden sie uns längst vernichtet haben. Wir sollten in Eilmärschen zurück ins Delta marschieren und dort frische Kräfte rekrutieren. Wenn der Pharao es für richtig hält, können wir dann wieder gegen die Hyksos ziehen.«

»Wir sollten, wie der Befehl lautete, die Hyksos aus den Grenzländern vertreiben«, widersprach Haremhab heftig.

»Wir wären beinahe alle tot oder in Gefangenschaft geraten!«, entgegnete Eje erregt, der immer noch weiß im Gesicht war und sich von den Schrecken der Schlacht noch nicht erholt hatte.

»Auf dem Schlachtfeld zu sterben ist die Pflicht des Soldaten!«, rief Haremhab und warf stolz den Kopf in den Nacken.

»Rede keinen Unsinn!«, wies ihn Ka-aper zurecht.

»Die Hyksos haben das Schlachtfeld verlassen, also haben wir gesiegt«, interpretierte Eje mit listigem Lächeln nun den Ausgang der Schlacht. »Dies sollten wir nach Theben melden. Wir behaupteten das Schlachtfeld. Wir sollten uns damit begnügen und schleunigst abziehen. Im Übrigen kann ich auch nicht mehr die Verantwortung für den Prinzenhof übernehmen, wenn wir hier noch ausharren. Der General sagte doch selbst, dass er mit den verbliebenen Truppen nicht weiter angreifen kann. Also, was wollen wir dann noch hier? Wir werden beim nächsten Feldzug die Westländer zurückgewinnen. Was wichtig ist: Prinz Amenhotep kommt mit einem Sieg aus dem Westen zurück.«

Eje freute sich eine Lösung gefunden zu haben, die alle ohne Gesichtsverlust heimkehren ließ. Alle sahen auf Ka-aper, der wie ein Löwe im Zelt hin und her ging. Plötzlich blieb er stehen und rieb sich das Gesicht.

»Wenn nicht die Prinzen dabei wären, würde ich das Lager befestigen und auf Verstärkung warten. Aber dies kann viele Tage und Wochen dauern. Die Anwesenheit des Thronfolgers verbietet ein so hohes Risiko. Der ehrenwerte Haushofmeister Eje hat recht. Wir werden morgen in der Frühe, noch bevor die Sonne am Himmel erscheint, abziehen. Es fällt mir schwer, aber es ist in dieser Situation die einzig richtige Entscheidung.«

»Es gefällt mir nicht«, widersprach Amenhotep.

Alle sahen sich erstaunt an, denn der Thronfolger galt als friedfertig und dem Kriegshandwerk nicht gerade zugetan.

»Die Wahrheit lässt sich doch nicht verbergen. Es darf nicht heißen, dass aus Rücksicht auf die Prinzen der Feldzug abgebrochen wurde. Es würde mir kein Ruhm daraus erwachsen.«

Semenchkare, Cheruf und Eje machten lange Gesichter.

»Lasst mich erkunden, wie stark die Hyksos noch sind«, schlug Thotmes vor.

Alle sahen ihn erstaunt an.

»Du bist auch ein Sohn des Pharao, ein Prinz«, wehrte Eje ab.

»Thotmes will sich nur wieder aufspielen!«, höhnte Haremhab.

»Du traust dir das zu?«, überging Ka-aper die Einwände und nahm seinen Löwengang wieder auf. »Wenn es Sinn haben soll, muss es sofort geschehen.«

»Ich mache mich sofort auf und schleiche mich in die Stadt. Noch bevor die Hähne krähen, muss ich in Kadesch sein.«

»Das ist gefährlich«, warnte Amenhotep besorgt. »Thotmes ist mutig und Sachmet wird in ihm ihren Sohn sehen, aber es bleibt dennoch eine Versuchung gegenüber den anderen Göttern.«

»Ich weiß nicht, ob Amun-Re dies segnen wird«, pflichtete Eje bei.

»Typisch Thotmes. Immer wieder muss er uns zeigen, dass er anders ist als wir. Für wen hältst du dich eigentlich?« erregte sich Semenchkare.

