Читать книгу Steinreich - Hugo Berger - Страница 10
An einem Vierundzwanzigsten hatte ich die Idee Lotto zu spielen.
ОглавлениеEs passierte irgendwo auf dem kurzen Weg zwischen Küchenzeile und abgenutzter Kunstleder-Couch, als die Radiostimme routinemäßig ein paar Zahlen heruntergeplappert hat, Sonntagvormittag, im Anschluss an die Nachrichten. Eigentlich weiß ich ehrlich gesagt gar nicht, weshalb ich da überhaupt immer wieder zugehört hatte. Es war nichts anderes als reine Zeitverschwendung. Ein geborener Jahrhundertpechvogel mit einem Anti-Glücks-Karma wie dem meinem hätte sich das beruhigt schenken können. Aber da gab es doch diese Geschichte mit dem blinden Huhn und dem Korn? Egal. Drei Zahlen waren im Geräusch-Mix einer sich selbst abschaltenden Kaffeemaschine, dem Knarzen der veralteten Küchenkästchen-Schublade und dem Rascheln der Kunststoffverpackung zu meinen Ohren durchgedrungen, als ich mit der Kartoffel-Chip-Tüte wieder auf der Couch gesessen bin. Wie üblich, sollte das mein zweites Frühstück sein und zugleich mein Mittagessen, so wie ich es alle Sonntage gehandhabt hatte. Obwohl ich zugegeben noch nie der begnadete Zahlenmerker gewesen bin, hatte sich meine Zahlenreihe mit den sechs Ziffern längst irgendwo wie ein Brandzeichen in einer Gehirnspalte so tief eingegraben, dass ich sie blind und aus dem Tiefschlaf erwachend rückwärts hätte aufzählen können. Vielleicht einfach deshalb, weil ich das Lieblingsglücksspiel der Deutschen Woche für Woche -völlig zwecklos, wie schon erwähnt- mitgespielt hatte. Obwohl… immerhin drei Richtige, das war im Ausnahmefall schon mal vorgekommen, okay. Drei Richtige, ein Zehner, das ist ein saftiges Schnitzel beim Schnitzelwirt. Verdammt, vielleicht auch ein Vierer, das ist ein Fuffi. Egal, Gewinn ist Gewinn, selbst ein Zehner ist für mich okay. Warum ich überhaupt noch auf die überflüssige Idee gekommen war, auch die anderen Zahlen im Bildschirmtext zu checken, weiß ich nicht mehr. Gewohnheit, banal und simpel!
Heilige Scheiße, auch die vierte Zahl stimmte überein! Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass ich schon mal vier richtige Kreuzchen gehabt habe, wow. Aber was dann kam hat mir den Boden unter den Füssen weggezogen, freier Fall, absoluter Irrsinn. Mein Herzschlag begann zu hämmern, bumbum bumbum. Konnte das sein? Die fünfte und die sechste Zahl waren ebenfalls identisch! Lesefehler? Nochmal. Skeptisch verglichen meine Augen die Zahlen im Bildschirmtext in gedanklicher Zeitlupe Zahl für Zahl. Aber mein auf Verlierer getrimmter Verstand konnte immer noch nicht begreifen, was meine Augen gerade abgelesen hatten.
Was war da gerade passiert? Hatte ich soeben dieselben Zahlen gelesen, die ich regelmäßig auf meinem Lottoschein ankreuzte? Meine Zahlen? Was, wenn ja? War ich besoffen oder träumte ich? Unmittelbar stieg eine gewaltige Hitzewelle in mir auf, die sich im nächsten Augenblick in den Temperatur-Keller meines Media-Markt-Kühl-schranks verwandelte und mich wie zu einem Eisklumpen gefroren dasitzen ließ, regungslos und unfähig einen klaren Gedanken zu fassen. Wo blieb der urgewaltige Freudenschrei und der Ausbruch der Emotionen? Ich kann mich lediglich noch daran erinnern, dass mich einen zeitlosen Gedankengang später ein Schock wie ein Stromschlag in die schlachthofgraue Realität meines Looser-Daseins zurückholte.
