Читать книгу Echnatons Bruder. Der Pharao und der Prophet - Heinz-Joachim Simon - Страница 16

Das Land im Westen

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Eine Welt geht unter und eine neue tritt hervor. So war es jedes Mal, wenn ein Pharao den Weg in den Westen zu Osiris antrat, ins Reich der Toten. Es passierte nach der Nilschwemme. Der gute Pharao Amenophis III. hatte noch einmal für reichlich Wasser und Schlamm gesorgt, so dass eine gute Ernte vorauszusehen war. Eumenes weckte Thotmes eines morgens aufgeregt.

»Die Klageweiber sind zu hören! Es muss etwas passiert sein.«

Der Pharao lebte und herrschte schon so lange, dass man sich ein Leben ohne ihn gar nicht mehr vorstellen konnte. Daher befürchtete Thotmes, dass einem der Prinzen etwas passiert war und lief zu deren Gemächern. Er fand Amenhotep gramgebeugt im Gebet vor. Nofretete kniete neben ihm.

Amenhotep drehte sich zu Thotmes um und seufzte schwer.

»Der Löwe der Welt, der Büffel unter dem Himmel, unser Herr, der unter dem Schutz des Horus stand, ist von uns gegangen. Teje war eben bei mir und hat mir die furchtbare Nachricht gebracht. Wir werden siebzig Tage lang trauern und dann das Fest der Wiedergeburt feiern.«

Thotmes bedauerte zwar den Tod des Pharao, aber im Gegensatz zu Amenhotep konnte er keinen Schmerz fühlen. Er war dem großen Pharao dankbar gewesen, dass er ihn als Sohn anerkannt hatte, aber hatte nie tiefe Empfindungen für ihn gehabt. Er eilte zu seiner Mutter, um seine Sohnespflicht zu erfüllen. Entgegen seiner Vermutungen hielt sich ihre Trauer in Grenzen.

»Ich sehe dich nicht wehklagen, wie es im ganzen Palast zu hören ist.«

»Ach, er war alt, so lange ich denken kann. Als Kind habe ich ihn geliebt, oh ja. Doch später, als er mich zum Weibe nahm, nur noch gehasst. Das Beste daran war, dass er dich mir geschenkt hat. Ich habe ihm verziehen, als er dich, trotz meiner Torheit, als Prinz anerkannte. Aber wenn ich hätte wählen können, wäre ich lieber als Tochter eines Schreibers oder Haushofmeisters geboren. Denn eintönig ist das Leben als Nebenfrau des Pharao. Streng ist das Regime von Teje. Ein Leben, das in der Monotonie der Tage schal wird. Es blieb mir nur die Freude zu sehen, was aus dir wurde. Einen Helden habe ich geboren, das kann nicht einmal die Hauptfrau sagen. Von allen Prinzen bist du der herrlichste. Und es ist unrecht von den Göttern, dass der schwächliche Amenhotep Pharao wird und nicht du! Ein Schwächling und Schwärmer wird nun im Namen von Amun-Re, Horus und Osiris herrschen. Mir wird bang vor der Zukunft.«

Doch am Hof war sie mit dieser Meinung allein. Alle freuten sich auf die neue Zeit, auf einen neuen jungen Pharao. Zu lange schon hatte Amenophis III. gelebt und nun erwartete man, dass das Land wie nach einem Frühlingsregen neu erwachen würde. Viele konnten es gar nicht erwarten, dass der Alte, wie sie ihn nun nannten, die Reise ins Jenseits antrat, also im Haus des Lebens einbalsamiert wurde, um danach von Osiris empfangen zu werden. Amenhotep zeigte sich zwar sehr erschüttert vom Ableben des großen Alten, aber Thotmes gegenüber offenbarte er seine wahren Gedanken.

»Endlich kann ich das göttliche Gleichgewicht herstellen. Vater befand sich in den letzten Jahren doch sehr unter der Fuchtel des Unas. Nicht er, sondern der Hohepriester herrschte über Ober- und Unterägypten. Unas ärgert mich schon lange. Je älter und schwächer Vater wurde, desto mehr führte er sich auf, als würde er, der Diener Amuns, über dem Pharao stehen. Wenn ich erst die Weihen empfangen habe, weiß ich, was ich zu tun habe. Ich leide darunter, dass Vater tot ist, aber für das Reich ist es gut, dass er den Weg in den Westen angetreten hat.«

Nofretete legte den Kopf auf seine Schulter und pflichtete ihm bei.

»Du musst sofort zeigen, dass du herrschst und kein Priester, sei er auch Vorsteher des größten Tempels!« Doch sie war klug genug zu erkennen, wie mächtig Unas war. »Aber du musst vorsichtig vorgehen. Denn er ist immer noch der Mächtigste im Reich. Überall hat er seine Anhänger, auch der Wesir, der Kammerherr, der Vorsteher des Palastes sind seine Leute.«

»Klug gesprochen«, lobte Thotmes.

Ihr triumphierender Blick war beredt genug. Da siehst du, sagte er, der Pharao herrscht über Binse und Biene, aber ich herrsche über den Pharao.

