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Die drei großen »B«:
Bumsen, Benthaus, Borsche

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Gut, denkst du dir jetzt, das war aber nicht die feine englische Art. Aber auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil, ja, was glaubst du denn? Auf jeden Fall hat sich die Friedl fürchterlich gefreut, hat den Max an ihre Brust gedrückt und den Manfred abgebusselt. Dann hat sie 1.000 Euro abgezählt und dem Max und dem Manni jeweils 500 gegeben: »So, Männer. Und das ist erst der Anfang. Ich hab das kleine schwarze Buch vom Otti durchgeschaut. Da sind noch ein Dutzend Leute, die uns Geld schulden. Er war ja so ein guter Mensch, mein Otti. Und wenn einer in Not war, und wir haben den gekannt, dann hat mein Otti immer was gegeben. Gegen ein bissel Zins natürlich. Und das holt ihr mir jetzt peu à peu zurück, gell? Übrigens, vor fünf Minuten hat der Chili angerufen. Du sollst ihn anfunken, sagt er, weil er was für dich hat.«

Max klopfte dem Manfred auf die Schulter: »Ach was, da fahren wir gleich selber raus. Du kommst mit, ich stelle dich vor. Ups, jetzt haben wir die Brezen vergessen, Tante.«

»Macht nichts, Bub. Fahrt ihr mal los, ich geh frühstücken. Vielleicht treffe ich eine von meinen Freundinnen und kann ein bissel ratschen.«

Als sie das »Wild Wild West« gegen 10 Uhr betraten, war der Laden hell erleuchtet, und zwei Putzfrauen schoben lärmende Kehr- und Sauggeräte durch das Lokal. Die Stühle standen auf den Tischen. Danny und Arnold saßen mit noch einem Kerl in einer der Nischen vor dem Büro, und Danny erzählte mit lauter Stimme: »Ja, und ich hab dann natürlich diese Superschnitte abgeschleppt und die ganze Nacht gebumst wie der Teufel. Die war fast zwei Meter groß, hatte Möpse wie Napfkuchen und hat im Ernst gedacht, ich sei Danny DeVito. Sogar beim Frühstück noch, weil ich nach Ahornsirup gefragt habe.«

»Wer?« Der andere Kerl beugte sich halb über den Tisch.

»Na, der Hollywood-Star. Danny DeVito, Mann. Kennst du doch, den Film, oder? Zwillinge, mit Schwarzenegger. Hey, findest du nicht, dass mein Partner wie Arnie aussieht? Ganz im Ernst jetzt?«

Manfred und Max waren am Tisch angekommen. Danny sagte: »Hoppala, wer ist denn das? Kenn ich den?« Und zu dem Kerl am Tisch: »Gut, lass den Umschlag hier und mach dich vom Acker. Geh mal in eine Videothek und hol dir den Film. Zwillinge, mit Schwarzenegger und mir. Wenn du nächste Woche zum Abliefern kommst, geb ich dir ein Autogramm, wenn ich gut gelaunt bin. Und jetzt: Mach den Abflug!«

Der Kerl rutschte von der Sitzbank, nickte allen zu und ging.

Danny zeigte auf die Bürotür: »Der Boss ist drinnen. Wer ist der Neue?«

»Verwandtschaft. Ein entfernter Onkel. War in Afrika, auf Großwildjagd und so. Jetzt jagt er hier für uns.«

»Cool. Hast du mal ’nen Bären geschossen?«

Die Frage war an Manfred gerichtet, der schaute erst Max an, dann die beiden in der Nische: »Kann schon sein. Warum? Läuft hier noch einer rum, oder was?«

Danny lachte: »Ah, der Kerl gefällt mir. Willkommen in der Irrenanstalt. Geht rein zum Boss, Mädels.«

Chili war am Telefonieren, die Füße auf dem Schreibtisch und den Chefsessel zurückgeklappt. Er winkte und zeigte auf die Stühle: »Was? Nein, ich hab grade Besuch bekommen. Ja, ich hab dich verstanden. Bumsen, Borsche, Benthaus. Die drei großen ›Bs‹ im Leben eines echten Mannes. Ich arbeite dran. Was? Ja, du mich auch. Bis dann!«

