Читать книгу Gesammelte historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski - Henryk Sienkiewicz - Страница 12
Zweiter Teil. Erstes Kapitel.
ОглавлениеBei dem Kaufmann Amylej berieten sich Macko und Zbyszko lange, was zu thun sei. Der alte Ritter sah einem baldigen Tode entgegen, und da der Franziskaner Pater Cybek, der sich auf Wunden verstand, ein baldiges Ende vorausgesagt hatte, war es sein sehnlichster Wunsch, nach Bogdaniec zurückzukehren, damit man ihn bei seinen Vätern auf dem Kirchhofe zu Ostrawic bestatte.
Gleichwohl hatten nicht alle »Väter« dort die ewige Ruhe gefunden. Mackos Geschlecht war ehemals ein zahlreiches, kriegerisches gewesen, dessen Schlachtruf »Hagel« lautete, das ein stehendes Hufeisen mit einem Kreuze zwischen den Stollen im Wappen führte und sich dadurch vor den andern Edelleuten auszeichnete, welche kein Recht hatten, einen Wappenschild zu tragen.
Im Jahre 1331, in der Schlacht bei Plowce waren in einem Sumpfe vierundsiebenzig Ritter aus Bogdaniec von den deutschen Armbrustschützen niedergeschossen worden. Wojciech blieb allein übrig – als Erbe eines ausgedehnten Grund und Bodens, der zuvor einem großen zahlreichen Geschlechte gehört hatte. Fünf Jahre später vermählte er sich und ward Vater von zwei Söhnen, Jasko und Macko. Durch einen Auerochsen fand er den Tod auf der Jagd.
Die Söhne wuchsen unter der Obhut der Mutter auf, welche in zwei Kriegsläuften an den Deutschschlesiern die früher zugefügte Unbill rächte, im dritten jedoch unterlag. Zuvor hatte sie aber durch die Hände von Gefangenen eine kleine Burg in Bogdaniec erbauen lassen, so daß Jasko und Macko, oder wie sie durch die früheren Herrengüter genannt wurden, die Herren, zu großen, Ansehen gelangten.
Zum Manne gereift, nahm Jasko sich Jagienka aus Morcacew zum Weibe, die ihm Zbyszko gebar. Macko aber blieb unvermählt, beaufsichtigte die Ländereien und den Bruderssohn, soweit ihm dies die Kriegszüge gestattete«.
Aber als in der Zeit der einheimischen Kämpfe zwischen den Guzymaliten und den Naleczy die kleine Burg zum zweitenmal niedergebrannt wurde, die Bauern aber aus dem Lande mußten, versuchte der alleinstehende Macko umsonst, sie abermals aufzubauen. Mehrere Jahre hindurch sich vergebens abmühend, überließ er schließlich den heimatlichen Boden dem ihm blutsverwandten Abte, er selbst aber zog mit dem noch sehr jungen Zbyszko nach Litauen.