Verflucht, wo habe ich diesen verdammten Lottoschein? In der Schublade? Im Geldbeutel? Ich habe doch gespielt und abgegeben, oder? Ich habe doch diese Zahlen angekreuzt, so wie immer, oder nicht? Wie ein urplötzlicher Messerstich waren diese Fragen gnadenlos in mich eingedrungen und hatten dabei jeden Bruchteil von aufkommender Freude zu blanker Panik werden lassen. Das Wechselbad von Freude und Angst war wie eine kochende Suppe, die im nächsten Moment zur Tiefkühlkost erfror. Es erstickte den vermeintlichen Traum vom Glück im Keim, bevor er überhaupt die Chance eines Atemzugs hatte. Vielleicht wäre ich unter normalen Umständen angesichts des Unglücks im Glück und einem abhanden gekommenen Lottoschein mit den sechs Richtigen sogar bewusstlos zusammengeklappt, wenn ich nicht an das Szenario gewöhnt gewesen wäre, immer auf der Verliererseite zu sein. So aber war ich nur wie versteinert, unfähig mich zu bewegen, unfähig zu schreien, unfähig irgendwas Rationales oder Emotionales von mir zu geben. Die Frage aber blieb, wo war der verdammte Lottoschein.
Was hatte ich in meinem bedauernswerten second-hand-Leben nicht schon alles verloren. Das waren mehr als nur Handy, Autoschlüssel und die PIN meiner Bankkarte. Das waren mein Elternnest, kaum dass ich Achtzehn war, den Kontakt zu meiner Restfamilie oder das, was man Familie nennen könnte, meine pretty woman -mehrmals-, mein Großvater, der einzige, der wirklich zu mir gehalten hat, der Autofahrer-Lappen, wegen ein paar lächerlichen Promille, mehr als ein Job, von denen die meisten es aber gar nicht wert waren, eine abgefackelte Bude für eine viel zu hohe Miete, alles, was etwas Geld wert gewesen wäre, einschließlich des für mich Erspartem meines Großvaters beim Black Jack, die meisten meiner Autos, nachdem sie unfallbeschädigt nicht mehr reparierbar waren, meine Glaubwürdigkeit, mein bisschen Stolz und am Ende die Hoffnung und der Glaube an die Gerechtigkeit. Und jetzt auch noch die Fahrkarte in ein anderes Leben. Was nun? Lottoschein suchen.
Zugegeben, meine Bude war weit entfernt von einem perfekt durchorganisierten Zentrum eines pflichtbewussten spießigen Aktensortierers. Leitz-Ordner mit einem alphabetischen Register sind auch nicht unbedingt mein Ding und der unkatholische Stapel ohne irgendwelche einschränkenden Sortier-Systeme ist mir grundsätzlich schon immer deutlich sympathischer gewesen. Natürlich bedeutet das im Gegenzug, dass sich eine Geburtsurkunde, ein Schreibstück oder ein simples Heftpflaster zwischen dem Kochbuch für Singles und den alten Schallplatten, die ich kaum mehr anhöre, hineingemogelt hat. Und genauso natürlich konnte eine Packung Nudeln bei den Auswechselglühbirnen hinter dem provisorischen Werkzeugkasten im Abstellfach untergetaucht sein. Aber so ein lächerlich kleiner Lottoschein, der konnte weiß Gott wo überall vor sich dahindümpeln. Ob ich wollte oder nicht, es gab nur den einen verfluchten Weg, die ganze Single-Bude komplett auf den Kopf zu stellen, so sehr ich eine solch aufwendige Aktion auch hasste.