»Er hält sich wohl für einen Gott«, spottete Cheruf.

»Wir würden dann wissen, ob es sich lohnt auszuharren«, murmelte Ka-aper mehr zu sich selbst. »Du willst es tatsächlich wagen?«

Thotmes nickte. »Ich nehme nur meinen Adjutanten Eumenes mit.«

»Wenn er geht, gehe ich auch mit«, warf Haremhab eifrig ein.

»Nein, du bleibst«, entschied Ka-aper. »Eine größere Anzahl ist zu auffällig. Wir warten bis zum Morgengrauen des dritten Tages. Wenn du dann nicht zurück bist, geben wir dich verloren und … ziehen ab.«

Nachdem dies entschieden war, strömten alle aus dem Zelt des Befehlshabers. Amenhotep umarmte Thotmes.

»Aton sei mit dir, mein Bruder.«

Thotmes wusste erst gar nicht, welcher Gott mit ihm sein sollte. Später erfuhr er, dass im Delta die Sonne als lebensspendende Gottheit verehrt wurde. Eine lokale Gottheit, mit einem kleinen unbedeutenden Tempel. So hörte er zum ersten Mal durch Amenhotep von dem Gott, der dem Prinzen später so wichtig sein würde.

Zu ihrem Zelt zurückgekehrt, zogen sie sich Kleider einfacher Hirten an. Sie versicherten sich, dass sie darin sehr unbedeutend aussahen.

Da der Mond eine volle Scheibe zeigte, kamen sie gut voran. Eumenes ließ seinem Unmut freien Lauf.

»Da hast du dir ja was Schönes ausgedacht!« schimpfte er. »Haben wir nicht genug Heldenmut bewiesen, müssen wir nun auch noch der Gefahr entgegenkriechen?«

»Bete zu deinen griechischen Göttern. Wir können jede Hilfe gebrauchen. Und im Übrigen hast du dich freiwillig gemeldet.«

»Habe ich nicht. Aber ich konnte dich doch nicht …«

»Nein. Konntest du nicht«, bestätigte Thotmes.

»Und du wusstest das.«

»Ja, das wusste ich.«

Endlich tauchten die Mauern von Kadesch auf. Mächtig und scheinbar unbezwingbar lagen sie im Mondlicht.

»Die Mauern werden sicher bewacht«, mutmaßte Eumenes.

»Was dachtest du denn?«, erwiderte Thotmes lapidar.

»Nur Affen kommen da hoch«, maulte Eumenes.

»Du sagst es! Verwandeln wir uns in Affen.«

Sie schlichen sich geduckt an die Mauern heran, immer darauf gefasst, dass ein Ruf von der Mauer sie stoppen könnte. Thotmes betete zur katzenköpfigen Bastet. Ihre Hilfe brauchten sie jetzt. Sie begannen mit dem Aufstieg. Die Mauern waren aus groben Steinen, die Ecken und Kanten hatten und an denen sie sich hochziehen konnten. Schon bald konnten sie über die Zinnen sehen. Die Wachen, die nur als Schatten sichtbar waren, standen gegen die Mauern gelehnt und dösten.

Eumenes sah Thotmes fragend an.

»Wir wagen es.«

Sie überstiegen die Mauern. Den Atem anhaltend, sahen sie zu den Wachen. Aber diese rührten sich nicht.

»Weiter!«, befahl Thotmes.

Vorsichtig schlichen sie den Wehrgang entlang zur Treppe. Unten angekommen, sahen sie mit klopfendem Herzen um sich. Niemand schien sie bemerkt zu haben. Die Stadt lag völlig im Dunkeln.