Niemals verlor er indessen Bogdaniec ganz aus den Augen. Nach Litauen war er nur deshalb gezogen, um, mit Beute bereichert, die Heimstätte zurückkaufen zu können, die er dann mit Gefangenen bevölkern wollte. Die Burg aber gedachte er neu aufzubauen, um sie Zbyszko zum Sitze anzuweisen. Jetzt besonders nach der glücklichen Rettung des Jünglings regten sich diese Pläne wieder lebhaft in seinem Sinne, und er beriet sich eingehend bei dem Kaufmann Amylej mit dem Bruderssohne darüber. Die Mittel, um Bogdaniec auszulösen, besaßen sie nun reichlich. Von der Beute und von dem Lösegeld, das die in ihre Gefangenschaft geratenen Ritter erlegen mußten, sowie durch die Geschenke Witolds waren sie in den Besitz von viel Hab und Gut gelangt. Großen Vorteil gewährte ihnen auch der Kampf auf Tod und Leben mit den zwei friesischen Rittern. Die Rüstungen allein, die sie ihnen abgenommen hatten, konnten als kleines Vermögen gelten, außer denselben gewannen sie aber ja auch Wagen, Pferde, Leute, Geld und alle möglichen kostbaren Waffen. Vieles von dieser Beute, darunter auch zwei Stücke prächtigen, flandrischen Stoffes, welche die bedächtigen, reichen Friesen mit sich auf den Wagen führten, kaufte sofort Amylej. Macko verkaufte auch die ihm gehörige, wertvolle, eroberte Rüstung, ging er doch von der Ansicht aus, daß sie ihm, in Anbetracht seines nahen Todes, keinen Nutzen gewähren werde. Der Waffenschmied, der sie erstand, veräußerte sie schon an dem darauffolgenden Tage wieder an den eine halbe Ziege im Wappen führenden Marcin aus Wrocimowice mit großem Nutzen, weil die Panzer aus Mailand stammten, und die Erzeugnisse der Mailänder Waffenschmiede damals über alle andern gestellt wurden. Zbyszko bedauerte indessen den Verkauf der Rüstung von ganzer Seele. »Wenn Gott Euch die Gesundheit wieder verleiht,« sagte er zu dem Ohm, »wo wollt Ihr dann eine zweite wie diese hier, finden?«
»Dort, wo ich auch die erste gefunden habe,« erwiderte Macko, »aber ich werde dem Tode nicht mehr entrinnen. Die Eisenspitze zwischen meinen Rippen hat sich gespalten und sitzt fest. Was ich mit der Hand fühlte und mit den Nägeln herausziehen wollte, drückte ich nur noch tiefer hinein, und jetzt giebt es keine Hilfe mehr.«
»Bärenfett solltet Ihr trinken, und das gleich zwei Kessel voll.«
»Bah, der Pater Cybek sagt auch, daß es gut wäre, wenn sich die Splitter auf irgend eine Weise herausarbeiten würden, allein woher kann ich das Fett bekommen? In Bogdaniec freilich, da braucht man nur die Axt zu nehmen und bei den Bienenstöcken in der Nacht zu lauern.«
»Na, da müßt Ihr eben nach Bogdaniec. Nur dürft Ihr nicht unterwegs sterben.«
Der alte Macko schaute den Bruderssohn voll Rührung an.
»Ich weiß, wo Du am liebsten wärest,« meinte er. »Am Hofe des Fürsten Janusz oder bei Jurand aus Spychow, um mit ihm gegen die Kreuzritter zu ziehen.«
»Das leugne ich nicht. Gerne würde ich mit dem fürstlichen Hofe nach Warschau oder nach Ciechanow reisen, allein hauptsächlich deshalb, um länger mit Danusia zusammen zu sein. Nichts bin ich mehr ohne sie, denn sie ist nicht nur meine Herrin, sie ist auch die Heißgeliebte. Ich möchte sie so gern sehen, daß wenn ich nur an sie denke, es mich mit aller Gewalt zu ihr zieht. Zu ihr würde ich mich aufmachen, selbst wenn es sich um das heilige Land handelte; jetzt aber habe ich zuvörderst Pflichten gegen Euch. Ihr habt mich nicht verlassen, ich verlasse Euch nicht. Ihr wollt nach Bogdaniec – also auf nach Bogdaniec!«
»Du bist ein guter Bursche!« rief Macko.
