Читать книгу Fünf Bücher gegen die Häresien - Irenäus von Lyon - Страница 18
Оглавление13. Kapitel: Markus, der Zauberer
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Noch ein anderer von ihnen, der sich rühmt, ein Verbesserer des Meisters zu sein, Markus mit Namen, sehr erfahren in Zauberei und Betrug, durch die er viele Männer und nicht wenige Weiber verführte, hat diese an sich gezogen, als sei er der klügste und vollkommenste und im Besitze der größten Kraft aus den unsichtbaren und unnennbaren Örtern. In Wirklichkeit aber zeigt er sich als ein Vorläufer des Antichrist. Indem er nämlich die Gaukeleien des Anaxilaus mit der Nichtsnutzigkeit der sogenannten Magier verbindet, ist er bei denen, die keinen Verstand haben und von Sinnen gekommen sind, in den Ruf eines Wundertäters geraten.
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Indem er nämlich den Anschein erweckt, als ob er über einen Kelch mit Wein die Danksagung spricht und das Wort der Epiklese weit ausdehnt, läßt er ihn purpurfarben rot erscheinen, damit man glaubt, daß die überirdische Charis ihr Blut in jenen Kelch träufeln lasse wegen seiner Anrufung, und die Anwesenden sich sehnen, von jenem Trank zu kosten, auf daß auch auf sie die von diesem Magier angerufene Charis herabträufele. Ein andermal reicht er Weibern die gemischten Kelche und läßt sie in seiner Gegenwart die Worte der Danksagung sprechen. Sobald dies geschehen ist, bringt er selbst einen viel größeren Kelch herbei, als der war, über den die Danksagung gesprochen ist, gießt von dem kleineren, der von dem Weib gesegnet war, den Wein in seinen viel größeren über und spricht sogleich die Worte: „Die vor allem seiende, unausdenkbare und unaussprechliche Gnade erfülle deinen innern Menschen, vermehre dich in seiner Erkenntnis und senke das Senfkorn in gute Erde!“ Indem er jene Worte spricht, betört er das arme Weib und läßt es so scheinen, als ob der größere Kelch von dem kleineren bis zum Überfließen gefüllt wird. Durch solche und ähnliche Gaukelstücke hat er viele verführt und an sich gezogen.
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Es ist aber wahrscheinlich, daß er einen Dämon als Beistand hat, durch den er zu wahrsagen scheint und die Weiber, die er der Teilnahme an seiner Gnade für würdig erachtet, wahrsagen läßt. Am meisten nämlich widmet er sich den Weibern, und zwar denen, die feine Kleider tragen, in Purpur gekleidet und sehr reich sind; diese sucht er oft an sich zu locken und schmeichelt ihnen mit folgenden Worten: „Mitteilen will ich dir von meiner Gnade, denn der Vater des All sieht deinen Engel immerdar vor seinem Angesichte. Aber der Ort deiner Größe ist in mir; darum müssen wir eins werden. Empfange zuerst von mir und durch mich die Gnade! Bereite dich vor wie die Braut, die ihren Bräutigam erwartet, damit du werdest, was ich, und ich, was du! Laß sich niedersenken in dein Brautgemach den Samen des Lichts! Empfange von mir deinen Bräutigam, mache ihm Platz und nimm Platz in ihm! Siehe, die Gnade ist auf dich niedergestiegen, öffne deinen Mund und weissage!“ Wenn nun dieses Weib antwortet: „Ich habe niemals geweissagt und verstehe es auch nicht“, dann macht er noch gewisse Anrufungen, um die Betrogene zu verwirren und spricht zu ihr: „Öffne deinen Mund und sprich, was du willst, und du wirst weissagen!“ Durch solche Worte wird sie erregt und verwirrt; die Erwartung des Prophezeiens erhitzt ihre Seele, ihr Herz pocht stärker als gewöhnlich und sie versucht zu stammeln; aber was sie redet, ist alles leeres, eitles, freches Zeug, da sie ja ein leerer Geist erhitzt hat. Ein Besserer als wir hat hiervon gesagt: „Etwas Freches und Unverschämtes ist eine Seele, die die leere Luft erhitzt.“ Fortab aber hält sie sich für eine Prophetin und preist den Markus, daß er ihr von seiner Gnade mitgeteilt habe, und aus Dankbarkeit gibt sie ihm nicht nur Hab und Gut, wodurch er steinreich geworden ist, sondern auch die Gemeinschaft ihres Leibes in dem Wunsche, mit ihm völlig vereint zu werden, auf daß sie mit ihm zusammen eingehe in das „Eins“.
