Читать книгу Sammelband 4 Horst Bieber Krimis: Zeus an alle / Was bleibt ist das Verbrechen / Moosgrundmorde / Nachts sind alle Männer grau - Horst Bieber - Страница 15

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4.


Mischa lag in einem Lieferwagen, der auf dem Hof einer Firma parkte. Die einzige Tür war fest verschlossen, doch die Deckklappen standen offen, sodass er die Geräusche und zuletzt die Stimmen der Arbeiter hören konnte, die nach Hause gingen. Ein vorausschauender Mensch hatte ihm mehrere Flaschen mit Wasser hingestellt; im Laufe des Nachmittags heizte die Sonne den Kasten mächtig auf, er schwitzte, und die Beinwunde begann erst zu jucken und zu stechen, dann zu schmerzen. Seine Armbanduhr zeigte sieben, als die Hecktür geöffnet wurde. Den Mann kannte er nicht.

«Na, wie geht’s?»

«Mäßig. Die Wunde tut verdammt weh.»

«Ich bringe dich nach Frankfurt. Wir mussten so lange warten, die Ringfahndung ist erst vor eineinhalb Stunden aufgehoben worden. Hältst du’s noch so lange aus?»

«Ich muss unbedingt pinkeln.»

Der Mann knirschte mit den Zähnen: «Dann komm mal!»

Die Fahrt wuchs sich zu einer einzigen Tortur aus. Jeder Rüttler und Hopser des Wagens teilte sich seinem Bein als schmerzhafter Stich mit. Manchmal war er nahe dran, laut loszuschreien. Niemand hätte ihn gehört, aber er kämpfte dagegen an, als entscheide ein Schrei über Leben und Tod. Nach drei Stunden hielt das Auto, der Fahrer öffnete die Tür und ließ einen anderen Mann zusteigen, der sich wortlos um die Wunde kümmerte, den Verband wechselte und bedenklich den Kopf schüttelte: «Das sieht nicht gut aus, Kumpel.»

«Hast du was gegen die Schmerzen?»

«Ich gebe dir eine Spritze. Du musst aber wach bleiben, bis wir dich in eine Wohnung gebracht haben.»

Nach der Spritze wurden die Schmerzen erträglicher, er konnte die Panik verscheuchen, die ihn ein paarmal überfallen wollte. Eine halbe Stunde später rumpelte der Lieferwagen über eine Schwelle auf einen Hinterhof und blieb endgültig stehen. Die Ruhe und Bewegungslosigkeit ließen Mischa schwindeln.

Der Fahrer und der «Arzt» halfen ihm heraus: «Es sind leider sechs Stockwerke - keine Angst, wir tragen dich, sobald wir sicher sind, dass kein Hausbewohner zuschaut.»

Sie verstanden ihr Fach, bildeten mit verschränkten Händen eine Art Sitz und sausten keuchend und prustend die Treppe hinauf. Das Haus war alt und heruntergekommen, die Stufen knarrten wild, von den Wänden bröckelte der Putz, und Mischa erkannte den Mief von Armut und stinkenden Toiletten. Hier wohnten Leute, die mit ihren eigenen Sorgen vollauf beschäftigt waren und sich um den Nachbarn nicht scherten, nichts hören, nichts sehen und nichts tratschen wollten.

Die alte Frau unter der Tür nickte ihnen kurz zu: «Ihr seid spät dran!» Keiner antwortete, die beiden rangen nach Atem, und Mischa biss die Zähne zusammen, um nicht vor Schmerzen zu wimmern. Zu dritt schleppten sie ihn in ein großes, kahles Zimmer von leidlicher Sauberkeit; Mischa glitt auf das Bett und nahm weder den «Arzt» richtig wahr, der sich an der Wunde zu schaffen machte, noch die Frau, die ihm etwas Bitteres einflößte.

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