»Wir müssen warten, bis es hell wird. Suchen wir uns einen Platz, wo wir den Morgen abwarten können.«

Sie fanden in der Nähe des Marktplatzes einen Verschlag, der tagsüber wohl eine Braterei war, denn es roch nach geröstetem Fleisch. Sie legten sich auf den Boden. Doch vor Aufregung vermochten sie nicht zu schlafen. Als sie draußen Stimmen hörten, das Wiehern von Pferden und das Poltern von Karren, verließen sie das Versteck. Die Marktstände öffneten gerade. Es war viel fremdes Volk in der Stadt. Die Hyksoskrieger bildeten natürlich die Mehrheit, aber es waren auch die kühnen Gesichter der Hethiter zu sehen sowie Angehörige der Wüstenvölker mit wettergegerbter Haut, hochgewachsene Philister und Phönizier mit ihren bunten Mützen, aber auch Wüstenhabiru, an ihren langen Mänteln unschwer zu erkennen.

Sie wandten sich den Ställen zu und mussten erkennen, dass hier noch genug Pferde und Streitwagen standen, um das dezimierte Heer der Ägypter hinwegzufegen. Auch schienen die Lagerhäuser gut gefüllt mit Korn und anderen Feldfrüchten. Es hätte einer langen Belagerung bedurft, um die Stadt auszuhungern. Die stolzen Gesichter der Hyksos ließen nicht darauf schließen, dass sie darüber trauerten, die Schlacht abgebrochen zu haben. Die Feldzeichen auf dem Marktplatz mit dem Gesicht ihres Wüstengottes Haddad und den daneben im Wind flatternden Wolfsschwänzen vermittelten ihre ungebrochene Kampfeslust.

Thotmes gewahrte einen Händler, der von seinem Gemüsestand zu ihnen herübersah. Sein nachdenkliches Gesicht verriet, dass ihn irgendetwas beschäftigte. Von dem neben ihm liegenden Fleischstand lief jemand eilig hinüber zum Stadtpalast, der sich aus zyklopenhaft großen Steinen in den Himmel schraubte. Um den Händler von ihrer Harmlosigkeit zu überzeugen, gingen sie zu ihm und kauften mit akkadischen Kupferreifen einige Äpfel.

»Kommt ihr aus Kanaan?«, fragte der Händler auf Aramäisch.

»Wir sind wandernde Habiru, Hirten.«

»Ihr seid vom Volk des Gottes Abrahams, Isaaks und Jakobs«, freute er sich. »Ich habe euch noch nie gesehen.«

»Wir sind erst seit Kurzem in der Stadt. Der Krieg gegen die Ägypter hat verhindert, dass wir zu unserem Stamm zurückkehren konnten.«

»Von welchem Stamm seid ihr?«

»Vom Stamme Levi.«

»Ich bin vom Stamm Benjamin, dem kleinsten unter den Stämmen der Habiru. Lasst euch sagen, dass Fremden hier Misstrauen entgegengebracht wird. Neben mir, Chataf, ein schmutziger Philister, hat euch beobachtet und ist bereits in das Haus des Fürsten gelaufen. Ihr solltet hier schleunigst verschwinden, wenn ihr nicht das seid, was ihr vorgebt zu sein. Die Befragungen sind hier sehr unangenehm.«

»Ich danke dir, Bruder«, sagte Thotmes schlicht und schlug mit Eumenes den Weg zum Osttor ein, um dort zu prüfen, ob man die Stadt ohne Schwierigkeiten verlassen konnte. Noch bevor sie das Tor erreicht hatten, wurden sie von Speerträgern umringt. Da sie nur mit Messern bewaffnet waren, erübrigte sich jeder Widerstand. Die bronzenen Messer machten die Speerträger nur noch miss­trauischer, da sie ägyptische Schriftzeichen aufwiesen.

»Woher habt ihr das? Habt ihr auf dem Schlachtfeld gefleddert? Wer seid ihr?«, fauchte der Anführer, der in seinem Eisenkleid besonders martialisch aussah. Sein Brustpanzer bestand aus kleinen, miteinander verbundenen Eisenplatten, die ihn vor Pfeilen und Speerwurf schützen sollten.