»Gott strafe mich, wenn ich Euch gegenüber jemals anders werde. Denkt aber jetzt daran, daß die Wagen schon bereit stehen. In einen davon ließ ich für Euch Heu streuen. Außerdem schenkte uns Amylej auch ein treffliches Federbett, doch fürchte ich, es könnte Euch zu heiß darauf werden. Wir reisen zusammen mit der Fürstin und dem ganzen Hofe, damit es Euch nicht an Pflege gebreche. Später trennen wir uns, jene wenden sich nach Masovien, und wir ziehen in die Heimat. Gott verleihe uns seinen Schutz dazu!«
»Nur noch so lange möchte ich leben, bis ich die Burg neu aufgebaut habe!« rief Macko, »denn ich bin überzeugt, Du wirst nach meinem Tod nicht allzuviel an Bogdaniec denken.«
»Weshalb sollte ich nicht daran denken?«
»Weil Dir der Krieg, weil Dir die Liebe im Kopfe stecken werden.«
»Und steckte Euch nicht selbst der Krieg im Kopfe? Gerade eben habe ich mir ganz genau ausgemalt, was ich zu thun haben werde. Hört, zu allererst baue ich die Burg auf und lasse einen tiefen Graben rings um die Wälle ziehen.«
»Daran dachtest Du?« fragte Macko gespannt. »Nun, und wenn die Burg steht, was gedenkst Du dann zu thun, sprich!«
»Sobald die Burg fertig gebaut ist, begebe ich mich an den fürstlichen Hof in Warschau oder in Ciechanow.«
»Nach meinem Tode?«
»Wenn Ihr vorher sterbt, nach Euerem Tode. Doch zuvor lasse ich Euch würdig zur Erde bestatten! Wenn Euch aber der Herr Jesus gesunden läßt, dann bleibt Ihr in Bogdaniec zurück. Mir hat die Fürstin versprochen, daß ich von dem Fürsten zum Ritter gegürtet werde. Das muß ich erreichen, denn sonst würde Lichtenstein sich mir nicht stellen.«
»Brichst Du von dort nach Marienburg auf?«
»Nach Marienburg oder in das gelobte Land, wenn Lichtenstein nur dort zu treffen wäre.«
»Darob tadle ich Dich nicht. Dein Tod oder der seine!«
»Gebt acht, bald überbringe ich Euch nach Bogdaniec dessen Handschuh, dessen Gürtel – hegt nur keine Furcht!«
»Wenn Du Dich nur vor einem Ueberfall zu schützen weißt.«
»Ich mache einen Fußfall vor dem Fürsten Janusz, damit er mir einen Geleitsbrief an den Großmeister gebe. Jetzt herrscht überall Ruhe. Mit dem Geleitsbriefe begebe ich mich nach Marienburg. Dort ist immer ein ganzer Haufen Ritter zu Gaste. Und wißt Ihr was? – Zuerst kommt Lichtenstein an die Reihe, dann werde ich Umschau halten, welche Ritter Pfauenbüsche auf dem Helme tragen – und einen nach dem andern fordere ich zum Kampfe. Gebe nur der Herr Jesus auch seinen Segen dazu, daß ich mein Gelübde vollbringen kann.« Bei diesen Worten lachte Zbyszko hell auf über seine eigenen Gedanken, und er sah aus wie ein Knabe, der verkündet, welche Ritterthaten er ausführen will, sobald er herangewachsen ist.
»Ei,« sagte Macko, den Kopf schüttelnd, »wenn Du drei Ritter aus angesehenem Geschlechte den Garaus gemacht, hast Du Dein Gelübde erfüllt. Aber dann nimmst Du ihnen gewiß auch ihre Sachen ab! Du lieber Gott!«
»Ach was drei!« rief Zbyszko aus, »schon im Gefängnisse sagte ich mir selbst, daß ich Danusia gegenüber nicht knausern werde. So viele müssen es sein als ich Finger an der Hand habe – nicht drei.«
Macko zuckte die Achseln.