Es überraschte mich gar nicht, dass dieses scheiß kleine Papier-Ding mit den sechs Kreuzchen einfach nicht zum Vorschein kommen wollte, egal wo ich auch suchte. Es war echt zum Kotzen. Selbst der Papierkorb und der Abfallkorb blieben eine Niete. Es war zum Verrücktwerden, zum Durchdrehen. Na klar, so was von verdammt klar. Nicht mal das funktionierte bei mir. Und genau in diesem wichtigen Moment in meinem Drecks-Leben war das Looser-Karma, das mich seit meiner Kindheit wie eine unausrottbare Seuche verfolgt hat, wieder präsent. Es hatte wieder einmal mehr die beschissene Oberhand gewonnen, eigentlich gar keine Überraschung. Die ganze Durchwühlerei war für den Arsch gewesen. Am Ende blieb also nur eine wie von einem FBI-Team zerlegte Junkie-Unterkunft übrig und die sehr schmerzhafte Erkenntnis, dass ich mir wohl den Gewinn meines Lebens einfach in die Haare schmieren konnte, scheiß drauf.
Alles war wie immer! Mit Ausnahme meiner relativ stabilen Gesundheit hat sich das komplette Pechvogel-Programm wie ein dunkelroter Faden durch die Biografie meines Lebens gezogen.
Mein erstes negatives Highlight war mein Vater. Er war einfach nicht existent, niemand, den ich so nennen konnte. Nicht einmal meine Mutter konnte das. Sie war eine attraktive, schlanke blonde Frau, Isabella Steinreich. Sie hatte keinen Krümel Geld und musste mich allein großziehen und nebenbei die Miete für unsere Wohnung aufbringen. Erst heute war mir klar geworden, womit sie sich finanziell in dieser Zeit über Wasser gehalten hatte, und warum sie mich jeden Nachmittag zum Spielen rausgeschickt hat, egal welche Jahreszeit, egal welches Wetter und mir strengstens verboten hat vor sechs Uhr abends wieder zuhause zu sein. Das ist erst anders geworden nach meinem zweiten negativen Highlight, als sie diesen Kotzbrocken von Stiefvater, den Willi, geheiratet hat. Er wird wohl einer dieser Nachmittags-Männer-Besucher gewesen sein. Ich wusste nie, warum, aber er hat mich auf dem Kicker gehabt, vom ersten Tag an. Für ihn war ich nur ein lästiger Bengel.
Mann, so eine Riesenscheiße! Verdammt, was wäre das für ein Ding gewesen, ein Lottogewinn, fettes Geld, endlich in die Sonne eines Lebens zu blicken, das man als lebenswert bezeichnen konnte. Ich habe es mir immer in tollen Bildern ausgemalt, echt oberaffengeil. Jokü-Riepa-Pokau-Mefli-Neuwo. (Job kündigen, Riesenparty, Porsche kaufen, Mexiko fliegen und neue Wohnung).
Die Hitliste war schon lang in meinem Kopf verewigt als ob ich sie als kleiner Junge in einen Baum oder in eine Parkbank eingeritzt hätte, so wie es die Liebespaare mit ihren Vornamen und einem Herzen tun. Die Wunschliste war gerade in diesem Augenblick sie so penetrant vor meinen Augen gewesen wie der TV-Werbeblock fünf Minuten vor Ende des Blockbusters.
Werbung eins, ich kündige den unterbezahlten Job, gefolgt von Werbung zwei, in der ich eine Riesenparty mit allem Drum und Dran schmeiße. In der dritten Produkt-Platzierung erscheint ein nagelneuer roter Porsche, der ganz allein mir gehört, anschließend fliege ich nach Mexiko zum Traumurlauben und im letzten Werbejingle suche ich mir eine megaschicke neue Wohnung in einer gepflegten Gegend, die sich sehen lassen kann. Vermutlich war das nicht großartig abweichend von der Wunschliste anderer Glücksschwein-Kollegen, die ihren verfickten Lottoschein tatsächlich in und zur der Hand haben.
Das wäre mein Traum gewesen. Verdammt nochmal und ich bin so scheiß nahe dran gewesen. Ich mochte es nicht glauben, ich konnte es nicht glauben. Diese verflixte Lottoquittung konnte sich doch nicht in Luft aufgelöst haben.
