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Das missionarische Wort

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Alle Worte, die unsere Sprache des Glaubens sucht und findet, stehen folglich im Dienst der Mission Gottes. Wozu reden wir? Wir möchten Menschen in die Gegenwart Gottes führen, möchten sie für das Evangelium öffnen und gehen davon aus, dass der Auferstandene die Herzen erreicht.

Bereits in mit Denken und in mit Machen habe ich entfaltet, dass ich unter »Mission« nicht nur das einseitige Anpredigen oder gar einen bestimmten Stil der Verkündigung verstehe. Nein, Mission ist die gesamte Liebesbewegung Gottes zu seinen Menschen, in die er uns Christen hineinzieht. Das Reden ist allerdings ein Teil davon – ein wichtiger Teil, wie wir gesehen haben.

Auch das Leben der Gemeinde, der Dienst für Bedürftige und das Eintreten für Gerechtigkeit sind missionarische Aufgaben. Bereits in der Pfingsten gegründeten ersten Gemeinde wird dies schnell sichtbar (Apg. 2,41-47).

Das Wort Gottes zu verbreiten steht allerdings meistens im Vordergrund und interpretiert und begründet auch das diakonische Wirken der Gemeinde. Die Apostel predigen, lehren und ermahnen. Der Diakon Stephanus wird nicht wegen seiner diakonischen Arbeit, sondern wegen seiner Predigt zum ersten Märtyrer. Paulus und seine Gefährten durchziehen den Mittelmeerraum und kommen bis nach Rom. Überall, wohin sie kommen, suchen sie das Gespräch mit den Menschen und predigen. Das gesamte Neue Testament macht deutlich, dass die verbale Verkündigung des Evangeliums in Gottes Mission eine herausragende Rolle spielt.

»Der Glaube kommt aus der Predigt!« (Rö. 10,17), übersetzt Luther den Apostel Paulus. Den griechischen Text genau übersetzt heißt es hier: »Der Glaube kommt aus gehörter Botschaft!« Nicht nur eine Gestalt der Verkündigung, also etwa die Sonntagspredigt von der Kanzel, ist gemeint. Nein, wie immer und wo immer die Botschaft Jesu zur Sprache kommt, wird gehört und zugehört und es entsteht Glaube. In Worte und Sprache gefasstes Glaubenszeugnis kommt Menschen zu Ohren und wird zum Instrument Gottes für seine Mission. Wo immer sich Pfingsten ereignet, bleibt es also ein Hörwunder: Es wird geredet, gehört und »zu Herzen genommen«. So wird es auch hier und heute Pfingsten.

Gottes Wort aus unserem Mund

»Das Wort wird Fleisch und wohnte mitten unter uns.« (Joh. 1,14). Es ist aus meiner Sicht nicht nur wundersam, sondern enthält eine gewisse Logik, dass Gott sich im Menschen Jesus offenbart. Wie sonst, wenn nicht als Mensch unter Menschen, sollte Gott sich verständlich machen. Damit wir ihn verstehen, bedarf es menschlicher Gestalt, Gedanken und eben auch Worte. Was wir über Gott wissen und sagen können, kommt deshalb ausschließlich in Bindung an Jesus als Inkarnation (Menschwerdung) Gottes zum Ausdruck. Dies habe ich schon mehrfach beschrieben. Was darin allerdings auch enthalten und eingeschlossen ist: Wir werden nicht immer verstanden, manchmal im Gegenteil sogar völlig missverstanden (Joh. 1,10-11).

Nur jener Pfingstgeist Gottes kann diese Verstehensbarriere durchbrechen. Was dann geschieht, nennt der Evangelist Johannes »aus Gott geboren werden« (Joh. 1,12-13; Joh. 3,3). Möglich wird dies nur durch Gott selbst. Dies zu bewirken, ist Sinn und Ziel der missio Dei (Mission Gottes).

»Wer euch hört, der hört mich!« (Lk. 10,16).

Gott geht noch einen Schritt weiter. Der Auferstandene setzt die Jüngergemeinde ein, um das weiterzuführen, was er zu Lebzeiten begonnen hat. Jesus bindet sich an seine Gemeinde, beauftragt, bevollmächtigt und sendet sie in die Welt. Das Wort Gottes ereignet sich auch in den Jahren »nach Christus« im Menschenwort. Gott legt es sozusagen in unseren Mund. Das ist das eigentlich Aufregende unserer Verkündigung. Nicht Zeichen und Wunder, nicht die pfingstlichen Ergebnisse, nicht die ausgelösten Gefühle und Taten sind das großartigste Geschenk im Leben der Christen. Nein, die Tatsache, dass Gott sich durch unsere menschlichen Worte in dieser Welt mitteilt, ist das eigentliche Wunder. Nicht nur Billy Graham, Paul Raj (Indien), Spurgeon oder jener junge Prediger, dem der Evangelist damals begegnet ist – auch Sie und ich werden zu Trägerinnen und Trägern des Wortes Gottes.

