Читать книгу Was zerfallen und zerfließen wird - Helmut Lauschke - Страница 8

Da brechen Klippenprofile zugrunde

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Innere Erkenntnis und Ketten außen, es ist der Alltag im Leben der Völker. Was für eine Schande! Kerkerung der Gedanken und Meinung, Schmerz in der Ohnmacht, die Ketten zu sprengen. Ja, es stimmt: Für die Wahrheit aufzustehen, bedeutet nichts; für Wahrheit muss man im Gefängnis sitzen (Solschenizyn). Es sind die Besten, die den Mut zum Widerspruch hatten und die Ungerechtigkeit an den Pranger stellten. Es ist die Geschichte der Völker, die in Schmerzem erdulden, was Diktaturen ihnen antun in der Totalität des Freiheitsentzugs mit Knüppel, Folter und Todschlag.

Noch geben Ansichten die Aussicht nicht frei in die Weite der Landschaft des Lebens. Gut und Böse stoßen aufeinander und zerren sich erschöpft auseinander. Das tun die beiden Gegensätze seit Menschengedenken, das wegen der Häufigkeit als normal in den Alltag zu setzen ist. Es gehört in das Ursyndrom der Pathologie von Mensch und Moral, weil das Böse erst später durch den Menschen hinzukam, also nicht derselben Entstehungswurzel angehört. Es war das Gute, das dem Menschen zuerst auf den Weg gegeben wurde. So war das Geschenkte gut. Erst das daraus Gemachte war entweder gut oder böse. An den Folgen dieses Dualismus zerreißen sich die Völker bis heute.

Das ist der Grund, dass Angst das Denken, Sprechen und Tun durchdringt, weil sich der Mensch nach den Jahrhunderten der selbstgemachten Zweifelhaftigkeit noch nicht klar entschieden hat, das Gute zu tun und das Böse zu lassen. Das reimt sich der Mensch durch die bis zur Ungerechtigkeit reichenden Ungleichheit aus der persönlichen Sichtweise der Selbstbereicherung auf Kosten anderer zusammen. Er tritt die Moral mit Füßen und den Schmerz durch eisenbeschlagene Stiefel, wenn er rücksichtslos an hungernden Menschen und Kindern vorbei und seinen Gelüsten nach Macht und Reichtum nachgeht.

Deshalb spricht Sprache nicht nur in Worten, sondern auch in Bildern, Skulpturen und in Tönen mit den Dissonanzen bis zum Schmerz reißenden Ende in der Todesfuge oder dem Trauermarsch in hymnischer Steigerung vom philharmonischen Format. Das andere ist die Pantomime, die über die Bühne von oben herab die Seele erschüttert, wenn das gesprochene Wort die Antwort in der Höhe, Weite und Tiefe nicht bringt. So kommen die Zeichen und Gebärden mit großen und stolpernden Schritten, was mit Worten nicht zu machen ist, dass sich der Mensch bis in die tiefste Erschütterung hinein erschrickt.

Aus der Asche verbrannter Völker soll das Neue entstehen, eine neue Welt, die sich von der alten Welt grundsätzlich unterscheidet. Neue Ideen und Bildschöpfungen kommen auf den Tisch, die weit hinaus in die Zeit reichen. Sie sind anders und neu, wenn Körper mit neuen Köpfen über Platz und Straßen gehen mit neuer Sprache und Gebärden, was näher an den Menschen kommt mit der neuen Menschlichkeit. Klar und kraftvoll tritt der neue Mensch aus der Dämmerung ins helle Tageslicht und fesselt die Blicke der noch Zweifelnden.

Weil vieles noch traumhaft und verschleiert ist, brechen Klippenprofile weiter zugrunde.


Was zerfallen und zerfließen wird

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