»Unas hat von mir verlangt, dass ich meinen Vater auf dem Weg in den Westen begleite und anwesend bin, wenn die Vorbereitungen dafür getroffen werden. Aber ich kenne ihn nur zu gut. Es geht ihm darum, mich in den siebzig Tagen auf die Gefolgschaft zu Amun-Re einzuschwören. Ich werde scheinbar darauf eingehen. Doch sowie ich auf dem Thron sitze, werde ich die Regierung neu bilden, Wesir, Kammerherr und Vorsteher des Palastes austauschen und meine Vertrauten einsetzen.«

»Du solltest auch die Wachmänner neu bestimmen. Die Garde besteht aus lauter Paradesoldaten. Bestimme frische Männer aus Ka-apers Truppe«, schlug Thotmes vor.

»Gute Idee! Ich werde mit Ka-aper sprechen. Von Anfang an will ich den Priestern klarmachen, dass ich das Reich entlüften will. Ein frischer Wind soll durch die Provinzen ziehen! Deswegen werde ich dich als Vertreter der Familie ins Haus des Lebens schicken. Ich kann in der Zeit Tatsachen schaffen und bin nicht über zwei Monate von den Regierungsgeschäften abgeschnitten.«

»Schick doch Semenchkare«, schlug Thotmes vor, der über diese Eröffnung nicht gerade begeistert war.

Das Haus des Lebens, wie es von den Priestern genannt wurde, war der Ort des Übergangs zum ewigen Leben. Der Leichnam wurde hier zur Reise vor Osiris’ Gericht vorbereitet und einbalsamiert.

»Nein. Du bist mir mehr ein Bruder als Semenchkare. Außerdem bist du ein Krieger. Unas wird begreifen, dass ich ihm mit dir die Faust entgegenhalten könnte.«

Thotmes konnte sich dem Befehl nicht verweigern, also meldete er sich noch am nächsten Tag im Tempel des Amun. Prächtig waren die Säulen und mit geheimnisvollen Schriftzeichen bedeckt, die nur die Priester zu lesen verstanden. Es war normal, dass er im Vorhof warten musste, denn nur Priester durften in die heilige Halle. Aber dass man ihn so lange warten ließ, war eine Antwort auf Amenhoteps Entscheidung, nicht selbst ins Haus des Lebens einzuziehen. Schließlich kam Unas mit einer Priesterschar in die Vorhalle und musterte Thotmes missmutig, als würde er einen Wurm betrachten.

»Was willst du, Prinz Thotmes? Ich habe den zukünftigen Pharao erwartet«, tat er unwissend.

»Ich soll dich von ihm grüßen und in seinem Namen zwei weiße Stiere dem Amun opfern. Du würdest verstehen, so sprach der Herr über Ober- und Unterägypten, dass er sich jetzt auf seine Herrschaft vorbereiten muss. Ich werde an seiner Stelle seine Trauer zum Ausdruck bringen und das unvergängliche Königtum repräsentieren.«

»Ein Findelprinz!«, sagte Unas verächtlich.

»Der dir die Standarte der Hyksos überreichte und den du dafür gesegnet hast. Das Volk rühmt noch immer meine Taten.«

»Deine Worte sind mir wie das Rauschen der Palmblätter. Trotz deiner Verdienste bleibst du der geringste unter den Prinzen. Schätzt der zukünftige Pharao die Macht des Amun-Re so gering ein, dass er seinem Hohepriester nicht die nötige Achtung entgegenbringt?«

»Willst du die Entscheidung des Pharao missdeuten? Willst du gar mich beleidigen? Schätzt du den, der Amun-Re die Standarte der Hyksos übergeben hat, so gering ein, dass du mich nicht als Stellvertreter des Pharao akzeptieren willst?«

Unas trat erschrocken einen Schritt zurück. Thotmes hatte bei diesen Worten die Hand auf den Dolch gelegt. Unas quälte sich ein Lächeln ab. Er sah dabei nicht viel besser als eine Hyäne aus.

»Nein. Oh nein. Du verstehst das falsch. Ich hätte nur in den siebzig Tagen Amenhotep in die Mysterien des Amun einführen können. Aber natürlich bin ich gern bereit, dich als Stellvertreter zu akzeptieren, der so groß in der Gunst der Göttin Sachmet steht.«

»Ich wusste, dass du gern einwilligen würdest, denn du bist klug, Hohepriester!«

Unas verbeugte sich leicht.

»So klug wie du tapfer bist, Prinz Thotmes.«

»Dann will ich die Worte vom Findelprinzen nicht in meinem Herzen bewahren.«

»Nur die Enttäuschung ließ mich so sprechen. Ich entschuldige mich.«

Thotmes nickte so kühl, wie er es vermochte.

So kam es, dass Thotmes ein Gemach im Haus des Lebens bezog. Es sollte lange dauern, bis er den süßlich-faulen Geruch aus der Nase bekam. Er war dabei, als der Einbalsamierer in der Maske des Anubis die Zeremonie der Mundöffnung vollzog, indem er ein Messer aus Flintstein gegen den Leichnam hielt, so dass der Geist des Horus von ihm Besitz nehmen konnte. Dann wurde das Gehirn mit einem Opferhaken durch die Nasenlöcher entfernt. Die ganze obere Priesterschar sang ein Lied aus dem Totenbuch Amenophis III. Die inneren Organe wurden durch eine Öffnung im Unterleib entnommen. Nur das Herz blieb zurück. Der so entleerte Körper wurde sorgsam mit Palmzweigen ausgewaschen und mit Natron gefüllt. Danach legte man den Körper zum Trocknen aus. Allein dies dauerte fünfunddreißig Tage und in der Zeit versuchte Unas, Thotmes auf seine Seite zu ziehen.