»Wir sind Habiru vom Stamm der Levi.«

Der Händler Chataf tauchte hinter ihnen auf und kreischte: »Ich habe beobachtet, wie sie um die Stallungen herumgeschlichen sind. Das sind Kundschafter der Ägypter!«

Sie wurden in den Stadtpalast geführt und in einem Saal mit riesigen, dicken Säulen vor einem thronartigen Sessel zu Boden geworfen. Ein breitschultriger Mann mit einem mächtigen schwarzen Bart und Augenbrauen wie Adlerschwingen musterte sie finster. Auch er trug ein Eisenkleid. Allerdings waren die Eisenplatten silbern gefasst und klirrten bei jeder Bewegung. Thotmes hatte bereits davon gehört, dass man in den Tiefen der barbarischen Länder darum wusste, wie man Erz zu einer Legierung verschmolz, die sich schmieden ließ und Eisen genannt wurde und noch widerstandsfähiger und härter als Bronze war. Der Pharao selbst besaß so einen Brustpanzer aus diesem Metall, ein Geschenk des hethitischen Fürsten.

»Wer seid ihr?«, brummte Fürst Aschar-Ur übel gelaunt über die morgendliche Störung, hatte er doch am Vorabend reichlich seinen Sieg über die Ägypter gefeiert. Natürlich war es ein Sieg. Hyksos siegten immer. Man hatte von den Ägyptern nur abgelassen, um nicht gleich am ersten Tag den Spaß zu beenden, wie er verkünden ließ.

»Wir sind Habiru aus dem Hause Levi«, versicherte Thotmes erneut. »Wir kamen in einen Sandsturm und haben dabei unsere Leute verloren und waren froh, als wir den Weg nach Kadesch fanden. Wegen der Kämpfe hatten wir keine andere Möglichkeit, als in Kadesch Schutz zu suchen.«

»Woher habt ihr die Dolche?«, fragte der Fürst und hielt die Waffen hoch, die man ihnen abgenommen hatte. »Ich sehe ägyptische Zeichen am Dolchgriff.«

»Wir haben sie auf dem Weg zur Stadt gefunden. Unzählige weggeworfene Waffen der feigen Ägypter liegen vor Kadesch«, log Thotmes dreist.

»Mir kommen sie verdächtig vor«, rief ein kahlgeschorener Mann in einem blauen, mit Monden bestickten Umhang dem Fürsten zu.

»Werft sie erst einmal in den Turm der Wehklagen«, brummte Aschar-Ur verärgert darüber, dass er sich am frühen Morgen mit einer solchen Nichtigkeit beschäftigen musste.

Sie wurden zu einem Turm gebracht, viele Treppen hinuntergeführt und in ein Verlies gestoßen, das den Namen ›Ort der Wehklagen‹ zu Recht trug. Ehe die Speerträger hinausgingen, übten sie sich noch in ihrer Lieblingsbeschäftigung und droschen mit ihren Speeren auf die Gefangenen ein. Sie hatten großen Spaß daran und es gab viel Gelächter, ehe sie sich ausgetobt hatten.

»Es war wohl doch nicht so eine gute Idee nach Kadesch zu gehen, großer Prinz«, jammerte Eumenes. Sein Gesicht war blutverschmiert. Er hielt seinen Körper umschlungen, als befürchte er auseinanderzubrechen. Auch Thotmes sah nicht besser aus. Am Kinn hatte er einen Schmiss, der ihn wohl auf ewig an den Kadesch­besuch erinnern würde.

»Schweig, Sohn einer Eselin!«, brummte Thotmes unwillig und überlegte fieberhaft, wie sie sich aus dieser Lage befreien konnten.

»Selber Esel!«, keifte Eumenes zurück. »Und was machen wir nun?«

Einstweilen fiel Thotmes auch nichts Vernünftiges ein. Am Abend wurden sie wieder zum Fürst Aschar-Ur gebracht, der mit seinen Hauptleuten an einem langen Tisch saß und sich mit den Gefangenen einen Spaß erlauben wollte. Sie wurden vor dem Fürsten zu Boden geworfen.

