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1990 - Rabea Akbar - Der General

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Es war Anfang November, als Rayan ziemlich nervös am Haus von General Jack Tanner klingelte. Er stand vor einer Tür aus dunklem Holz, mit goldenem Türgriff und goldener Klingel.

Die Mauern waren frisch weiß getüncht, was den eleganten Eindruck, den das ganze Anwesen machte, noch vertiefte.

Rechter Hand konnte er den Garten hinter dem hohen Zaun und der dahinterliegenden Hecke nur ahnen, aber er hörte einen Brunnen plätschern.

Durch eine Lücke im Zaun war eine Terrasse über die ganze Breite des Hauses zu erspähen, mit gemütlichen Holzmöbeln, die mit bunten Kissen zum Hinsetzen einluden.

Er war zum Mittagessen eingeladen worden. Nachdem er im Camp als „Einheimischer“ normalerweise mit einer gewissen Herablassung behandelt wurde, war ihm dieser Sonderstatus einer Einladung zum Essen beim „Big Boss“ überhaupt nicht recht. Er war sich nicht sicher, wie die Soldaten reagieren würden, wenn sie davon erfuhren.

Außerdem hatte er schon so lange nicht mehr an einem Tisch gegessen. Hierzulande waren überwiegend die niedrigen Tische üblich, an denen man auf dem Boden sitzend aß. Er dankte in Gedanken seiner Großmutter, dass sie darauf bestanden hatte, ihm die Tischmanieren aus Deutschland beizubringen, wenn er sie besuchte. Clara hatte ihm versichert, dass die amerikanischen Tischgewohnheiten ähnlich waren, jedoch nicht ohne dabei spitzbübisch zu grinsen. „Na toll“, hatte er gedacht, „das wird ja eine schöne Blamage.“

Ein Bediensteter des Generals öffnete ihm die Tür, er wurde eingelassen und in den Salon gebracht.

„Da ist er ja, unser ‚Sohn der Wüste‘.“ Mit einem breiten Lächeln im Gesicht kam der General auf ihn zu. Er war Rayan von Anfang an sympathisch.

Breitschultrig, 52, wie Clara ihm heimlich verraten hatte und mit einem bereits leicht angegrauten Oberlippenbart ragte er durch seine Körpergröße von 1,94 m über die meisten Menschen hinaus. Gegen seinen Willen musste er feststellen, dass der General ihn ein wenig an seinen Vater erinnerte. Auch er hatte die ihm angeborene Eigenschaft, die Menschen zu beeindrucken, ohne viel aktiv dazu tun zu müssen.

Selbst wenn Claras Vater sich ohne Rangabzeichen in einen Raum begab, zog er sofort alle Aufmerksamkeit auf sich. Bei den Männern war er als besonnen und gerecht bekannt und sie blickten gerne zu ihm auf.

Selbst Rayan, der inzwischen auf stolze 1,89 m kam, fühlte sich klein neben ihm. Jack Tanners dunkelgraue Augen standen nie still und wenn er Rayan direkt in die Augen blickte, schien er prüfend bis in die Seele hinunter sehen zu können.

Hinter seinem Rücken munkelte man, er könne Gedanken lesen und Rayan verstand nun, wieso.

Auch Julie, die Mutter von Clara, war eine wundervolle Frau. Sie lächelte oft und die Art, wie sie ihren Mann ansah, verriet ihre tiefe Zuneigung zu ihm. Ihre Haare hatten den gleichen rotbraunen Ton wie Clara, doch bei ihr war schon die ein oder andere graue Strähne zu finden, was sie aber eher noch attraktiver machte. Sie war einige Jahre jünger als ihr Mann und Rayan schätze sie auf Mitte vierzig.

Auch ihre Augenfarbe hatte sie an Clara vererbt, das gleiche helle Blau, allerdings ohne Claras meist spöttisches Funkeln. Sie sagte nicht viel, aber wenn, dann sprach sie mit ruhiger, sanfter Stimme.

Rayan erwischte sich bei dem Gedanken, dass aus Clara, wenn sie sich noch mehr wie ihre Mutter entwickelte, eine durchaus schöne Frau werden konnte.

Der General dagegen sprach viel und oft mit kräftiger, melodischer Stimme und er lachte gerne.

Das Essen verlief ohne die befürchteten peinlichen Situationen, die sich Rayan vorab ausgemalt hatte, was vor allem an der entspannten Stimmung lag, die beide Tanners verbreiteten.

Nur einmal wurde Rayan rot bis über beide Ohren, als Claras Mutter ihn fragte, ob er eine Freundin hatte. Derartiges Interesse an seiner Person war ihm überhaupt nicht recht, vor allem, weil der General seinen forschenden Blick ebenfalls auf ihn richtete. Er wusste nicht, was er sagen sollte.

Clara rettete ihn: „Mama. Sei nicht so neugierig. Yasin hat ständig irgendwelche Freundinnen, ich kann sie schon kaum noch auseinanderhalten.“ Dazu verdrehte sie so verzweifelt die Augen, dass alle laut loslachen mussten.

Gegen Abend machte Rayan sich auf den Heimweg. Die Stunden waren im Fluge vergangen.

Zum Abschied nahm ihn der General zur Seite und sagte mit ernstem Blick. „Halten Sie bitte etwas die Augen auf, wir haben eine Drohung erhalten. Wir wissen noch nicht genau, wie ernst diese Nachricht zu nehmen ist. Könnte von irgendwelchen Irren stammen, die meinen, damit einen tollen Witz gemacht zu haben. Aber Sie wissen ja sicher auch, dass die Anwesenheit der amerikanischen Armee einigen Leuten ein Dorn im Auge ist. Es könnte also auch tatsächlich zu Anschlägen kommen.

Passen Sie auf Clara auf, ja?“

Rayan nickte kurz, sagte aber nichts. Er ging nachdenklich nach Hause und nahm sich vor, Augen und Ohren offen zu halten.

RAYAN - Die Serie (Teil 1 - 4)

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