Er erzählte ihm von den Urgöttern Schu und Tefnut, von dem Tod des Osiris, der durch seinen Bruder Seth ermordet und zerstückelt worden war und von Isis, die Osiris’ Leichnam wieder zusammenfügte und zum Leben erweckte. Damit einher ging die Schmeichelei, dass Amun ihn, Thotmes, dazu bestimmt habe, Schwert und Schild des Reiches zu sein. Der Pharao nenne ihn mit Recht seinen Herzbruder. Thotmes würde Amenhotep dabei helfen, segensreich zu herrschen und die göttliche Weisung zu befolgen. Wahrheit, Gerechtigkeit und Ordnung würden des Pharao Handeln bestimmen, damit sich die Maat erfülle, das kosmische Gleichgewicht, was natürlich voraussetzte, dass dem Gott Amun als Reichsgott die ständige Huldigung nicht versagt wurde.

All dies ließ Thotmes über sich ergehen und widersprach nicht, spielte die Rolle des gehorsamen Schülers und Unas glaubte, ihn mit dem Geschick und der Macht seiner Worte zu einem Werkzeug des Amun gemacht zu haben.

Nach fünfunddreißig Tagen wurde das Natron in der Körperhöhle des großen Amenophis durch Sägespäne ersetzt. Wieder unter Gesängen wurde der Körper mit Leinenbahnen umwickelt, zwischen die zahlreiche Amulette gelegt wurden. Leber, Lunge und Magen wurden in herrlich gestalteten Kanopen aufbewahrt, die großen Vasen glichen. Amenophis wurde in vierfach in­­einander verschachtelte Sarkophage gelegt, einer prächtiger als der andere. Im letzten lag der Leichnam, geschmückt mit einer Maske aus purem Gold. Der Pharao war damit gerüstet, in die Halle der Wahrheit einzutreten, in der Osiris den Vorsitz führte. Es erfolgte der Augenblick des ewigen Urteils, bei dem Herz und Lunge von Anubis auf die Waage gelegt wurden und gegen eine Feder der Göttin Maat bestehen mussten. Natürlich wog das Herz des Pharao nicht schwerer als die Feder, so dass es dem Pharao erspart blieb, den Dämonen zum Fraß vorgeworfen zu werden. Dies zeigten die Wände der Grabkammer in schönen ockergelben Farben.

Nach siebzig Tagen endete Thotmes’ Aufenthalt im Haus des Lebens. Der Sarkophag wurde in einer großen Prozession mit den Priestern aller Götter und dem neuen Pharao und Unas an der Spitze jenseits des Nils in ein zerklüftetes Tal gebracht, das man im Volksmund das ›Tal der Pharaonen‹ nannte. Die Menge begleitete den Toten bis zum Nil. An der Überfahrt auf die Westseite des Nils nahmen nur wenige Priester und die Familie teil, damit nicht bekannt wurde, wo der Pharao seine ewige Heimstatt fand. Dann erfolgte in der prächtig gestalteten Grabkammer, die mit Kanopen, vielen Gerätschaften und Amphoren mit Nahrung und Bier gefüllt war, die Abschiedszeremonie. Noch einmal hielt Unas feierlich den Ankhschlüssel – Zeichen des ewigen Lebens – über den Sarkophag und sprach die erlösenden Worte: »Der Pharao ist bei Osiris angekommen.«

Der Eingang zum Grab wurde nun mit Steinen verschlossen, in der Hoffnung, dass niemand den Pharao stören würde.

Erst jetzt erfolgte die offizielle Inthronisierung des Amenhotep im Tempel des Amun-Re und dabei waren nur der Gott und der bestätigende Hohepriester. Der Hofstaat und das Volk warteten im Tempelvorhof. Ein Schrei ging durch die Menge, als Unas mit ausgebreiteten Armen aus dem Tempel kam und der Menge zurief: »Wir haben einen neuen Pharao. Der Gott ist wiedergeboren.«

Amenhotep trat, umringt von den Prinzen und dem Hofstaat, seiner Mutter und Nofretete, in den Vorhof und die Begeisterung des Volkes kannte keine Grenzen. Ein neuer junger Pharao würde sie nun einer glückreichen Zeit entgegenführen. Nie wieder waren die Opfer für Amun-Re zahlreicher als an diesem Tag. Aber eine Neuerung brachte das Volk zum Staunen. Amenhotep ließ Nofretete an seine Seite treten und nahm ihre Hand. Nach einem erstaunten Schweigen jubelte man umso mehr, denn alle waren von ihrer hoheitsvollen Schönheit beeindruckt.

Unas und seine Priester waren zwar darüber befremdet, aber insgesamt doch zufrieden, denn auch der neue Pharao hatte Amun-Re Respekt gezollt. Amenhotep schien die Tradition zu respektieren und für die Maat einzutreten.

