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Nana Papadoupolus

In Gedanken verloren fuhr ich in meinem Suzuki Jimny meinem Ziel entgegen. Nach der gescheiterten Beziehung wollte ich erst einmal abspannen, Urlaub machen in Tirol am Wilden Kaiser und mich mit Bergsteigen ablenken. Seit Jahren ging ich schon klettern, im Alltag – weil die Berge fehlten – in der Halle, im Urlaub zog es mich jedoch immer in die Berge. Alpines Klettern war für mich Erholung, jedoch war ich bislang immer nur mit einer Freundin aus meinem Kletterverein unterwegs gewesen. So einige schwierige Klettertouren hatten wir schon bewältigt, aber dieses Mal wollte ich etwas Neues machen, ich wollte allein in die Wand, zum ersten Mal das gesicherte Soloklettern ausprobieren. Meine Freundin hatte Verständnis dafür, dass ich nach der beendeten Beziehung mit René das Bedürfnis nach Einsamkeit verspürte; sie hatte mich aber dennoch nur wiederstrebend ziehen lassen und außerdem um extreme Vorsicht gebeten. Für das neue Abenteuer Soloklettern hatte ich extra einige Kurse belegt, sogar Einzeltrainings hatte ich hierfür absolviert. Ich fühlte mich durch und durch gerüstet. Meine Gedanken schweiften wieder zu der Kategorie Männer und zu dem Exemplar René im Besonderen. Allesamt Scheißkerle, dachte ich wieder und wieder und schob schließlich die Gedanken an die Herren der Schöpfung resolut auf die Seite. Besser gelaunt ließ ich Kilometer um Kilometer auf meiner Reise hinter mir. Aber immer wieder musste ich an René denken, meinen Verflossenen. Lange Zeit war ich überzeugt, endlich den Richtigen gefunden zu haben, aber letztendlich war auch er wieder so ein selbstverliebtes Arschloch wie die anderen Typen, auf die ich hereingefallen war. Sicher, er sah super aus, athletisch, groß, breitschultrig, aber im Bett war er letztendlich wie alle anderen ein Looser. Spannung und Erotik suchte ich da vergeblich, wenn er in der Missionarsstellung auf mir rumrutschte. Meine Orgasmen täuschte ich schon lange vor, unbemerkt von ihm. Zum Ende einige Male ah, ah, ah stöhnen, die Fotzenmuskeln zusammenziehen, um ihm zu bestätigen, was er wieder Tolles im Bett geleistet hatte. Lächerlich! Und als er dann noch vor einigen Wochen mit diesen Liebeskugeln ankam und mir die als verrucht verkaufen wollte, läutete er so, ohne es zu ahnen, das Ende unserer Beziehung ein, ich setzte ihn schließlich ohne viel Federlesen vor die Tür. Ich wusste nicht, was ich brauchte und suchte, ich wusste nur, so wollte ich mit keinem Partner leben müssen. Bis dahin musste mein Womanizer herhalten, der bescherte mir eh weit bessere Orgasmen, als es jeder Mann bislang zuwege gebracht hatte. Worauf die sich überhaupt etwas einbildeten? Mit den paar läppischen Zentimetern dachten die tatsächlich, der Nabel des Universums zu sein? Das Lächeln, welches sich in mein Gesicht stahl, war leicht bösartig. Ich gedachte zumindest erst einmal, ohne die Herren der Schöpfung klarzukommen.

Nun wollt ihr sicherlich wissen, mit wem ihr es eigentlich zu tun habt. Mein Name ist Nana Papadoupolus. Ich bin Halbgriechin, hier in Deutschland geboren, wobei ich das griechische Blut von meinem Vater geerbt habe, genau wie mein häufig überschäumendes Temperament. Ich bin 28 Jahre alt, 161 cm groß, habe kleine, aber feste Brüste. Zeit meines Lebens habe ich mir dickere Möpse gewünscht, aber der liebe Gott hat es halt nicht anders gewollt. Mit meinem Hintern war ich ganz zufrieden, wohlgerundet füllte er jede Jeans aus und war, dessen war ich mir wohl bewusst, ein Blickfang für die Kerle, genau wie meine langen, bis zu meinem Hintern reichenden pechschwarzen Haare. Dick, dicht und schwer, wie sie waren, dachte ich nicht im Traum daran, diese auch nur einen Zentimeter mehr als nötig zu kürzen.

