Читать книгу Steinreich - Hugo Berger - Страница 19
12-das Leben ist eine Party-
ОглавлениеWährend ich meinen Gedanken zuhörte, lachte mich der Mojito in meiner Hand immer noch an und wartete nur darauf, dass ich mit dem bunten Strohhalm in die grünen Minze-Blättchen eintauchte und umrührte. Leider existierte der einzigartige erfrischende Geschmack von Rum, Zucker Minze und Eiswürfel nur in meiner Fantasie. Mein Mund dagegen fühlte sich in Wirklichkeit salzseetrocken an und die Vorstellung alleine konnte bei weitem nicht das immense Durstgefühl nach einem vernünftigen Drink zum Erlöschen bringen. Schade, Flüssigkeit jeglicher Art würde meinem Magen bestimmt gut getan haben.
Mein Trost war die Erfahrung aus allen vorangegangenen Besäufnissen. Auch wenn es dieses Mal die Mutter aller alkoholischen Exzesse gewesen war, die Nachwirkungen mussten irgendwann ein Ende haben, so wie immer. Dann endlich war der Boden unter meinen Füssen wieder fest und hart wie Stein, die Kraft in den Armen und Beinen wieder zurückgekehrt und das schleierhafte milchige Licht vor meinen Augen verschwunden. Mit klarem Blick und den Hirnzellen, die das Alkochaos funktionstüchtig überlebt haben, wollte ich meine visionären Pläne zu Taten werden lassen. Es war also nur noch eine Frage der Zeit, bis ich die ganze Welt vor Freude umarmen und meiner Kehle das geben konnte, nach was sie flehend verlangte.
Warum sollte ich mich also noch weiter mit den Folgen meiner Sauftour beschäftigen. Die Endorphine in meinem gewinnberauschten Hirn beförderten mich wieder zurück in diese verflucht coole mexikanische Hängematte und schaukelten mich weit weg von jeglichen Gedanken, die meinem Glücksrausch auch im Wege standen.
Was war mit meinen Hobbys? Formel Eins und Schwergewichts-Boxkämpfe kannte ich nur aus den Fernseh-Übertragungen. Nie im Leben hätte ich Geld für ein Ticket dazu gehabt, unbezahlbar. Was muss das für ein wahnsinnig tolles Erlebnis sein, live an der Rennstrecke sein zu können oder einen der begehrten VIP-Plätze am Box-Ring zu ergattern.
Jetzt endlich hatte ich die Möglichkeit, sogar so oft ich wollte. Und wenn ich Lust hatte, zur Abwechslung selbst eine Runde auf dem Nürburgring mit meinem Porsche zu drehen, kostete mich das Vergnügen nur etwas Kleingeld aus der Portokasse. Was ging mich auch dieser Autos-sind-böse-Quatsch an, wenn die grummelnden Porsche-PS unter der Motorhaube nur darauf warteten, das zu tun, wofür sie gebaut wurden. Die Gretas dieser Welt würden unseren Planeten auch nicht retten können, wenn in Brasilien Waldflächen groß wie ganze Bundesländer abgeholzt werden oder A-Länder wie Afrika, Asien, Amerika ihren Plastik-Müll weiterhin ungeniert ins Meer kippten. Zugegeben, nicht schön für unsere Welt, aber gleichzeitig die ebenso traurige Umwelt-Wahrheit.
Langsam leerte sich die Hitliste meiner Wunschgedanken. Bravo, ich war richtig fleißig gewesen. Meine Flügel, mit denen ich immer noch über mir und meinen visionären Träumen schwebte, hielten mich fest in der Position, die sich sphärisch anfühlte und jegliches Zeitgefühl verbannte. Vielleicht fühlte sich so ein Stück Ewigkeit an. Mit Sicherheit war ich galaktisch weit davon entfernt, jemals etwas annähernd Ähnliches in meinem Leben erfahren zu haben. Wenn es keine Ewigkeit war, dann war es vielleicht vergleichbar mit dem Gefühl, von Außerirdischen entführt zu werden.
Natürlich war das Unsinn. Nur in meiner Benommenheit tanzte ich mit links durch ganze Galaxien und Welten und landete im nächsten Trugbild wieder auf meiner imaginären Hängematte. Das Raumschiff ist Teil unseres Gehirns. Es ist gespickt mit unbegreiflichen Möglichkeiten von Zeitreisen und fantastischen Halluzinationen. Aber begannen die Bilder an Intensität zu verlieren, sie wurden blass und schwächer. Eine seltsame alles schluckende Stille legte sich unangekündigt über mein Hängematten-Paradies.