Auch da gibt es aufregende und wunderbare Geschichten zu erzählen. Hier nur zwei davon:

Dr. Satish Kumar, sammelte 2005 in Hyderabad, der Hauptstadt des indischen Bundesstaates Telangana (damals noch Andhra Pradesh), eine kleine Gemeinde von 25 meist jungen Leuten um sich. Die Gemeinde wuchs, zuerst langsam, dann immer schneller. Als ich 2017 das erste Mal dort war, hatte der »Calvary-Temple« bereits 95.000 Mitglieder. Heute sind es über 300.000 und zusätzlich viele Zigmillionen sonntägliche Zuschauer am eigenen Fernsehkanal. Jeden Sonntag werden fünf Gottesdienste in zwei Hallen mit je mindestens 18.000 Besuchern gefeiert. Der Calvary-Temple ist inzwischen die zweitgrößte christliche Gemeinde der Welt. Bei jedem Besuch und in Gesprächen mit Mitarbeitern und Gemeindegliedern hört man immer dasselbe: Nicht große Wunder, nicht die professionelle Show und auch nicht die Diakonie macht die Gemeinde so groß. Nein, es ist nur das gepredigte Wort des Gemeindegründers Satish Kumar. »The Voice of Calvary« wird er genannt, »die Stimme von Golgatha«. »Er bringt uns das Wort Gottes!«, sagen seine Hörerinnen und Hörer immer wieder. »Er redet so wie wir es verstehen. Er spricht unsere Sprache und erreicht uns in unserer Welt.« Auch Satish Kumar selbst kann darüber nur staunen. Gott nutzt seine Worte.

Also muss man schon ein begnadeter Redner sein, wenn man durch Worte in Gottes Mission Erfolg haben will? Keineswegs. Kontrastbeispiel ist mein alter Seelsorger. Er redet langsam, bedächtig und überlegt. Erdwig ist eher ein ruhiger Typ, kein klassischer Redner und kein »Evangelist«, wie man ihn sich vorstellt. Erdwig hat sich über Jahrzehnte mit viel Geduld und Treue um die jungen Leute seiner Gemeinde bemüht. Er hat sie besucht, mit ihnen auf Freizeiten so manches erlebt und hat mit ihnen gezielt und persönlich viel geredet. Wie bei Satish in Indien waren es zu Beginn nur wenige, die er erreicht hat. Dann entstand eine junge Gemeinde. Eine Band wurde gegründet. Es gab Widerstände. »Der Satan von Hambergen« verführte aus Sicht mancher Eltern die Jugendlichen und machte sie zu Sektenmitgliedern. Der geistliche Aufbruch im Landkreis Osterholz war für viele beeindruckend. Allerdings schlief er nach einigen Jahren wieder ein. Die jungen Leute gingen ihre Wege in Ausbildung und Beruf.

Ein Misserfolg des Wortes? Keineswegs! Viele der Jugendlichen sind in den hauptamtlichen Dienst von Kirchen und Gemeinden gegangen, andere engagierten sich ehrenamtlich. Viele wurden, oft Jahre später, selbst zu Missionaren und gaben ihren Glauben fröhlich weiter. Es war gewissermaßen ein Segen mit Spätzündung, in zweiter Generation. Erdwig hat sehr viele Multiplikatoren des Wortes gewonnen. Er hat auf diese Weise unzähligen Menschen den Weg zu Gott ermöglicht. Auch wenn er kein begnadeter Redner war – er war und ist doch ein begnadeter Zeuge des Evangeliums und hat sein »Licht niemals unter den Scheffel gestellt« (Mt. 5,15).

Warum erzähle ich diese beiden so unterschiedlichen Beispiele? Mir ist wichtig, dass Gott sein Wort in menschliche Worte kleidet und damit seine Gemeinde baut. Dies passiert sehr, sehr unterschiedlich. Die Verkündigung und das pfingstliche Verstehen geschieht auf vielerlei Weise und aus mancherlei Munde ... aber es geschieht!

 Gott legt sein Wort in unseren Mund! Er begegnet uns nicht »von oben« wie ein Wind, Sturm oder ein Geistesblitz – er begegnet uns in Menschen und deren Worte. Gott ist allemal seit Jesus ihn gezeigt hat, ein Gott »von unten«.

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