Jetzt für die Tour hatte ich sie zu einem praktischen Zopf geflochten. Ich schob die Gedanken an die Männer erneut auf die Seite und richtete diese bewusst auf mein neues Abenteuer, das Soloklettern. Ich wollte nicht nur einfach Bergsteigen mit meiner Freundin, wollte die gegenseitige Absicherung nicht. Nicht mehr! Wollte einfach mal mehr Nervenkitzel als beim normalen Bergsteigen, wollte einmal den ultimativen Kick spüren. Mein Wunsch nach Einsamkeit passte da sehr gut hinein. Auch jemand anderen – Gott bewahre auch noch irgendeinen Typen, der meinte, mir Vorschriften machen zu müssen – wollte ich nicht in meiner Nähe wissen. Ich musste einfach beweisen, dass ich in der Lage war, Schwierigkeiten sehr gut ohne Hilfe zu meistern. Mein Kletterlehrer hatte mir versichert, dass ich ein Naturtalent an der Wand war. Seine Warnung, dass mir für das Soloklettern jedoch die nötige Erfahrung und Routine fehlen würde, schob ich bewusst auf die Seite. Wenn ich schon von diesem Vorhaben nicht abzubringen war, dann sollte ich doch wenigstens eine mir bekannte Tour wählen, zumindest für den Anfang. Aber auf die hatte ich keine Lust. Ich hatte mich für eine Route mit dem Schwierigkeitsgrad 3 + entschieden, im mittleren Bereich also, was sollte mir da schon passieren?

Für meinen Urlaub hatte ich bewusst eine einsame Berghütte gewählt. Ich wollte so wenig wie möglich Menschen um mich haben. Nur die Mahlzeiten musste ich zwangsläufig in Gesellschaft einnehmen, den Rest des Tages konnte und wollte ich allein verbringen. Das Ziel rückte näher. Wenn ich so weiterfuhr, würde ich gegen 16.00 Uhr mein Ziel erreichen, das Dörfchen Scheffau in Tirol, Österreich mit seinen knapp 1.500 Einwohnern. Tatsächlich war es 16.15 Uhr, als ich auf den Marktplatz von Scheffau fuhr. Es gab nur zwei Straßen am Marktplatz, die eine hatte mich hierhin geführt, die andere verließ den Platz auf der gegenüberliegenden Seite. Ich stellte den Wagen ab. Gemietet hatte ich meine Unterkunft für die nächsten vierzehn Tage von der Familie Alois Gries. Telefonisch hatten wir ausgemacht, dass ich den Schlüssel bei Ankunft abholen konnte, um dann alles Weitere in Erfahrung zu bringen. Das richtige Haus war schnell gefunden. Auf mein Klingeln öffnete mir eine junge Frau.

„Frau Papadoupolus?“, begrüßte sie mich fragend mit einem entwaffnenden Lächeln.

Als Antwort nickte ich nur, ich hatte keine Lust auf Smalltalk. Sie verschwand nur kurz, um mit einem Schlüssel wiederzukommen. Sie zog die Hauseingangstür ins Schloss, während sie mir gleichzeitig den Schlüssel reichte.

„Zur Hütte geht es da entlang“, erklärte sie mir und wies auf die Straße, die rechts vom Markt wegführte. „Die ist einfach zu finden. Sie fahren bis zur nächsten Abzweigung, die rechts den Berg hinaufführt, ungefähr drei Kilometer nach dem Ortausgang. Dann gibt’s da eine weitere Abzweigung nach circa zwei Kilometern, die lassen Sie aber unbeachtet, da wohnt ein anderer Gast von uns. Es ist die nächste Abzweigung nach weiteren fünfhundert Metern, die Sie nehmen müssen. Am Ende liegt dann Ihre Hütte. Wir haben noch neun weitere freistehende Urlaubsdomizile, die liegen jedoch nicht an Ihrer Straße und sind alle besetzt, wir können uns über mangelnde Nachfrage nicht beklagen. Zum Glück! Abendessen gibt es von 19.00 Uhr bis 21.00 Uhr hier im Dorfkrug. Alles klar?“

„Alles klar“, bestätigte ich und griff nach dem Schlüssel. „Ich bin pünktlich um 19.00 Uhr zum Abendessen da“, sagte ich noch abschließend und ging zu meinem Wagen.

Ich stieg ein und fuhr los. Der Weg war wirklich einfach zu finden, nach gut zehn Minuten parkte ich vor meiner Hütte. Rundherum war ein Traum von Nichts. Außer der Hütte, die 500 Meter unter meiner lag, gab es weit und breit keine Menschenseele, genau das, was ich jetzt brauchte. Vor der Hütte stand unter dem verlängerten Dach eine Sitzecke aus Holz. Gemütlich. Auch drinnen war es heimelig, wie ich feststellte, als ich aufschloss. Die Hütte bestand aus nur drei Zimmern, das Hauptzimmer mit einer gemütlichen Sitzecke und einer integrierten Küche, ein geräumiges Schlafzimmer mit einem großen Doppelbett und ein Badezimmer mit einer großen Badewanne, die auf vorsintflutlichen Füßen stand. Hier ließ es sich leben, stellte ich fest.

