Читать книгу Vier Pfoten und drei Koffer - Helge Sobik - Страница 15

Terrain markieren – endlich angekommen

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Wahrscheinlich strahle ich kurz vorm Ziel plötzlich diese Mischung aus Vorfreude und gewisser Anspannung aus, irgendwelche erweckenden Schwingungen. Jedenfalls sitzt Hoover ungefähr anderthalb Kilometer vorm Ziel plötzlich aufrecht auf der Rückbank und scannt in größter Aufmerksamkeit mit Blicken die gesamte Umgebung. Seine Nasenflügel vibrieren, als würde er filtern und analysieren, was da durchs inzwischen halb offene Fahrerfenster hereinströmt, und irgendein inneres Labor würde binnen Sekunden den Rosmarin-Anteil und das Orangenblüten-Duftvolumen ans Hirn durchgeben und zu dieser Erkenntnis verdichten: Es riecht hier gänzlich anders als zuhause.

Und es sieht auch ganz anders aus: in die eine Richtung Orangenplantagen ohne ein Hügelchen dazwischen bis zum drei Kilometer Luftlinie entfernten Mittelmeer, in die andere Richtung bis zu 800 Meter hohe Berge mit Pinien, mit Kiefern, in den tieferen Lagen mit Mandelbäumchen.

Auch die Temperatur ist im Hinterland der Costa Blanca gut 36 Stunden nach dem Aufbruch im steif gefrorenen Norddeutschland mit angenehmen 22 Grad und Sonnenschein ganz anders. Ein kleiner Sommer mitten im Winter.

Dass die Temperatur hier unter den Gefrierpunkt rutscht, kommt im Grunde nicht vor. Dass sie im Januar und Februar auf über 30 Grad steigt, auch nicht. Aber dazwischen ist alles drin. Es gibt Tage, da wird es kaum wärmer als acht Grad, und es ist nebelig. Und es gibt welche, da ist es 25 Grad warm. Die schöne Begrüßung jedenfalls ist eine nette Geste der Natur.

Irgendwo hier am Berg zwei Straßen und drei Haarnadelkurven weiter klebt das Ferienhaus am Hang, viel tiefer als die ein paar entscheidende Grad kühleren Gipfel, aber hoch über den Orangenbäumchen. Und mit bestem Blick aufs Mittelmeer, das sich als dunkelblaues Band den Horizont unter dem hellblauen Himmel entlangspannt.

Als endlich die Handbremse angezogen und der Motor ausgestellt ist, endlich die hintere Autotür aufgeht und schließlich auch noch das Haltegeschirr vom Hund gepellt und aus der Befestigung des Sicherheitsgurtes losgeklickt ist, gibt es für Hoover kein Halten mehr: Im Zickzack rast er die schmale Sackgasse am Hang entlang, 50 Meter runter, 100 Meter bergauf bis zur nächsten Kurve und dem übernächsten Nachbarhaus, hebt mal an einem Stück Granit, mal an einem Rosmarinstrauch das Bein, gleitet mit der Nase nur Millimeter über dem Boden entlang, um alle Gerüche der neuen Umgebung auf einmal aufzusaugen – und herauszufinden, ob hier wohl auch Hunde sein mögen.

Ich erkundige mich sicherheitshalber bei ihm: »Und sind hier auch Hunde?« Das letzte Wort kennt er. Er dreht sich dann einmal um die eigene Achse und schaut in alle Richtungen, ob er irgendwo einen Artgenossen entdeckt. Zu sehen ist gerade keiner, und nur aus der Ferne bellt der Wachhund des Orangenbauers irgendetwas auf Spanisch aus der Plantage ganz unten im Tal. Die Berge der Umgebung spielen mit dem Geräusch fangen, pritschen es noch ein paar Mal hin und her. Hoover horcht. Er springt an mir hoch. Und versucht am Ohr zu knabbern. Was das diesmal wahrscheinlich heißen soll? Vermutlich so viel wie »Hurra, endlich da« und außerdem »Ist das schön hier! Wir zwei in den Ferien! Das alles werden wir gemeinsam erkunden! Und ganz viele Hunde kennen lernen!« Aber als Erstes schließen wir das schwarze Gitter-Rolltor zur Einfahrt auf, inspizieren das weiß gestrichene Ferienhaus am Hang und räumen bald danach das vollgepackte Auto aus.


Vier Pfoten und drei Koffer

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