»Ihr mögt Euch wundern, es nun glauben oder nicht, aber ich gehe sicherlich von Marienburg zu Jurand von Spychow. Weshalb sollte ich ihm nicht meine Verehrung bezeigen, da er doch Danusias Vater ist? Und mit ihm werde ich die Kulmer Deutschen überfallen. Ihr sagtet ja selbst, in ganz Masovien gebe es keinen Menschen, der einen solchen Ingrimm auf die Kreuzritter hat wie Jurand.«
»Und wenn er Dir Danusia nicht giebt?«
»Warum sollte er sie mir nicht geben? Er will sich an seinen Feinden rächen, ich mich an den meinigen. Und weiß er vielleicht einen, der besser ist als ich? Wenn die Fürstin die Ehe befürwortet, wird er nichts dagegen einzuwenden haben.«
»Eines habe ich nun schon bemerkt,« sagte Macko, »Du willst alle Leute aus Bogdaniec mitnehmen, damit Du ein Gefolge und das Ansehen eines Ritters hast, aber dann würde es ja an Händen fehlen, die den Boden bebauen. So lange ich lebe, gebe ich es also nicht zu; doch nach meinem Tode wirst Du sie alle mitnehmen.«
»Unser Herrgott wird mir für ein Gefolge sorgen, und da Janko von Tulcza mein Blutsverwandter ist, wird es mir nicht daran fehlen.«
In diesem Augenblick öffnete sich die Thüre, und wie zum Zeichen, daß Gott in der That dem Zbyszko für ein Gefolge sorgen werde, erschienen plötzlich zwei untersetzte Männer mit dunkler Gesichtsfarbe, von denen ein jeder einen gelben Kaftan, wie er bei den Juden gebräuchlich war, weite Pluderhosen trug und ein rotes Käppchen auf dem Haupte hatte. An der Thüre stehen bleibend, legten sie die Finger an Stirne, Mund und Brust und verneigten sich bis zur Erde.
»Wer sind diese Abtrünnigen?« fragte Macko, »was seid Ihr für Leute?«
»Euere Sklaven.« erwiderten die Eingetretenen mit fremdländischem Accent.
»Wie? Woher seid Ihr? Wer hat Euch hierher geschickt?«
»Uns schickt Herr Zawisza als Geschenk für diesen jungen Ritter, damit wir ihm als Sklaven dienen.«
»Guter Gott! Also zwei Leute mehr!« rief Macko voll Freude, »Und welchem Volke gehört ihr an?«
»Wir sind Türken!«
»Türken?« wiederholte Zbyszko. »Also werde ich zwei Türken im Gefolge haben. Habt ihr jemals Türken gesehen, Oheim?« Und auf sie zuspringend drehte er sie im Kreise umher und betrachtete sie wie ganz eigenartige, überirdische Geschöpfe.
Macko aber sagte: »Gesehen habe ich noch keine Türken, doch ich hörte, daß der Herr aus Garbow Türken im Dienste hat, die er als Gefangene mit sich nahm, als er an der Donau unter dem deutschen Kaiser Sigismund kämpfte. – Aber wie, Ihr seid ja hundsföttige Heiden!«
»Der Herr ließ uns taufen,« sagte einer der Gefangenen.
»Hattet ihr keine Mittel, Euch loszukaufen?«
»Von weit her, vom asiatischen Gestade, aus Grusso kommen wir.«
Zbyszko, der sich immer gerne vom Krieg erzählen ließ, vornehmlich wenn es sich um die Thaten des hochberühmten Zawisza aus Garbow handelte, begann nun die beiden darüber auszuforschen, wie sie in Gefangenschaft geraten waren. Allein die Berichte der Gefangenen enthielten nichts Außergewöhnliches. Vor drei Jahren hatte Zawisza eine Schar Krieger in einem Hohlwege überfallen. Ein Teil davon wurde aufgerieben, ein Teil gefangen genommen und dann verschenkt.
Zbyszko und Macko wußten sich nicht zu lassen vor Freude über das ansehnliche Geschenk, vornehmlich da es in jener Zeit an Leuten mangelte und man den Ritter reich nannte, der über viele gebot.
Mittlerweile erschien Zawisza selbst, in Gesellschaft von Powala und Paszko Zlodziej aus Viskupice. Da sie alle an Zbyszkos Befreiung mitgewirkt hatten und froh waren, ihm dies zeigen zu können, brachte ihm jeder zum Abschied eine Gabe als Andenken. Der freigebige Herr aus Taczew gab ihm eine kostbare, mit goldenen Fransen benähte Pferdedecke, Paszko ein ungarisches Schwert, das zehn Greywna wert war. Diesen beiden Rittern folgten noch Lis aus Targowisko, Farnrej und Krzon aus Kozichglowy mit Martin aus Wrocimowice; zuletzt kam Zindram aus Maszkowice, ein jeder mit vollen Händen.