In meiner ausweglosen Situation musste ich an Fix denken, er hätte den Schein mit Sicherheit gefunden. Er hat immer alles gefunden, den versteckten Schlüssel jeder Gartenlaube, mein geheimes Kondomversteck, den Weg zur abgelegensten Spelunke, vielleicht sogar diese Nadel in diesem Heuhaufen, einfach alles. Er hatte immer die Nase dafür, den richtigen Riecher. Fix, seinem Ausweis nach eigentlich Tom Freund, schlaksige einsneunzig und dunkelhaarig. Er war ein echtes Phänomen auf seine Art, und trotzdem hat er -bis auf seine zugegeben geniale Autoschrauberei- nichts daraus gemacht. Aber wenn ich ihn gefragt hätte, an welcher Stelle ich suchen sollte, dann hätte er mich wahrscheinlich einfach angesehen, voller Zuversicht, so wie er es immer tat. Er würde nicht lange gegrübelt, in seinen unzähligen Hosen- und Jackentaschen herumgekramt und ermahnend zu mir gesagt haben:
„Meine Fresse, jetzt mach dir bloß nicht ins Hemd. Wir finden dieses verfickte Papierschnipsel.“ Bestimmt hätte er dazu einen Gesichtsausdruck aufgesetzt, als ob er nachdenken würde und kurz darauf einen seiner Schraubenschlüssel aus der Hosentasche gefingert haben. Mit ihm hätte er in der Manier eines Profi-Zauberers in der Luft herumgefuchtelt wie mit einem Zauberstab, ihn auf mich gerichtet und dann hätte er gesagt:
„Du weißt es. Mach deine Augen zu, denk an einen geilen dreihundert-PS-Schlitten, stell dir den Kofferraum vor, das Handschuhfach, die Seitenablage, das Konsolenfach. Denk an nichts anderes.“ Nach einer gut inszenierten Gedankenpause wäre an dieser Stelle immer sein „ich zähle bis drei!“ gekommen, gefolgt von einem coolen Grinsen und seinem Standardspruch: „Des kleinen Mannes Sonnenschein ist ficken und besoffen sein … oder dieser Lottoschein.“
Und plötzlich hatte ich den einzigen Platz im Kopf, an dem ich noch nicht nachgesehen hatte. Wie ein Geistesblitz, zu simpel, um es auf Anhieb gewusst zu haben. Meine unspektakuläre Hosentasche, in der sich so manches sammelte, was gerade noch Platz fand.
Fix war ein Unikum an Ideen und Einfällen. In unserer Tom-und-Huck-Phase sind wir fast täglich ausgerückt, Schatzsuche statt Schule. Fix war von dem zwanghaften Drang besessen, etwas auszugraben zu wollen. Von seinen supergeheimen auf Pergament gekritzelten Schatzkarten behauptete er felsbrockenfest, dass er sie in einem uralten Buch in der öffentlichen Bibliothek gefunden hatte. Kann man glauben oder nicht. Egal, wir waren Jungs und wir haben wirklich alles Mögliche ausgebuddelt, einen Klodeckel, ein Gebiss, eine Blechdose mit unbekannten verrosteten Münzen, ein vergrabenes Mofa und ein paar Knochen.
Natürlich liegt jetzt -mehr als 20 Jahre später- der Verdacht nahe, dass er die Schatzkarten selbst gekritzelt und auch den ganzen Kram selbst verscharrt hat, um ihn dann später unter großem Trara mit mir wieder ans Tageslicht zu befördern und mit der Trophäe seine Schatzsucher-Fähigkeiten unter Beweis stellen wollte. Aber er war einfach der Typ für die Show, das hat er nie abgelegt, dieser irre Hundling. Im Gegenteil, er hat sein schauspielerisches Talent mit den Jahren weiter perfektioniert und daraus etwas gemacht, das er in allen möglichen Lebenslagen angewendet hat. Und er tut es immer noch.
Hokuspokus, ein Griff in die Hosentasche. Danke Fix, echt, tausend Dank. Telepathie? Was weiß ich, auf jeden Fall hatte ich dieses verknitterte Stück Papier in meiner Hand, plötzlich so selbstverständlich, so banal und so logisch wie ich den Spielschein für jeweils vier Wochen regelmäßig bei der Lottotussi abgegeben hatte.