Am Abend versammelte Amenhotep die Prinzen und Freunde um sich. Es gab kein offizielles Bankett, sondern eine intime Runde der Menschen, denen er vertraute. Auch dies warf bei den Priestern beunruhigte Fragen auf. Doch Unas beruhigte sie: »Der Pharao muss sich erst an die heiligen Riten gewöhnen, die zur Wahrheit, Ordnung und Recht führen. Er ist nicht so leutselig wie unser guter Amenophis III., eher unsicher und schüchtern. Er wird schon bald auf unsere Ratschläge hören.«

Doch bereits an diesem Abend kündigte sich das an, was sich bald als die größte Revolution in der Geschichte des Landes herausstellen sollte. Vielleicht war es sogar die größte für viele Jahrtausende.

»Ich will nur noch Menschen um mich haben, die mir genehm sind! Mit mir beginnt eine neue Zeit«, sprach Amenhotep.

»Ob das klug ist, Unas nicht einzuladen?«‹, fragte Semenchkare und sah den Kopf wiegend in die Runde. Er bekam von Teje einen Rippenstoß, der ihn daran erinnerte, dass er zwar Amenhotep hatte kritisieren dürfen, aber nicht den Pharao, denn aus ihm sprach Osiris. Der Pharao hob ernst die Hand und die Gespräche verstummten.

»Unter den Strahlen der Sonne wird die Wahrheit sichtbar.«

Das Schweigen senkte sich schwer auf alle. Oh ja, man begriff, dass etwas Unerhörtes seinen Lauf nahm.

»Jawohl, Wahrheit! Meine Herrschaft wird den Menschen die Wahrheit bringen«, fuhr Amenhotep fort. »Ich werde zeigen, was ist und was nicht ist. Dafür muss ich einiges ändern. Ich habe in den letzten Tagen viele Gespräche geführt und meine Freunde geprüft und gewogen, wie es Osiris uns lehrt. Ich ernenne Aper El zum Wesir. Er ist mir ein vertrauensvoller Freund seit unseren Kindertagen. Leibarzt bleibt Pentu. Neuer Kammerherr wird Tutu. Zum Kommandanten meiner Leibwache ernenne ich Mahu, Haushofmeister wird Nianch Chnum. Die Prinzen werden meine Berater. Nofretete, meine Gemahlin, wird mit mir über das Land der Binse und Biene herrschen.«

Thotmes sah, wie sich Teje zusammenkrümmte und ihre Hand aufs Herz legte. Durch diese Ernennung würde Nofretete die erste Frau des Reiches sein. Die Enttäuschung war ihr anzusehen, hatte sie doch all die Jahre darum gekämpft, dass Amenophis III. Amenhotep trotz seiner kränklichen Konstitution als seinen Nachfolger anerkannte und nun stieß der Sohn sie ins zweite Glied zurück. Sie sprang auf und verließ die Runde.

Amenhotep tat so, als hätte er dies nicht bemerkt und sah zu Thotmes hinüber und sagte einen Ton schärfer: »Zu meinem Schatten ernenne ich Thotmes, der gleichzeitig Stellvertreter Ka-apers wird und damit meine Faust gegen die Fremdvölker. So habe ich gesprochen, so wird es geschehen!«

Auch diese Ernennung löste heftiges Gemurmel aus. Haremhab wollte aufspringen, aber sein Vater hielt ihn zurück. Auf eine Handbewegung des Pharao wurde es wieder still.

»Damit ihr begreift, dass eine Zeitenwende gekommen ist, erwarte ich euch alle morgen in der Früh, bevor die Sonne aus der Nacht tritt, im Garten des Palastes.«

Er erhob sich, ergriff Nofretetes Hand und sie verließen die Halle der Begegnung. Er ließ eine erstaunte Gefolgschaft zurück. Haremhab hatte sich immer noch nicht beruhigt.

»Warum erhebt er Thotmes zu solcher Höhe?«, klagte er seinem Vater gegenüber. »Ich hätte es verdient, dein Stellvertreter zu werden. Ich bin dein Sohn.«

»Du weißt, welche Rolle er in der Schlacht vor Kadesch gespielt hat. Und wer brachte uns die Standarte der Hyksos? Es ist nur recht, dass er Thotmes so ehrt.«

»Begreifst du nicht? Wenn er auch noch Amenhoteps Schatten ist, hat er ständigen Zugang zum Pharao. Damit sind wir ausgeschaltet. Thotmes wird sein Ohr besitzen. Dabei ist er doch nur ein Findelsohn. Wer weiß, wer sein wirklicher Vater ist.«

»So etwas solltest du nicht sagen!«, erwiderte Ka-aper entschieden und sah um sich. »So etwas solltest du nicht einmal denken! Es würde deine Seele verderben. Füge dich drein, dass Thomes diese Ehrungen verdient.«