Zbyszko begrüßte sie mit überströmendem Herzen, fühlte er sich doch doppelt glücklich, nicht nur der Geschenke wegen, sondern auch darüber, daß die berühmtesten Ritter im ganzen Reiche solche Freundschaft für ihn an den Tag legten. Sie aber fragten besonders danach, wie es sich mit der Reise und der Wunde Mackos verhalte, indem sie als erfahrene, wenngleich junge Leute, verschiedene Salben und Arzneien empfahlen, die bei der Heilung von Wunden schon Wunder gewirkt hätten.
Doch Macko bat sie nur um Schutz für Zbyszko, weil er selbst bald in das Jenseits eingehen werde. Das Leben sei nicht leicht, wenn man einen Eisensplitter zwischen den Rippen habe, sagte er. Er beklagte sich auch darüber, daß er fortwährend Blut speie und nichts essen könne. Eine Quart ausgehülster Nüsse, zwei Spannen von einer Wurst, eine Schüssel mit einer Eierspeise – das sei seine ganze tägliche Nahrung. Der Pater Cybek habe ihm schon einige Male zur Ader gelassen, weil er es glaubte, daß dadurch das Fieber gebrochen werde und die Eßlust zurückkehre – allein auch dies habe nichts geholfen.
Gleichwohl war er so erfreut über die seinem Bruderssohn dargebrachten Geschenke, daß er sich in diesem Augenblick weniger krank fühlte, und als der Kaufmann Amylej ein Faß Wein in die Stube bringen ließ, um so angesehene Gäste zu ehren, begann er mit ihnen zu zechen. Nun wurde Zbyszkos Befreiung und sein Verlöbnis mit Danusia eifrig besprochen. Die Ritter glaubten, Jurand aus Spychow werde sich dem Willen der Fürstin nicht widersetzen, besonders wenn Zbyszko Rache für dessen Gattin nehmen und die Danusia angelobte Helmzier noch erobern werde.
»Was nun Lichtenstein anbelangt,« sagte Zawisza, »so weiß ich nicht, ob er sich Dir stellen wird, da er Ordensbruder ist und zudem die Würde eines Starosten bekleidet. Die Leute aus seinem Gefolge sagen sogar, wenn er es abwarten könne, werde er mit der Zeit sogar Großmeister.«
»Lehnt er aber den Kampf ab, so geht er seiner Ehre verlustig,« ließ sich Lis aus Tarzowisko vernehmen.
»Ihr irrt Euch,« entgegnete Zawisza. »Er ist ja kein weltlicher Ritter, und den Ordensrittern steht es nicht frei, sich zum Zweikampfe zu stellen.«
»Und doch kommt es häufig vor, daß sie sich stellen.«
»Weil die Gesetze des Ordens nicht befolgt werden. Aber zum Kampf auf Leben und Tod wird ein Kreuzritter, vornehmlich ein Komtur sich nicht stellen.«
»Ha! Im Kriege wenigstens wird er Dir nicht entgehen!«
»Aber man sagt ja, es komme nicht zum Kriege, weil die Kreuzritter jetzt unser Volk fürchten,« bemerkte Zbyszko.
Darauf entgegnete Zindram aus Maszkowice: »Lange wird dieser Friede nicht dauern. Aber mittlerweile müssen wir uns vielleicht mit Timur dem Lahmen messen, Fürst Witold trug ja von Edyga eine empfindliche Schlappe davon, das ist gewiß.«
»Das ist gewiß! Und der Wojwode Spytek ist gar nicht zurückgekehrt,« bestätigte Paszko. »Auch eine Anzahl von litauischen Fürsten blieb auf dem Felde.«
»Die hochselige Königin hatte vorausgesagt, daß es so kommen werde,« bemerkte der Herr aus Taczew.
