Читать книгу Scrum – verstehen und erfolgreich einsetzen - Henning Wolf - Страница 15
1.2.1Kürzere Time-to-Market
ОглавлениеDie Time-to-Market verkürzt sich mit Scrum aufgrund zweier Ursachen. Zunächst führt Little’s Law (siehe [Little1961]) ganz mechanisch zu kürzeren Durchlaufzeiten: Die durchschnittliche Durchlaufzeit in der Entwicklung berechnet sich aus dem durchschnittlichen Work in Progress dividiert durch den durchschnittlichen Durchsatz (siehe Abb. 1–5).
Abb. 1–5Weniger Work in Progress reduziert Durchlaufzeiten.
Man kann sich das gut an einem Fahrgeschäft in einem Vergnügungspark verdeutlichen. Der Work in Progress ist die Menge der Menschen in der Schlange und im Fahrgeschäft. Der Durchsatz ist die Menge an Menschen, die das Fahrgeschäft in einer bestimmten Zeiteinheit absolvieren können. Nehmen wir an, in der Achterbahn können 100 Menschen mitfahren. Eine Fahrt dauert 5 Minuten. Das Ein- und Aussteigen dauert zusammen noch einmal 5 Minuten. Dann beträgt der Durchsatz 100 Menschen/10 Minuten, also durchschnittlich 10 Menschen/Minute. Steigen gerade 100 Leute in die Achterbahn ein und stehen weitere 900 in der Schlange, wartet der nächste Gast, der sich an die Schlange anstellt, ca. 100 Minuten. Stehen nur 100 Menschen in der Schlange, muss er nur ca. 20 Minuten warten. Vergnügungsparks machen von dieser Erkenntnis Gebrauch und zeigen mit Schildern im Wartebereich an, wie lange man noch warten muss, wenn man das Schild erreicht hat.
Der Durchsatz in der Softwareentwicklung ist die Menge an Funktionen, die ein Team in einer Zeiteinheit (z.B. Sprint) entwickeln kann. Der Durchsatz sollte sich über die kontinuierliche Verbesserung in Scrum langfristig erhöhen. Er wird sich aber häufig nicht sprunghaft verbessern. Im Gegensatz dazu ist der Work in Progress – also die Menge der begonnenen, aber nicht abgeschlossenen Arbeit – leicht änderbar. In Scrum erreichen wir dies durch das Sprint-Konzept. Es wird nur ein kleiner Teil der für das Produkt notwendigen Funktionen für den nächsten Sprint ausgewählt und damit der Work in Progress auf diesen Anteil beschränkt.
Eine zweite wichtige Ursache für die kürzere Time-to-Market findet sich in Untersuchungen über die Verwendung von klassisch entwickelter Software. Verschiedene Analysen kommen übereinstimmend zu dem Schluss, dass der Wertbeitrag der Funktionen in Software extrem unterschiedlich ist. So präsentierte Jim Johnson auf der XP-Konferenz 2002 eine Untersuchung an vier Softwareprojekten, die ergab, dass 64% der Funktionen selten oder nie genutzt wurden (siehe Abb. 1–6, [Johnson2002]).
Abb. 1–6Ein Großteil der Funktionen in Softwaresystemen wird selten oder nie genutzt.
Natürlich gibt es Funktionen, die selten benutzt werden und auf die man doch nicht verzichten kann (z.B. der Jahresabschluss in einer Finanzbuchhaltung). Allerdings kann man damit nicht den hohen Anteil (64%) am Gesamtumfang rechtfertigen.
Arnold und Yüce berichten in [ArnoldYüce2013], dass bei einem Projekt bei Maersk Line die wertvollsten 25% der Features 90% der Wertschöpfung ausmachten.
Wir können also häufig die Time-to-Market allein dadurch deutlich reduzieren, dass wir nur die wirklich wertvollen Funktionen implementieren. Scrum stellt dies sicher, indem der Product Owner die Funktionen priorisiert.