»Der Priester der Baal-Zaphon glaubt euch kein Wort. Also, wer seid ihr?«

»Wir haben dir die Wahrheit gesagt«, beteuerte Thotmes. »Wir sind Habiru und Hirten auf dem Weg zu besseren Weiden.«

»Die Antwort gefällt dem Priester der Baal-Zaphon nicht! Überzeugen wir die beiden davon, dass die Wahrheit der Nektar der Baal-Zaphon ist.«

Aschar-Ur winkte einem grobschlächtigen Riesen zu, der am Eingang Wache gestanden hatte. Breitbeinig wogte er heran, zog eine Peitsche aus dem Gürtel und schlug auf ihre Rücken ein.

»Mehr! Mehr und noch mehr!«, skandierte die Festgesellschaft.

Eumenes schrie, als würde ihm die Haut abgezogen. Thotmes dagegen gab keinen Ton von sich. Die Hauptleute an der Tafel steckten die Köpfe zusammen und stießen anerkennende Schnalzlaute aus. Hyksos versagten tapferen Feinden nicht die Anerkennung. Aschar-Ur kraulte sich den Bart und hob die Hand, so dass sein Scherge aufhörte zu schlagen.

»Wer bist du, Fremder? Sprich endlich, sonst schlägt dich das Nilpferd hier tot.«

»Ich bin Thotmes aus dem Hause Levi. Mein Gott, der Herr Abrahams, Isaaks und Jakobs wird dich strafen, dass du seinem Sohn so Schändliches antust.«

»Was erlaubst du dir, Steißgeburt einer Hure? Schlag ihn tot!«

Der Riese holte aus, um in seiner Arbeit fortzufahren. Da drehte sich Thotmes zu seinem Peiniger um und der Riese erschrak.

»Thotmes?«, rief er erstaunt, ließ die Peitsche sinken und starrte fassungslos seine Opfer an.

»Es stimmt. Die beiden sind Habiru. Ich kenne sie aus Gosen …«, erklärte er dem Fürsten. »… als ich dort Wächter war, bevor ich zu den siegreichen Hyksos stieß und dein Knecht wurde.«

»Na siehst du! Es sind harmlose Hirten«, wandte sich Aschar-Ur an den Priester, der ein Gesicht zog, als würde ihn ein Zahn schmerzen.

»Sie können trotzdem den Ägyptern als Spione dienen.«

»Der eine ist der Sohn eines Schmieds, der andere der eines schlitzohrigen, faulen Griechen, der sich als Wasserschöpfer die Zeit vertreibt«, erläuterte der Koloss.

Thotmes warf Raneb – denn es war tatsächlich der nubische Quälgeist seiner Kindheit – einen Blick zu, den dieser aus Gosen kannte. Er erinnerte sich an den brennenden Baum. Die Männer aus Kusch galten als treue, aber auch als furchtsame Diener der Götter.

»Denk daran: Ich bin, der ich bin und sein werde!«

»Was sagt er? Was bedeutet sein Gerede?«, herrschte Aschar-Ur den Riesen an.

»Es hat eine besondere Bewandtnis mit ihm«, erwiderte Raneb verlegen.

»Unfug! Ich zeige dir, was für eine Bewandtnis es mit ihm hat. Verabreiche den beiden noch einmal zwanzig Peitschenhiebe und dann werden sie beim nächsten Sklavenmarkt verkauft.«

Raneb machte ein trotziges Gesicht, aber als Aschar-Ur ihm einen warnenden Blick zuwarf, schlug er weiter auf die beiden ein, bis die Bewusstlosigkeit sie erlöste. Raneb winkte zwei Dienern zu, die die Bewusstlosen zurück in den Turm brachten.

Was hat es zu bedeuten, dass ich wieder auf Thotmes stoße?, fragte sich der Nubier und schüttelte seine Augen rollend furchtsam den Kopf. War dies ein Zeichen des Krokodilgottes? Er schlief schlecht in dieser Nacht, da tückisch leuchtende Krokodilaugen ihn anstarrten.

Als Eumenes und Thotmes am nächsten Morgen zu sich kamen, hörten sie das »Lu-lu-lu« der Weiber. Irgendetwas war geschehen, sonst würden die Frauen nicht so klagen.

Echnatons Bruder. Der Pharao und der Prophet

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