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Einige aber von diesen Weibern, welche Gottesfurcht in ihrem Herzen hatten, ließen sich von ihm nicht verführen, wenn er sie ebenso wie die übrigen zu beschwatzen trachtete und ihnen befahl zu weissagen; dann hauchten sie ihn wie bei dem Exorzismus an und zogen sich von einer solchen Versammlung zurück, wohl wissend, daß das Weissagen nicht von dem Magier Markus den Menschen verliehen wird, sondern daß es ein Geschenk Gottes ist für jene, denen es Gott von obenher sendet, und daß diese dann reden, wenn es Gott gefällt, aber nicht, wenn es Markus gebietet. Wer nämlich befiehlt, ist größer und mächtiger als der, welchem befohlen wird; denn jener ist der Vorgesetzte, dieser der Untergebene. Wenn nun Markus befiehlt, oder sonst einer, wie sie bei ihren Gastmählern jederzeit zu losen pflegen, wer denn weissagen soll, und diese nach ihren eigenen Begierden sich weissagen, dann müssen sie eben größer und mächtiger sein, als der prophetische Geist, obwohl sie doch nur Menschen sind — was unmöglich ist. Oder diese Geister, denen sie befehlen und die reden, wann es ihnen paßt, sind schwach und unvermögend, frech und tollkühn und vom Teufel ausgesandt, um die zu betrügen und zu verführen, die in dem von der Kirche erhaltenen Glauben schwankend geworden sind.
5.
Nicht allen, aber manchen gibt dieser Markus Liebestränke und Zaubermittel ein, um ihren Leibern auch Schmach anzutun; das haben diese bekannt, nachdem sie sich wieder zur Kirche Gottes bekehrt hatten; ihre Leiber seien von ihm mißbraucht worden, und sie hätten ihn in arger Sinnlichkeit geliebt. So nahm ihn einer unserer Diakone in Asien in sein Haus auf und kam dadurch in großes Unglück. Denn seine Frau, die eine schöne Gestalt hatte, wurde von diesem Magier an Leib und Seele verführt und lief ihm lange Zeit nach. Schließlich wurde sie mit vieler Mühe von den Brüdern bekehrt, tat die ganze Zeit Buße und trauerte und weinte über die Schmach, die ihr der Magier angetan hatte.
6.
Auch manche ihrer Wanderprediger haben viele Weiblein verführt, verdorben. Sie gaben sich für die Vollkommenen aus, niemand könne ihnen an Größe der Erkenntnis gleichkommen, kein Paulus und kein Petrus und keiner von den andern Aposteln; sie wüßten mehr als alle und sie allein hätten die große, unsagbare Gnosis getrunken; sie ständen in der Höhe über aller Kraft, deswegen sei ihnen erlaubt, alles zu tun, und niemand brauchten sie zu fürchten. Durch die Erlösung seien sie für den Richter unangreifbar und unsichtbar. Sollte er sie aber auch ergreifen, so würden sie mit dem Lösebrief vor ihn hintreten und zu ihm sprechen: „O du Beisitzerin Gottes und der geheimnisvollen voräonischen Stille, du Führerin und Leiterin der allezeit das Antlitz ihres Gottes schauenden Majestäten, zu der diese hin aufziehen ihre Gestalten und die du auch uns durch die Güte des Vorvaters als deren Vorbilder und durch die Kraft deiner Vorstellung erzeugtest, indem du damals wie im Traume eine Vorstellung der Oberwelt hattest— siehe, der Richter ist nahe, und sein Herold befiehlt mir, mich zu verteidigen. Du kennst ja die Sache von uns beiden, gib dem Richter Rechenschaft für uns beide, denn unser beider Sache ist ja eine!“ Auf diese Worte setzt die Mutter schleunig den homerischen Helm des Hades ihnen auf, und so entkommen sie ungesehen dem Richter. Und auf der Stelle werden sie emporgehoben, in das Brautgemach geführt und ihren Geliebten übergeben.
7.
Mit solchen Worten und Taten haben sie auch in unsern Gegenden am Rhonefluß viele Weiber betrogen. Mit verbranntem Gewissen85 tun sie teils öffentliche Buße, teils schämen sie sich und verzweifeln in der Stille ihres Herzens am ewigen Leben; manche wieder fallen gänzlich ab, und andere schwanken hin und her und sind, wie das Sprichwort sagt, weder drinnen noch draußen. Da haben sie denn die Frucht von dem Samen der Kinder der Erkenntnis.