Noch ehe die Sonne heraustrat, trafen sie sich im Garten, der Thotmes so vertraut war. Amenhotep erschien Hand in Hand mit Nofretete. Während der Pharao die Krone von Ober- und Unterägypten trug, saß auf ihrem Kopf eine Krone, die der Tradition des Südreiches entsprach, was wohl bedeuten sollte, dass sie sich dem Pharao gleich wähnte. Die Sonne trat nun langsam am Horizont heraus und Amenhotep sagte feierlich: »Lasst uns das Gesicht zur Sonne erheben und eine Weile der himmlischen Musik der Strahlen lauschen.«

Sein Hofstaat sah sich ratlos an, hatten sie doch angenommen, dass er sie nach einer kurzen Ansprache zum Tempel des Amun-Re führen würde, aber sie folgten dem Befehl und hielten ihre Gesichter der Sonne entgegen, schlossen die Augen und lauschten. Außer, dass die Vögel in den Oleanderbüschen zu lärmen begannen, hörten sie nichts. Nachdem der Pharao die Hände in die Höhe gestreckt, sich das Gesicht gewischt und verbeugt hatte, fuhr er fort: »Nianch Chnum, die Bankette, wo gesoffen und viel Vieh verspeist wird, sind mir ein Greuel. Ich will einen Hof der Einfachheit. Von nun an werden Feldfrüchte gereicht und Wein und Bier nur spärlich zur späten Stunde. Das Wasser unserer Quellen ist während der Mahlzeit köstlich und erfrischend genug. Alles vom Schwein ist unrein, dafür sind Karpfen, Meeräschen und Vögel erlaubt. Das Fleisch vom Feldhasen oder gar Wachteln nur an den Festen. Ich wünsche an meinem Hof keinen protzigen Schmuck. Nur die Ehrenketten des Amtes sind erlaubt. Ich will auf den Kleidern keine Goldfäden sehen. Auch das Hofzeremoniell wird meiner Göttlichkeit Rechnung tragen. Bevor man vor mein Antlitz tritt, soll man sich reinigen. Dafür wird am Eingang der Hallen ein Waschraum eingerichtet. Wer aus dem Volk eine Bitte hat, soll sich erst beim Wesir melden, der wird mit Nianch Chnum einen Termin ausmachen. Es wird eine Weile dauern, bis jedem von euch, jedem von meinem Volk klar ist, dass nun die Zeit der Wahrheit, Ordnung und des Rechts gekommen ist.«

So sprach der neue Pharao und so wurde es Gesetz. Natürlich gab es anfangs großes Wehklagen bei denen, die vom Hof entfernt wurden und ihre Pfründe verloren. Aber man nahm es hin, weil es nun einmal schon immer so war, dass neue Besen erst einmal auskehrten.

Bei Unas erschienen ein paar Sorgenfalten auf der Stirn, aber er glaubte immer noch, dass die Leidenschaft der Erneuerung sich schon bald abschleifen würde, brauchte doch selbst der Pharao die Gnade des großen Tempels des Amun-Re, der der mächtigste und schönste Ägyptens war. Wie sollte dieser dauernd kränkelnde Pharao der Macht und Zucht des Amun-Re widerstehen können? Nein, so ewig wie die Nilschwemme war auch die Ordnung der Maat und die des Tempels.

Die Veränderung wurde vom Volk erst gar nicht bemerkt. Die Nilschwemme nach der Thronbesteigung war reich und fruchtbringend. An den Grenzen Ägyptens blieb es ruhig. Die Könige von Assyrien, Byblos und Babylonien schrieben artige Willkommens- und Segenswünsche. Die Heuschrecken aus den Tiefen Afrikas blieben aus. Die Kornkammern Ägyptens wurden so voll wie in den sagenhaften Zeiten der Pharaonen, die einst die Pyramiden gebaut hatten. Das Volk ehrte den Pharao in den Tempeln der Götter.

In Heliopolis ließ Amenhotep den Atontempel seines Vaters restaurieren. Aber es wurde jetzt auch der neue Atontempel in der Mitte Thebens vollendet, der so gewaltig war, dass es Unas den Schweiß auf die Stirn trieb. Als er hörte, dass an einem öden Platz nach Memphis hin am Nil eine neue Stadt gebaut wurde, beunruhigte ihn dies zunächst nicht. Noch jeder Herrscher hatte während seiner Regierungszeit großartige Bauten in Auftrag gegeben. Es schien alles in den alten Bahnen abzulaufen, als der Pharao in der Halle der Uräusschlange die Repräsentanten des Reiches empfing und sich ihnen als Inkarnation des Osiris im Schutz des Horus offenbarte. Zumal er unter dem Jubel des Volkes zur ersten Opferung im Tempel des Amun-Re viele weiße Stiere opfern ließ und damit der Tradition entsprechend Amun als Reichsgott anerkannte.

Amenhotep verkehrte mit den Prinzen, ohne die Ergebenheitsgesten des Niederwerfens zu fordern, und behandelte sie fast so kameradschaftlich wie vorher. Nur eines nervte alle: Nofretete war jetzt immer dabei, wenn sich die Prinzen und die engsten Berater trafen, und gab zu allem ungebetene Kommentare ab. Sie entlastete den Pharao, der gern Entscheidungen vor sich herschob, durch kluge Ratschläge. Sie hörte auf die Beschwerden des Volkes und brachte den Pharao dazu, Missstände abzustellen. Selbst kurz vor der Niederkunft nahm sie noch an den Ratssitzungen teil.

