Читать книгу Ach, du grüne Neune! - Inge Helm - Страница 7
Halt du dich da mal raus …
ОглавлениеDer Vater hat neulich einen Artikel gefunden, da standen ganz schreckliche Sachen über Raucherbeine und so drin.
Nun ist er ja kein Hypochonder, aber sein linkes Bein schmerzt ihn doch ganz schön, und das seit Tagen. Als er schließlich kaum noch laufen kann, muss er im Bett bleiben, und ich rufe den Doktor. »Ischias«, sagt der nur kurz und zieht eine Spritze auf. Der Herr Doktor ist selbst ein starker Raucher, und der Vater ist prinzipiell misstrauisch. Ärzte stellen doch am laufenden Meter Fehldiagnosen!
Also beschließt er, auf jeden Fall mit dem Rauchen ab sofort aufzuhören. Ich soll auch, aber ich will nicht. Meine Beine sind schließlich völlig in Ordnung. Aber ich darf nur noch auf dem Klo und nur bei sperrangelweit geöffnetem Fenster. Schon der Rauch allein verschlimmert das Bein unseres Kranken …
Ich finde, er verschlimmert nur seine Laune!
»Kennen wir«, sagen Freunde, die es auch schon öfter versucht haben, »Entziehungserscheinungen.«
Und dann fängt er an, meine Kippen im Aschenbecher nachzuzählen. Christoph fühlt sich verpflichtet, seinen Vater zu unterstützen. Er zählt eifrig mit und kommentiert: »Also wenn die Mami so weiterraucht, dann wird sie bald an Krebs sterben. Dann sitzen wir da ohne Frau. Was sollen wir dann bloß machen? Eine neue Frau kriegt man keine, und wenn, dann doch bloß eine gebrauchte.«
O diese Männer! Drei winzige Zigaretten am Tag, und schon faseln die von Secondhand-Weibern. Aber sie haben mich mal wieder an der richtigen Stelle getroffen. Wer wird schon gerne gegen was Gebrauchtes eingetauscht? Ich stelle kurzerhand das Rauchen ein. Dem zu erwartenden Nachwuchs kann es auch nicht schaden.
Dafür nimmt der Vater mir die Kinder mal einen ganzen Samstagnachmittag ab. Wir haben uns »Ernie«, den Mercedes, zugelegt. So ein richtiges altes Schätzchen aus den fünfziger Jahren. Er fährt wie geschmiert. Nur das Kühlwasser macht ihm zu schaffen, das heißt, das nicht vorhandene. Ernie ist nämlich leider etwas undicht. Aus diesem Grund führt der Vater ständig eine Flasche Ersatzwasser und ein Holzstöckchen mit sich.
Und nun will er Ernie auf einer längeren Fahrt mal richtig testen. Am Testsamstag sitzen die Kinder schon seit zwei Stunden Probe im Wagen, damit der Vater sie auch ja nicht vergisst. Der testet mit dem Holzstöckchen erst einmal den Wasserstand, schüttet Wasser nach, und dann winke ich den Probefahrern nach, bis sie um die Ecke biegen.
Erleichtert und froh gehe ich in unsere Wohnung hinauf. Ein ganzer Nachmittag für mich alleine, es ist wie ein Wunder. Endlich kann ich mal in Ruhe ein duftendes Bad nehmen, mir die Fingernägel lackieren, ohne irgendwo zugreifen zu müssen, bevor der Lack trocken ist, und dann probiere ich auch noch eine neue Frisur aus. Schließlich mache ich es mir auf der Couch bequem, in der einen Hand eine Schachtel Pralinen, in der anderen ein gutes Buch. Mein Gott, wie lange habe ich schon nicht mehr in Ruhe lesen können!
Am Abend kommt ein völlig am Boden zerstörter Vater heim. Er trägt schwer an der schlafenden Corinna, Christoph trottet müde hinter ihm her.
»Nie wieder«, schwört ihr Erzeuger und legt mir Corinna in die ausgeruhten Arme. »Wo ist mein Werkzeug? Deine Tochter ist ein Naturtalent, was Technik angeht!«
»Was ist denn passiert?«, frage ich irritiert.
Da wird Christoph wieder putzmunter. »Die hat Papis Auto kaputtgemacht«, ruft er vergnügt.
»Nein«, schüttle ich energisch den Kopf, »ein so kleines Kind, das ist doch wohl nicht möglich!«
»O doch«, stöhnt ihr Vater, mittlerweile mit Schraubenzieher und Hammer bewaffnet. »Ein soo kleines Kind hat während der Fahrt nur die ganze hintere Innentür ausgebaut. Hoffentlich bekomme ich das wieder hin!«
»Und du hast überhaupt nichts bemerkt«, staune ich.
»Wo hattest du denn deine Augen?«
»Auf der Straße natürlich«, kommt es beleidigt.
»Ja«, Corinna ist plötzlich hellwach, »der Papi hat immer nach tollen Frauen geguckt.«
»Na«, sage ich da zu ihr, »so was tut doch ein anständiger Ehemann nicht!«
»Ach«, grinst ihr Vater, »ich bin ja auch für die Ehe, aber gucken darf ich doch, nicht wahr, Corinna?«
Die denkt angestrengt nach und entscheidet schließlich: »Na gut, ansehen darfst du sie, aber nicht mit ihnen spielen!«
Am nächsten Morgen, als der strapazierte Erziehungsberechtigte noch so ein wenig im Sessel vor sich hindöst, stößt seine Tochter ihn an: »Papi, hast du schon wieder Frauen im Kopf?«
Nun nehme ich den Armen aber in Schutz und rufe Christoph und Corinna zu mir.
»Hört mal«, sage ich, »der Papi denkt bestimmt nicht nur an Frauen, der hat sicher an euer neues Geschwisterchen gedacht, das ihr im Herbst bekommt.«
»Ja«, spielt der Vater den Gekränkten, »und ich habe gerade darüber nachgedacht, ob ich nicht einen kleinen artigen Jungen haben möchte, der zum Beispiel meine Autotüren in Ruhe lässt, anstatt noch so ein schlimmes kleines Mädchen, das mich außerdem bei der Mami verpetzt.«
»Hach«, empört sich da seine Tochter. »Halt du dich da bloß raus. Ich habe mir das Schwesterchen gewünscht. Die Mami bekommt es. Du hast da überhaupt nichts mit zu tun!«