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|30|Ideen und Erfindungen

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Die Seidenstraße war natürlich vorrangig ein Handelsweg, der aber mehrere große kulturelle Räume mit unterschiedlicher Geschichte und Ideenwelt verband. Deshalb verwundert es nicht, dass über dieses Wegenetz nicht nur materielle Güter, sondern auch Erfindungen, neue Technik und schließlich auch religiöse Vorstellungen und Religionen (vgl. Seite 32f.) verbreitet wurden. Dabei war der Kultur- und Techniktransfer vor allem von Ost nach West ausgerichtet; die unterschiedlichen Religionen jedoch gelangten alle von West nach Ost in ihre neuen Gebiete. Die Seidenstraße hat als kulturelle, wissenschaftliche und religiöse Verbindung eine hohe Bedeutung; Kaufleute und Pilger erzählten von dem jeweils anderen Kulturgebiet und regten zur Übernahme fortschrittlicher Techniken an.

Das wird vor allem an vielerlei Erfindungen Chinas sichtbar, die über die Seidenstraße nach Westen gelangten. Seide und kostbare Stoffherstellung (Damast, Brokat) sind bereits genannt worden. Die wohl wichtigste Erfindung aber ist das Papier. Im Westen waren zu römischer Zeit Papyrus (vgl. Seite 198f.), dazu Pergament und Wachstafeln als Schriftträger gebräuchlich. In China dagegen wurde seit der Zeitenwende Papier genutzt. Als sein Erfinder wird Cai Lun (50–121 n. Chr.) genannt, doch gibt es Funde von Papierstücken bereits aus dem zweiten vorchristlichen Jahrhundert. Die Materialien, aus denen Papier mit feinen Sieben geschöpft wurde, waren Hanf, Lumpen und Bast. Papier diente in China als Schreibmaterial, aber seit dem 2. Jahrhundert auch als Taschentuch und seit dem 15. Jahrhundert als Toilettenpapier. Im 7. Jahrhundert wurde vom Tang-Kaiser Gaozong zum ersten Mal Papiergeld ausgegeben; aber erst die Mongolendynastie verwandte ab dem 13. Jahrhundert Papiergeld in hohem Maß. Über Samarkand (ca. 750 n. Chr.) und Bagdad (ca. 870 n. Chr. erster Papiercodex) und Andalusien gelangte Papier im 12. Jahrhundert nach Europa und löste Papyrus und Pergament ab. In Europa wurde die Herstellungstechnik verändert: Papiermühlen zerkleinerten das Grundmaterial, Papierpressen lösten das Schöpfen per Hand und anschließende Trocknen an der Luft ab.

Buchdruck mit Holztafeln gab es in China seit 868 n. Chr.; in Korea wurde die buddhistische Tripitaka Koreana im 13. Jahrhundert |31|mit 81.258 Druckstöcken hergestellt. Dort gab es spätestens seit dem 12. Jahrhundert bereits die Technik eines Drucks mit beweglichen und wiederverwendbaren Metalllettern – dreihundert Jahre, bevor Johannes Gensfleisch, genannt Gutenberg, um 1451 eine vergleichbare Technik in Europa unabhängig von Asien erfand. Die Technik des Holzblockdrucks allerdings gelangte vorab über die Seidenstraße nach Europa.


Handgeschöpftes und rot gefärbtes Papier, Dorf bei Luang Prabang, Laos

Dies gilt auch für viele andere Erfindungen und Techniken: Kriegstechnik (Schießpulver, Feuerwerk, Bomben, Granaten, feuerspeiende Lanzen [Schusswaffen]), Kompass zur Orientierung auf See, in China auch zur Nutzung durch Geomanten (Feng-Shui), Steuerruder, abgedichtete Schotten im Schiffsbau, Seismograph, Pferdegeschirre und Steigbügel, zweirädrige Schubkarren und vieles andere. Zudem wurden Agrarerzeugnissen getauscht: Nudeln etwa gab es in China bereits vor sechstausend Jahren, in der Antike dürfte die Produktionsweise der Nudeln über die Seidenstraße nach Europa gekommen sein. Die schwäbische Spezialität der Maultaschen (in Italien ähnlich Ravioli und Tortellini) entspricht der älteren Herstellung der chinesischen Jiaozi mit Fleisch- und Gemüsefüllung. Auch das »deutsche« Sauerkraut geht auf China und Korea (Kimchi) zurück.

Die Welt der Seidenstraße

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