Thotmes fuhr vormittags stets in die Kaserne und übte sich im Speer- und Schwertkampf oder vollendete in der Wüste seine Fähigkeiten beim Kampf vom Streitwagen, wobei Raneb als Fahrer fungierte. Wenn er dann am späten Nachmittag mit Ka-aper und Haremhab beim Bier zusammensaß, erzählte der alte General von früheren Feldzügen und welchen Ruhm er damals errungen hatte. Dass er sich dabei wiederholte, störte Thotmes nicht. Er wusste, dass dieses Wissen ihm eines Tages nützen würde.

»Mir fehlt der Krieg«, gestand Ka-aper. »Doch leider tut sich zur Zeit nichts an den Grenzen. Selbst die Hyksos, die Kanaaniter und Amoriter haben keine Lust uns zu reizen. Es ist ein langweiliges Leben. Ich werde fett wie ein Ochse und meine Krieger, obwohl ich sie jeden Tag scheuche, bekommen Schmerbäuche. Nur in Gosen, bei den Habiru, hat es vor der letzten Nilschwemme einen kleinen Aufruhr gegeben.«

Thotmes fuhr hoch. »Warum habe ich nichts davon gehört?«

»Ach, es war keine große Sache. Der dortige Gouverneur hat das gleich in den Griff bekommen. Ich brauchte nicht mal Krieger hinzuschicken.«

Thotmes dachte an Amram und Jochebed und fragte sich, wie es den beiden wohl ergangen sein mochte. Die Ungewissheit war ihm wie ein Stein in der Sandale.

Er ging zum Pharao, den er dabei antraf, dass er mit seiner kleinen Tochter spielte.

»Bruder, was sagst du zu unserer Tochter? Wird sie nicht eine Schönheit?«, fragte Amenhotep und wiegte das Kind liebevoll in seinen Armen.

»Bei der Mutter kann es nur eine Schönheit werden!«, erwiderte Thotmes artig.

Der Pharao legte seiner Frau das Kind in den Schoß und umfasste Thotmes’ Schultern.

»Geht es dir gut? Ich höre, dass du immer noch fleißig mit dem Streitwagen übst und das beste Gespann Ägyptens fährst. Ka-aper berichtete mir, dass niemand den Speer vom fahrenden Wagen so gewaltig und treffsicher wirft wie du. Den Göttern sei Dank brauchen wir diese Fertigkeiten im Augenblick nicht. Aber ich weiß auch …« Er stockte, zog Thotmes am Ohrläppchen und fuhr fort: »Ich weiß, dass Nefertari dich mit dem Fleisch von Antilopen und Rindern versorgt. Und … ich kann mich nur schütteln … sie soll dich auch mit Schweinefleisch versorgen.«

Er lachte über Thotmes’ verdutztes Gesicht. Thotmes stimmte unsicher in sein Lachen ein. Woher wusste der Pharao, dass er gegen die Speisegebote des Palastes verstieß? »Nun ja, ein Krieger braucht kraftvolle Nahrung.«

»Es soll unser kleines Geheimnis bleiben. Hast du einen Wunsch?«, fragte der Pharao hellsichtig.

Thotmes erzählte ihm, was er von Ka-aper erfahren hatte und dass er sich um das Wohlergehen der Alten sorgte.

»Ach, die Geschichte in Gosen. Aper El hat mir davon berichtet. Es gab ein paar Zusammenrottungen. Die Speerträger des Gouverneurs haben die Sache schnell bereinigt. Inherhab ist ein strenger Fürst. Die Habiru wollten mal wieder bessere Entlohnung, mehr Getreide, Ziegen und Schafe. Sie sollen in letzter Zeit sehr renitent sein.«

»Sie schuften für die Größe des Pharao. Du weißt, ich habe einige Jahre unter ihnen gelebt und mich dauert ihr Leiden. Die Fron ist für die Menschen hart. Du kannst ihr Leben verbessern, indem du ihnen mehr Getreide zuteilen lässt.«

»Die Habiru sind doch nur Auswurf, fremdes Wüstenpack, dumm und elend.«

»Immerhin haben sie für Thotmes keine schlechten Eltern abgegeben, als Nefertari, die dumme Kuh, ihn weggegeben hat«, mischte sich Nofretete ein, während sie ihren Säugling stillte.

»Wegen zweier guter Menschen soll ich Inherhab befehlen, mit den elenden Habiru milde zu verfahren?«

»Ach, deinem Königtum schadet Milde nicht und Thotmes wird dann vielleicht nicht mehr mit einem so grimmigen Gesicht herumlaufen, wie er es sich in letzter Zeit angewöhnt hat.«

»Ja, das ist mir auch aufgefallen. Er ist nun mal ein Krieger und langweilt sich in diesen Zeiten. Nun gut, ich werde Anweisungen an Aper El geben, dass man die Habiru wie meine Schoßkinder behandelt. Doch nun etwas anderes.« Er schwieg, verzog schmerzlich das Gesicht und fuhr fort: »Man hat mir zugetragen, dass ein Anschlag auf mich geplant wird. Man will mich zu Osiris schicken!«

»Was? Ein Attentat auf deine Göttlichkeit? Woher weißt du das?«

»Mahu, der Befehlshaber meiner Leibwache, und Tutu, der Kammerherr, haben Kundschafter überall in Ägypten, die mir über Stimmungen und Meinungen berichten. Wir wissen, was auf dem Markt gesprochen wird, kennen die Ansichten der Priester, seien es die des Amun, Ptah, der Sachmet oder der Hathor. Kurz: Wir haben mit den geheimen Ohrträgern ständig Kenntnis darüber, was die Menschen im Reich denken.«

Um sein Erstaunen und Erschrecken zu überspielen, legte Thotmes scheinbar erschüttert die Hand vor das Gesicht.

