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4. Keine Umdeutung einer überhöhten Vorzugslast in eine Steuer

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Sieht man den Gesetzgeber zur Normenwahrheit verpflichtet[111], so folgt daraus zwingend auch: Eine überhöhte Gebühr schlägt hinsichtlich des nicht mehr durch die Gebührenzwecke legitimierten Anteils nicht in eine Steuer um, sondern bleibt begrifflich eine (wenn auch rechtswidrige) Gebühr.[112] Auch soweit die Abgabe also nicht mehr als Gegenleistung verstanden oder durch einen der anderen Gebührenzwecke ihrer Höhe nach gerechtfertigt werden kann, bleibt sie eine Gebühr, die allerdings materiell verfassungswidrig ist.

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Wenn der Gesetzgeber das „falsche Etikett“ gewählt hat, kommt es auf die hypothetische Frage nicht mehr an, ob der Gesetzgeber den überschießenden Teil der Gebühr auch als Steuer einführen dürfte. Die Bezeichnung einer Abgabe durch den Gesetzgeber ist mittlerweile durchaus unter dem Blickwinkel des Normenwahrheitsgebots insofern von Bedeutung, als eine falsche Bezeichnung einer Abgabe durch den Gesetzgeber den Rückgriff auf materiell einschlägige Abgabenart sperrt.

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Das BVerfG sieht mit Recht die Formenklarheit und Formenbindung der Finanzverfassung gefährdet, wenn Gebühren begrifflich (ganz oder teilweise) zu Steuern würden, sofern sie unzulässig überhöht bemessen sind.[113] Schließlich kann die Aufspaltung der überhöhten Gebühr in einen Gebühren- und einen Steuerteil im Sinne einer „geltungserhaltenden Reduktion“ bis an die äußerste Grenze des Zulässigen nicht Aufgabe der Rechtsprechung sein, die insoweit auch an ihre Funktionsgrenzen stoßen würde. Dem Gesetzgeber (nicht der Rechtsprechung) kommt ein Gestaltungsspielraum bei der Gebührenbemessung angesichts der zugrunde liegenden komplexen Kalkulationen, Bewertungen, Einschätzungen und Prognosen zu.[114]

Erster Teil Staatliche Ebene: Bund und Länder§ 4 Staatliche Einnahmen › V. Sonderabgaben

Öffentliches Finanzrecht

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