»Ha! Und wir werden thatsächlich noch gezwungen uns auf Timur zu werfen.«
Das Gespräch wendete sich nun auf den litauischen Kriegszug gegen die Tataren. Darüber herrschte kein Zweifel, daß Fürst Witold kein kaltblütiger, sondern ein unvorsichtiger Anführer war. Er hatte eine furchtbare Niederlage bei Worskla erlitten, wo eine Menge russischer und litauischer Bojaren, samt einigen Rittern, die zu der polnischen Hilfstruppe gehörten, und sogar auch Kreuzritter gefallen waren.
Die Niederlage der Litauer konnte für das ganze Reich Jagiellos verhängnisvoll werden, weil niemand genau wußte, ob die durch ihren Sieg über Witold ermutigten Tataren nicht in das Großfürstentum einfallen würden. In solchem Falle mußte das Königreich auch in den Krieg verwickelt werden. So waren denn die Ritter, welche wie Zawisza, Farurej, Dobko und sogar wie Powala gewohnt waren, auf Abenteuer und Kämpfe an fremden Höfen auszugehen, jetzt in Krakau geblieben, weil sie nicht wußten, was die nächste Zeit bringen werde.
Denn falls Tamerlan, der siebenundzwanzig Länder beherrschte, das mongolische Reich in Unruhe versetzte, konnte die Gefahr unermeßlich werden. Und es gab Leute genug, welche voraussagten, daß es so kommen werde.
»Wenn es nötig sein sollte, werden wir uns mit dem Lahmen selbst messen,« sagten die Ritter. »In unserer Heimat wird ihm nicht alles so leicht fallen, wie in all den Ländern, welche er erobert und verwüstet hat, denn die andern christlichen Fürsten werden uns ja auch zu Hülfe kommen.«
Darauf bemerkte Zindram aus Maszkowice, welcher einen ganz besondern Haß gegen die Kreuzritter hegte, voll Bitterkeit: »Die Fürsten, das weiß ich nicht! Aber die Kreuzritter sind gewiß entschlossen, ein Bündnis mit den Tataren einzugehen und gegen uns auf der feindlichen Seite zu kämpfen.«
»Oh, das wird einen Krieg geben!« rief Zbyszko aus. »Gegen die Kreuzritter darf ich also kämpfen!«
Allein dem widersprachen die andern Ritter. Ihrer Ansicht nach kannten die Kreuzritter zwar keine Schonung ihrer östlichen Nachbarn, aber daß sie den Heiden gegen die christlichen Völker beistehen würden, war doch nicht anzunehmen. Uebrigens befand sich Timur auf einem Kriegszuge irgendwo in weiter Ferne in Asien, und der tatarische Feldherr Edyga hatte so viele Leute in der Schlacht verloren, daß ihm wahrscheinlich der eigene Sieg Schrecken einflößte.
Die Ritter standen gerade im Begriffe, sich zu entfernen, als ein Hofherr der Fürstin mit einem Falken auf der Hand eintrat. Nachdem er sich vor den Rittern verneigt hatte, wendete er sich mit eigentümlichem Lächeln zu Zbyszko: »Die hohe Frau befahl mir, Euch zu sagen,« begann er, »daß sie heute noch in Krakau übernachten und erst morgen in der Frühe aufbrechen werde.«
»Es ist gut!« erwiderte Zbyszko, »aber weshalb denn? Ist jemand erkrankt?«
»Nein; doch hat die Fürstin einen Gast aus Masovien.«
»Ist der Fürst selbst angelangt?«
»Nicht der Fürst, aber Jurand aus Spychow,« entgegnete der Hofherr.
Als Zbyszko dies hörte, geriet er in die größte Bestürzung, und sein Herz klopfte eben so heftig wie damals, als ihm das Todesurteil verlesen worden war.