»Und wer sind die Verworfenen, die nach deinem heiligen Leben trachten?«

»Das wissen wir nicht genau. Nur dass etwas geplant ist. Es können nur Unzufriedene sein, die ich entlassen habe. Finde es heraus und schicke sie zum Sobek. Mögen die Krokodile gute Zeiten haben.«

»Es würde mich nicht wundern, wenn darunter Priester des Amun sind«, warf Nofretete ein. »Deren Einfluss versuchen wir ja ganz vorsichtig zurückzudrängen. Auch Unas soll sich einmal, zwar sehr allgemein, über Pharaonen geäußert haben, die am Anfang noch eine Menge lernen müssten.«

»Ich habe auch die Zeremonie bei den Opferungen für Amun-Re gekürzt. Mit der Wahrheit hat das alles nichts zu tun. Wir beten Steine an.«

»Ich will sehen, ob ich die Verschwörung aufdecken kann.«

Wir haben also einen Geheimdienst, sagte sich Thotmes erschüttert. Er hätte Amenhotep nie zugetraut, dass er zu solchen Maßnahmen griff. Eigentlich passte es nicht zu seinem Wesen. Wer mochte ihm dies eingegeben haben?

»Tutu ist für die Informationen zuständig. Mahu für die Lösung.«

»Lösung?«

»Ja. Du wirst schon noch begreifen, dass dies notwendig ist.«

»Und was heißt das? Was für eine Lösung?«, fragte er, obwohl er es ahnte. Es war nicht Amenhoteps Art, so vage daher zu reden.

»Wir werden uns gegen die Macht der Amunpriester wehren müssen«, wich der Pharao aus.

Was hat er nur vor?, fragte sich Thotmes. Es muss etwas Ungeheures sein, wenn er selbst mir gegenüber im Ungefähren bleibt.

Amenhotep sah, dass Thotmes etwas beschäftigte und legte ihm den Arm um die Schulter.

»Du wirst es bald erfahren. Kümmere dich nun darum, ob du etwas über die Verschwörer herausbekommst, dann hast du etwas Sinnvolleres zu tun, als mit dem Streitwagen Staub aufzuwirbeln.«

»Ist das nicht Tutus Aufgabe?«

»Der Kammerherr ist kein Sohn des Amenophis!«

Thotmes begab sich also zu Tutu, einem schmächtigen kleinen Männchen mit scharfen Augen.

»Gegrüßt seist du, Prinz Thotmes. Mögest du stets in der Gunst der Götter wandeln«, rief er, sprang auf und verbeugte sich tief. »Bitte, setz dich doch.«

Thotmes blickte sich um. Es war kein reich ausgestattetes Zimmer, aber man hatte einen guten Blick auf den Marktplatz bis zum Tempel des Amun-Re. Auf dem breiten Tisch lagen Papyrusrollen.

»Du kommst sicher nicht ohne Grund zu mir. Verfüge über mich. Ich bin dein Diener«, sagte er, als Thotmes sich gesetzt hatte.

Der Stuhl war wohl noch aus der Zeit Amenophis II. und ächzte unter Thotmes’ Gewicht.

»Was ist das für eine Geschichte, dass man einen Anschlag auf den Pharao plant? Der Hochheilige, die Inkarnation des Osiris, der im Schutz des Horus wandelt, hat mich beauftragt, die Frevler aufzuspüren, was eigentlich deine Aufgabe ist, wie ich hörte.«

»Eine weise Entscheidung des Herrn über Binse und Biene. Viel wissen wir nicht. Eine der Küchenhilfen hat berichtet, dass irgendetwas vorgeht. Er hat ein Gespräch des Hauptkochs mit einem Priester gehört, das daraus schließen lässt, dass man Übles vorhat.«

»Was für ein Priester?«

»Ich glaube, dass es ein Amunpriester war.«

»Glaubst du? Was will der Zuträger gehört haben?«

»Nur einen Satz, aber der hat es in sich: Es wird Zeit, dass der Schwachbrüstige nach Westen geht.«

»Sagte der Priester?«

»Sagte er.«

»Und das ist alles?«

»Das ist alles«, bestätigte Tutu verlegen.