Chili legte das Handy auf die Schreibtischplatte und schaute erst Manfred, dann Max an. Mit dem Kinn zeigte er auf Manfred: »Weiß der Bescheid?«

»Der, das ist mein lange verschollener Onkel Manfred. Mütterlicherseits. Gehört also zur Familie. Ist in unserer Branche tätig und flexibel, was das Lösen von Problemen angeht. Also, was steht an?«

»Du kannst mit dem Schirmer Heinzi reden. Heute Abend um acht. Er hat am Stadtrand zu tun, und deswegen hat er den Treff vorgeschlagen. Hier!«

Chili schob einen Zettel über den Schreibtisch: »Da steht alles drauf. Hast du ein Navi in deiner Kiste?«

Max nickte.

»Gut. Dann gib das hier ein. Sei pünktlich. Der Heinzi wartet nicht. Und er sagt, zwei Leute von ihm und maximal zwei Leute von dir. Mehr dürfen nicht aufschlagen. Wenn er mehr sieht, gibt es Ärger. Also halt dich dran. Ist dein Onkel gut mit der Zimmerflak?«

Chili schaute den Manfred an, der sagte: »Eher die großen Kaliber. War Scharfschütze bei den Gebirgsjägern. Ist aber schon lange her.«

Chili nickte: »Dann lassen wir den Onkel daheim, und du nimmst meine beiden mit. Wenn’s Ärger gibt, lass den Kleinen alles machen, der kennt sich mit so was aus. Wenn’s knallt, leg dich einfach hin und komm ihnen nicht in die Quere. Steh erst wieder auf, wenn außer den beiden alle anderen am Boden liegen. Die sind ein eingespieltes Team.«

»Warum ist der Schirmer so vorsichtig?«

Chili fischte einen silbernen Flachmann aus einer Schublade seines Schreibtisches, nahm einen Schluck und machte: »Ahhhh.« Dann rülpste er und meinte: »Der Heinzi hat vor einem Jahr ein bissel Zoff mit ein paar Jugos gehabt. Ein Wort gibt das andere, und die haben ihm die Milz weggeknallt, bevor die Burschen vom Heinzi die Jugos über den Hades gerudert haben. Jetzt ist er halt ein wenig penibel geworden. Wie er sich sagt, er kann nicht jedes Mal auf ein Körperteil verzichten, bloß weil es Ärger gibt.«

Er nahm noch einen Schluck: »Wuhu, der haut rein. Ich würd dir ja gerne was davon anbieten, aber … Ach, was ich noch sagen wollte: Der Heinzi ist ein bissel cholerisch. Genaugenommen sogar ziemlich cholerisch.« Chili wackelte mit dem Kopf: »Wenn ich ganz ehrlich sein soll, und das bin ich eher selten: Der Heinzi ist ein gelernter Irrer, mit langer Berufserfahrung. Dementsprechend sind auch seine Mitarbeiter. Lauter Abrissbirnen, die er da um sich geschart hat. Na ja, ein normaler Mensch wie ich würde für einen wie den Schirmer Heinz eh nicht arbeiten. Pass auf: Ich will nicht, dass der den geehrten Stadtrat und Bankdirektor Brunner aufschlitzt und ausstopfen lässt. Der Brunner hat 35.000 Euro Schulden beim Heinzi. Die kann er im Moment nicht zahlen. Und ich will sie nicht zahlen, so lieb hab ich den Brunner nun auch wieder nicht. Aber ich brauch ihn noch für die zwei Sachen. Also red mit dem Heinzi, sag ihm, der Brunner ist pleite, seine Alte ist ihm abhanden gekommen und er ist in einem Trauerkoma. Ich, der Chili, geb dem Heinzi meinen nächsten Leberkäs-Porno. Die Master-DVD, das Copyright und die Druckvorlage für das Cover. Er kann damit machen, was er will. Dafür streicht er die Schulden vom Brunner und wir sind alle wieder gute Freunde. Aber er muss dem Brunner Spielverbot in Österreich geben, mindestens drei Monate lang. Machst du das für mich?«

