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3. Kulturelle und religiöse Strömungen

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Im Zuge der sogenannten »Gregorianischen Reform« setzte sich im 11. Jahrhundert eine neue Einstellung zur Armut in der Kirche durch. Die aus Cluny und seinem Umkreis kommenden mönchischen Reformen hatten teilweise die gleichen Ziele wie die religiösen Volksbewegungen.20 Deshalb konnte sich der Papst Gregor VII. (1073–1085) auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung zwischen Sacerdotium und Imperium (Investiturstreit), in seinem Kampf gegen Simonie (Kauf und Verkauf kirchlicher Ämter und Weihen) und Nikolaitismus (Leben von Priestern in ehelichen und quasi-ehelichen Verbindungen), mit der revolutionären Bewegung der Pataria in Mailand verbinden.21 Auch in Deutschland bildeten sich schon in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts zahlreiche Laiengemeinschaften, die sich für eine Trennung des weltlichen und des geistlichen Bereichs sowie für eine arme Kirche einsetzten. Inspiratoren dieser Bewegung waren Mönche der Abtei Hirsau im Schwarzwald und anderer Klöster, in denen die Hirsauer Reform Fuß gefaßt hatte. Die Hirsauer Mönche waren im Investiturstreit entschiedene Parteigänger Gregors VII. Sie verließen die Klöster, zogen umher und hetzten das Volk gegen den Kaiser Heinrich IV. (1053–1106) und die »simonistischen« und »nikolaitischen« Priester auf. ERNST WERNER hat in diesen Hirsauer Predigermönchen die unmittelbaren Vorläufer der Wandermönche gesehen, die gegen Ende des II. Jahrhunderts eine gewaltige Volksbewegung für eine arme, am Vorbild Christi und der Apostel orientierte Kirche auslösten.22

Der revolutionäre, doch phantastische Plan einer totalen Trennung des weltlichen und des geistlichen Bereiches, einer Zuweisung der politischen Herrschaft und des materiellen Besitzes (Regalia, Temporalia) an das Königtum und einer Beschränkung der Kirche (d.h. des Hochklerus) auf die geistlichen Aufgaben (Spiritualia), den der Papst Paschalis II. (1099–1118) entwickelte, zeigt, daß die radikalen Reformideen, freilich nur für einen kurzen Augenblick, sogar die Spitze der Römischen Kirche erreicht hatten.23 Bekanntlich scheiterte das unrealistische Vorhaben in dem Tumult, den die Kirchenfürsten anläßlich der Krönungsfeier Heinrichs V. am 12. Februar 1111 in der Peterskirche in Rom veranstalteten, als sie von der entsprechenden Vereinbarung zwischen Papst und Kaiser erfuhren und ihre Macht und ihre Privilegien bedroht sahen.

Franziskus von Assisi

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