»Wer ist der Hauptkoch der heiligen Küche?«

»Pekmek. Er war schon unter dem ehrwürdigen Vorgänger unseres geliebten Pharao Vorsteher der Küche.«

»Hast du ihn schon …?«

»An Mahu übergeben? Nein. Wir wollten die Hintermänner nicht aufschrecken. Wir brauchen noch mehr Informationen.«

»Gut. Ich kümmere mich darum.«

»Gesegnet sei dein Wirken!«

Am Abend besichtigte er die Küche. Sein Eintreten verursachte einen Schock. Alle Köche sahen ihn wie einen Geist an. Niemand konnte sich daran erinnern, dass ein Prinz jemals die Küche betreten hatte. Pekmek kam sofort angelaufen.

»Mein Prinz, was ist geschehen? Waren dem Herrn, unserem gottgleichen Pharao, die Salate nicht frisch genug? Fehlte etwas aus dem Kräutergarten?«

»Nein. Beruhige dich Pekmek. Aber als Bruder des großen Pharao sorge ich mich um seine Gesundheit. Er ist ja nur noch Haut und Knochen.«

»Wie recht du hast, Prinz. Aber er verzichtet ja auf saftiges Antilopenfleisch, auf leckere Wachteln, selbst Gans und Ente verschmäht er. Alles, was Kraft schafft, darf ich nicht auftischen. Ich bin so unglücklich. Sein Bauch schlägt bereits Falten. Das Volk wird mir dies eines Tages anlasten. Die Priester des Amun werden unzufrieden mit mir sein. Oh, Prinz, wenn du den Herrn der Binse und Biene doch überzeugen könntest, dass er zur normalen nährreichen Kost zurückkehrt.«

»Du bist also unzufrieden mit dem Pharao?«

»Nein, um Amuns Willen! Nein, nein, im Gegenteil! Ich liebe ihn wie meine Kinder! Lange lebe er glücklich in der Obhut des Horus.«

»Aber den vergessenen Frauen des alten Pharao lässt du all die Köstlichkeiten des oberen und unteren Reiches zukommen.«

Pekmek schluckte heftig und senkte den Kopf.

»Ja. Ich wusste, dass mir dies einmal zum Nachteil gereicht. Aber sie taten mir leid. Sie sind ja meist älter und verlangen nach Fleisch und Fett, wie sie es gewohnt waren. Teje hat mich wissen lassen, dass dies zulässig ist, weil sie ja nicht mehr zum offiziellen Hofstaat gehören. Man kann von den alten Herrschaften nicht verlangen, dass sie ihre Essensgewohnheiten so radikal umstellen.«

Der Koch war also durch Teje gedeckt. Seiner Mutter würde Amenhotep diese lässliche Sünde sicher durchgehen lassen.

»Die Mahlzeiten, die ich ihnen zubereite, sind natürlich nicht so üppig wie die großen Bankette, die der frühere Pharao veranstaltete. Da musste ich all meine Künste einsetzen, um die hohen Herrschaften zufriedenzustellen.«

»Ist schon gut. Die Vergessenen reichlich zu versorgen, wird wohl in Ordnung sein.« Thotmes wandte sich dem Ausgang zu.

»Herr, Prinz Thotmes, gewaltiger Krieger, der du im Schutz der Sachmet wandelst, was wolltest du von uns?«, rief Pekmek hastig.

»Ach ja, letztens ist hier ein Priester gesehen worden. Ein Amunpriester, nicht wahr?«

Pekmek wurde bleich und nickte zögernd.

»Ja. In der Tat. Mein Bruder Manokles ist Priester im großen Amuntempel. Er besucht mich von Zeit zu Zeit.«

Manokles war nicht nur irgendein Amunpriester, sondern Unas’ Stellvertreter.

»Verstehe. Man muss ja die Verwandtschaft pflegen.«

»Er bekommt natürlich keine Zuwendungen aus der Küche.«

»Das nehme ich dir ab. Deine Küche ist dem Amunpriester sicher zu karg geworden!«, erwiderte Thotmes lachend und ließ den Hauptkoch stehen.

Es stimmt also, dachte er. Trotz aller Beteuerungen war der Mann unglücklich, dass er seine Kunst nicht ausüben konnte und sicher hatte er sich bei seinem Bruder ausgeweint. Die Priester des Amun waren auch nicht gerade glücklich, wie sich die neue Regierung entwickelte. Sicher hatten sich beide ihr Leid geklagt und da konnte manch leichtsinniges Wort gefallen sein. Aber der Kopf einer Verschwörung war der Koch sicher nicht.

Er besprach den Auftrag mit Ka-aper, der sofort aufgeregt beteuerte, dass seine Regimenter dem Pharao treu ergeben waren.

»Daran habe ich nicht gezweifelt. Doch wo ist der Schoß, aus dem die Verschwörung gekrochen ist?«

Aber auch Ka-aper wusste nicht, was er davon halten sollte.

Als Thotmes sich wieder einmal im Garten erging, kam Isaak zu ihm.

»So tief in Gedanken, Sohn meines Bruders?«

Thotmes lächelte. Er verstand nur zu gut, dass der alt gewordene Gärtner im Pflegesohn seines Bruders immer einen Habiru sehen würde. Er erzählte ihm von seinem Auftrag und wie ratlos er war.

»Wo Rauch aufsteigt, ist auch Feuer.«

»Vielleicht kann ich dir helfen«, erwiderte Isaak.

Echnatons Bruder. Der Pharao und der Prophet

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