»Wer bezahlt?«

»Bezahlt was?«

»Den Risikozuschlag. Ich werde hier auf einen Geisteskranken losgelassen. Wenn’s einfach und problemlos wäre, dann würdest du selber hinfahren. Oder die beiden da draußen mit einem Zettel losschicken.«

Chili kramte in der linken Schublade, zog ein paar Geldscheine heraus, legte sie auf den Schreibtisch und schob sie mit dem Absatz seines braunen, narbigen Westernstiefels in die Tischmitte: »Hier. Das ist ein 1.000er. Was meine Jungs anbelangt: Die kannst du nicht einfach so losschicken, das wirst du schon noch merken. Also, was ist, haben wir einen Deal?«

»Weiß der Brunner davon?«

»Dass er Schulden hat? Weiß er. Dass er nicht zahlen kann? Weiß er auch. Dass du ihm heute Abend den Arsch rettest? Weiß er nicht. Das sagen wir ihm auch nicht. Das kommt auf seinen Deckel, und wenn es so weit ist, dass er für mich die Immobiliensache durchziehen muss, dann kriegt er die Rechnung präsentiert. Mit Mehrwertsteuer.«

Der Auer Max kratzte sich am Kopf, dann nickte er und nahm das Geld. Er war schon fast aus dem Büro raus, da klatschte sich der Chili mit der flachen Hand auf die Stirn und rief ihm nach: »Hätt ich jetzt fast vergessen, Max. Schau dem Heinzi nicht auf das Glasauge, das mag er gar nicht.«

Max drehte sich um: »Was?«

»Ja, der Heinzi hat ein Glasauge. Das rechte. Das glotzt immer in alle möglichen Richtungen, weil es so locker in der Augenhöhle sitzt, dass er es bei Bedarf rausnehmen kann.«

»Er nimmt es raus. Interessant.«

»Nein, nicht, was du denkst. Aber manchmal, da kann er echt witzig sein. Wir waren mal in so einer Bauernwirtschaft beim Essen. Der Heinz hatte Obatzten, das ist der angemachte Käse, der auf dem Teller ausschaut, als hätte ihn grad vorhin schon mal jemand gegessen. Pass auf, es war so, dass dem Heinzi der Käs nicht geschmeckt hat. Deswegen nimmt er sein Glasauge raus, setzt es oben auf den Obatzten, sodass es traurig zur Decke starrt, und ruft die Bedienung. Er sagt: ›Fräulein, jetzt schauen S’ einmal, was ich da auf dem Teller gefunden hab‹. Die Frau schaut dem Auge ins Auge, schreit und kippt ohnmächtig um. Wir haben dann woanders gegessen.«

Max grinste: »Der Mann hat Humor, echt jetzt. Bis später. Ich hol die Jungs hier ab. So um sieben rum.«

»Halb acht reicht vollkommen.«

Max schüttelte den Kopf: »Passt schon. Sieben. Ich will mir das Terrain vorher ansehen und schauen, was man so alles machen kann. Sicher ist sicher.«

Danny, Arnold und Manfred saßen immer noch in der Nische, und Danny sagte: »Und dann sagt die Tussi zu mir, ich habe einen Platten am Auto, vorne rechts, kannst du mal vorbeikommen? Ich sage: ›Der rechte Vorderreifen?‹ Und sie: ›Ja, aber platt ist er nur ganz unten!‹ Verstehst du, was ich meine? Nur ganz unten?«

Manfred lachte, Arnold grunzte und Manfred meinte: »Ich mag ja keine Blondinenwitze, aber warum sitzt eine Blondine in der Wohnung auf dem Heizkörper? Weil der Hausmeister gesagt, hat: ›Vorsicht, Fräulein, der eine Heizkörper im Wohnzimmer leckt!‹«

Max klopfte ihm auf die Schulter: »Los alter Mann, dein Mädel wartet.«

Und zu den anderen beiden: »Ich hole euch um sieben Uhr ab. Zieht euch was Warmes an, wir müssen vielleicht ein bisschen auf der Straße mit dem Schirmer Heinzi reden. Der Boss weiß Bescheid. Bis später.«

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