Ich hätte lauthals schreien können, vor Erleichterung, vor Glück und davor, dass ich endlich den unumstößlichen Beweis für mein neues Leben in der Hand hatte. Ich tat es aber nicht. Verdammt, dieses ständiges Hin-und-Her-Wechselbad zwischen Glück und Nicht-Glück wie zwischen Sauna-Aufguss und Tiefkühlfach. Wer kann so ein nervenaufreibendes Auf und Ab verkraften? Ich gehörte nicht zu diesen tuffen Typen, die in aller Lässigkeit der Menschheit mal kurz die sechs Richtigen checken, sich auf einem gelben Post-it dann schnell ein paar Notizen über ihre to do`s machen, das gelbe Ding vorne auf die Kühlschranktüre kleben, dazwischen kurz die Welt retten und sich dann vom Kühlschrank ein eiskaltes Bier holen, so, als ob ihr Fußballverein soeben mal ein Auswärtsspiel gewonnen hat. Nein, diese Art von Coolness gehörte nicht zu meinen Eigenschaften. Etwas anderes begann mich dafür kurz darauf aufs Neue zu quälen, nachdem ich die Schockstarre überwunden hatte. Es waren diese blöden überflüssigen Drecks-Zweifel, dich mich wieder einholten und mich aufs Neue verunsicherten, ob ich tatsächlich die richtigen Zahlen im Bildschirmtext abgelesen hatte, ob das alles tatsächlich gerade in Wirklichkeit passiert war. Und wieder raste mein Puls wie eine Rakete nach oben, gefolgt von einem massiven Schweißausbruch mit dicken regentropfengroßen Schweißperlen auf der Stirn.
Es kann nur an meiner lebenslangen Minderwertigkeits-Krise gelegen haben, dass ich so verdammte Schwierigkeiten gehabt hatte, mir selber eingestehen zu können, dass dieses scheiß kleine ramponierte Stückchen Papier in meiner Hosentasche ein völlig neues, anderes Leben bedeutete. Es brauchte Zeit, bis es mir endlich gelang, diesen inneren Widerstand aufzugeben und aufhörte, mich gegen das Glück zu wehren. Der Moment war gekommen, mein komplettes inneres Verlierer-Feeling mit all seinen beschissenen Erlebnissen in eine Kiste zu verpacken und in dem tiefsten Loch der Erde zu versenken.
Stunden oder nur Minuten? Das Zeitgefühl war zwischen rastlosem Gedankenabfall, Angstattacken und dem geleerten Alkoholbestand aus meinem Kühlschrank längst abhanden gekommen, dafür war vorsichtige Freude den paranoiden Nicht-Gewinn-Gedanken gewichen. Ich vermute -hätte ich mich selbst sehen können-, dass ich mit total verklärten Blick auf meiner so was von alten Couch gehockt bin und die Leergut-Batterie auf dem Tisch vor mir angestarrt habe.
Doch, jetzt erinnere ich mich wieder. Ich war damit beschäftigt gewesen, mir vorzustellen, welches Sümmchen ich zu erwarten hatte. Die Rechenmaschine in meinem Kopf bemühte sich, eine Summe auszuspucken, die mir auf der Zunge lag. War es zu blauäugig, sich eine ganze Million auszumalen? Vielleicht ein bisschen mutig, aber allein das Wort -Million- war magisch und unvorstellbar zugleich. Ich musste mir das erst einmal bildlich vorstellen, eine ganze Million, ein Berg voller Geld, eine Riesenzahl mit verflucht vielen Nullen, echt krass. Ja, ich erinnere mich wieder ziemlich genau. Ich malte die Summe auf den weißen Rand einer alten Zeitschrift und stellte beim ersten Versuch fest, dass fünf Nullen zu wenig sind und im zweiten, dass eine Million genau so viele Nullen hat wie die Anzahl der richtigen Lottokreuzchen, nämlich sechs. Danach -glaube ich- hatte ich ein Blackout, oder vielleicht war ich auch nur mehr oder weniger alkoholbetäubt eingedöst.