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Warum ich kein Lehrer werden wollte Uerdingen, den 21.2.1963
ОглавлениеNach neun langen Jahren stand ich nach bestandenem Abitur da und wusste, dass ich eines nicht werden wollte, nämlich Lehrer.
Dies hatte mehrere Gründe. Ich erfuhr meine Schule zuallererst als autoritär, es ging dort um Unterordnung und Gehorsam. Schläge von den Lehrern gab es auch hin und wieder; natürlich nur zu unserem Besten.
Außerdem war meine Schule elitär. Es ging auch um gesellschaftlichen Aufstieg und darum, zur Eliteschicht zu gehören. Für mich war meine Schule kein Ort, an den ich gerne zurückdenke. Zur Ehrenrettung muss jedoch gesagt werden, dass ich einige richtig gute Lehrer hatte, an die ich mich auch heute noch mit Respekt und Hochachtung erinnere.
Ich hatte auf dieser Schule Lernen als etwas erlebt, das wenig Freude macht, das viel Mühe und Anstrengung kostet. Und ich hatte verinnerlicht, dass Lernen mit Erfolgsdruck verbunden ist. Immerzu diese Angst im Nacken, zu versagen, nicht gut genug zu sein, mangelhaft zu sein, zu viele Mängel zu haben, ausgesiebt, ausgelesen zu werden. Und das hätte ich dann meinem Vater beibringen müssen. Ein Alptraum. Eine Katastrophe. Dann wollte ich mich lieber anstrengen und noch mehr anstrengen, auch wenn es alles so sinnlos erschien. Denn ich fragte mich tatsächlich immer wieder: Wozu das alles? Wozu brauche ich all dieses Zeugs. Diese Hamstermethode des Lernens auf Vorrat, um im Winter des Lebens, um in der Winterzeit gerüstet zu sein, leuchtete mir nicht ein. Ich fühlte mich gezwungen, ich erfüllte gehorsam meine Pflicht und machte das Beste daraus. Die Frage, wozu das alles, blieb eine ungelöste Preisfrage meiner Schulzeit.
Dass Lernen auch im Flow möglich ist, dass es Freude machen und dass es mit Begeisterung einhergehen kann, war mir damals ein fremder Gedanke.
Ich fand zu dieser Zeit die Idee absurd, einem solchen System als Lehrer zu dienen. Ich wählte einen anderen Pfad als das Lehren.