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3. Zur Geschlechterbeziehung

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Solche oder ähnliche Analysen werden im Kern ja wohl zutreffen. Dennoch wende ich ein: Was als Abenteuer, was als Flirt, als unverbindliches Spielchen beginnt, kann immer noch Liebe werden. Das Leben insgesamt ist ja Übung. Gerade auch die Liebe will eingeübt sein – oft über tragische Umwege, manchmal über längere Irrwege und schwerwiegende Fehler. Es kann dann unter Umständen sein, dass eine Paarbeziehung als zerrüttet, als nicht mehr lebbar erscheint und deshalb beendet wird – um mit einem anderen Partner eine neue Chance zu erleben und mit ihm einen neuen Anfang zu suchen.

Dem Bruch oder der inneren Aushöhlung einer Partnerbeziehung geht meist ein mehr oder weniger schuldhaftes Verhalten auf beiden Seiten voraus. Das heißt aber nicht, dass die Trennung vom Partner in jedem Fall etwas Verwerfliches wäre. Es kann – wie noch genauer zu erörtern ist6 – Situationen geben, in welchen die Trennung um der Würde der Partner willen sogar zwingend erforderlich ist.

Aber ihrem eigentlichen Wesen nach ist die Liebe von Mann und Frau, das ist meine innerste Überzeugung, auf Dauer hin angelegt. Dieses Wesen der Partnerliebe kann zwar nicht immer realisiert werden. Umso wichtiger aber ist es, dieses eigentliche Ziel der Liebe nicht gänzlich aus den Augen zu verlieren.

Die tiefe, der Herzensmitte entspringende Partnerliebe ist etwas Großes. Sie ist etwas wunderbar Schönes, ja Heiliges, das von Gott kommt und zu Gott hinführt. Eine derartige Paarbeziehung ist ein kostbares Gut, viel zu kostbar, als dass es fremden Interessen geopfert werden dürfte. Nein, der Partnerliebe eignet eine unantastbare Würde und sie hat ihren Wert durchaus in sich selbst.

Freilich will ich keiner ›losgelösten‹ Zweierbeziehung das Wort reden, keinem verantwortungslosen, allein auf sich selbst bezogenen ›Egoismus zu zweit‹. Denn Liebe besteht – um ein bekanntes Wort von Antoine de Saint-Exupéry etwas abzuwandeln – nicht nur darin, »dass man einander ansieht«, sondern zugleich auch darin, »dass man in die gleiche Richtung blickt«.7

Was Paare nachhaltig und auf Dauer verbindet, sind vor allem die gemeinsamen Ziele und Aufgaben. Paarbeziehungen dürfen sich also nicht isolieren von der Welt und von der Gesellschaft. Selbstverständlich müssen sie – anders könnten sie gar nicht gelingen – fest eingebunden sein in ihre soziale Umgebung, in Freundeskreise, ja in das Ganze der Schöpfung. Und die Paare müssen im Rahmen ihrer Möglichkeiten Verantwortung übernehmen in der Gesellschaft und in ihrem besonderen Umfeld.

Was aber zurückgewiesen, was kritisiert und bekämpft werden müsste, sind soziale Rahmenbedingungen, die die Möglichkeit einer personalen Liebesbeziehung von Mann und Frau nicht fördern, sondern eher behindern. Ich denke – um ein extremes Beispiel zu bringen – an autoritäre Strukturen, an totalitäre, inhumane Systeme, die die individuelle Person und ihre Privatsphäre zu entmündigen und zu reglementieren versuchen. Auch die Ehen und die Familien können in solchen Systemen – unter entsprechenden Umständen, wenn die Ideologie es verlangt – dem Kollektiv oder der Staatsräson zum Opfer gebracht werden.

Individuelle Personen und somit auch Partnerbeziehungen dürfen in keinem Fall zum Spielball werden für ›höhere‹ Mächte. Paarbeziehungen sind zwar ein Teil der Gesellschaft, aber die Gesellschaft darf über sie nicht bestimmen. Genau dies aber geschieht in manchen politischen, kulturellen oder religiösen Systemen – wenn z. B. festgelegt wird, wer wen heiraten darf. Oder wenn sogar festgelegt wird, wer wen heiraten muss (zum Beispiel aufgrund einer Schwangerschaft)! Ganz zu schweigen von den Kinder-Ehen, wie sie in europäischen Adelshäusern lange Zeit üblich waren und wie sie teilweise noch heute in manchen Ländern und Kulturen der Brauch sind: eine Praxis, die personale Geschlechterliebe schon im Ansatz erstickt und (innerhalb der Ehe) gar nicht erst aufkommen lässt.

Für immer und ewig?

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