Schnell holte ich meinen Koffer aus dem Auto und warf ihn aufs Bett. Routiniert räumte ich die Kleidungsstücke in den Bauernschrank. Ganz unten lag mein Spielzeug, mit dem ich mir, anstelle eines Mannes, die Zeit vor dem Einschlafen versüßen wollte, mein Womanizer und die Liebeskugeln. Dass ich die Letzteren von meinem Verflossenen geschenkt bekommen hatte, tat nichts zur Sache. Sie kamen griffbereit in die Schublade der Kommode. Gemütlich rauchte ich noch eine Zigarette, bevor es so langsam Zeit wurde, zum Abendessen ins Dorf zu fahren.

Dazu zog ich mir schnell meine enge Jeans und einen weißen, ebenfalls engen Pullover an. Weiße Turnschuhe vervollständigten meine Kleidung. Es war zwar erst Anfang August, aber am Abend wurde es hier in den Bergen doch schon empfindlich kühl. Ich setzte mich in mein Auto und fuhr die wenigen Kilometer hinunter ins Dorf. Die Anmietung der Berghütte beinhaltete ein Essen, sprich in diesem Fall, ein Abendessen. Für die restlichen Mahlzeiten waren die Mieter selbst verantwortlich. War mir aber auch lieb, nach der in die Brüche gegangenen Beziehung war mir nicht nach allzu viel menschlicher Gesellschaft. Neun Berghütten insgesamt vermietete der Hauswirt, und nach seinen Angaben waren alle derzeit belegt.

Ich betrat das Gasthaus. Hier fiel man von der Tür in die Stube, stand direkt in der Gastwirtschaft mit der großen Theke. Ein Blick in die Runde, alle Tische waren belegt, hier an dem einen Tisch eine Familie mit zwei Kindern, dort ein Paar mit nur einem Kind, die anderen Tische waren zum Teil nur mit Paaren oder auch nur mit einer Person besetzt. Wo also, bitte schön, war mein Platz?

„Frau Papadoupolus? Nana?“

Ich zuckte zusammen, als ich so angesprochen wurde. Die junge Frau, nun im Dirndl, die mir bei meiner Ankunft den Schlüssel ausgehändigt hatte und unbemerkt zu mir getreten war, blickte mich entschuldigend an. Sie trug die Schleife ihrer Schürze links. Das hieß vergeben. Oder war es umgekehrt? Ach, war doch egal.

„Ja?“, antwortete ich.

„Ich bin die Anja, ich kümmere mich in der Zeit, wo du hier bist, um dich“, erklärte diese Anja weiter.

Ich war ein wenig angezickt. So ohne weiteres geduzt zu werden, passte mir eigentlich nicht in den Kram. Schließlich hatte ich mit ihr ja wohl nicht im Sandkasten gespielt.

„Nana? Du hast doch nichts dagegen, wenn ich dich duze? Wir sind hier oben alle eine große Familie“, fragte sie mich und nahm mir so den Wind aus den Segeln.

„Nein, nein“, antwortete ich genervt. „Wo soll ich sitzen?“, fragte ich und schaute in die Runde. Ich wollte diese aufdringliche Person so schnell wie möglich loswerden.

„Dort drüben, bei Herrn Durand. Bei Marc“, antwortete sie mir und wies mit dem Kinn zu einem Tisch in der Ecke, an dem schon ein großer, schwarzhaariger und recht düster aussehender Typ Platz genommen hatte. Er sah eigentlich gut aus, muskulös, breitschultrig, Haare etwas länger, als es derzeit modern war, an und für sich mein Beuteschema, wenn ich davon absah, dass ich gerade auf eine gescheiterte Beziehung zurückblickte.

„Komm, ich mache euch kurz bekannt“, sprach Anja weiter und schritt auf den Tisch zu, ohne sich darum zu kümmern, ob ich nun mitkam oder nicht.

Ich folgte ihr, mir blieb ja auch nichts anderes übrig. Wenn ich etwas essen wollte, musste ich mich wohl oder übel zu dem Typen setzen. Fürs Essen werde ich das ja wohl aushalten können, danach habe ich ja wieder meine Ruhe, dachte ich so bei mir.

„Marc Durand? Marc?“, sprach Anja den Dunkelhaarigen an, als wir an dem Tisch angekommen waren.

Der Mann hob seinen Kopf, hatte sich zuvor mit seinem Handy beschäftigt und scheinbar Nachrichten beantwortet.

„Ja?“, fragte er eher gelangweilt.

Arrogantes Arschloch, war meine erste Einschätzung.

„Das ist Nana Papadoupolus. Sie hat die Hütte 500 Meter über der Ihren und ist für die Zeit Ihres Aufenthaltes Ihre Tischnachbarin.“

„Wenn es denn so sein muss.“ Das klang nun echt gelangweilt.

„Ihr rauft Euch schon zusammen“, überging Anja gut gelaunt seine ablehnende Haltung. „Es gibt abends immer Buffet“, informierte mich Anja, während ich mich setzte. „Drei Getränke nach Wahl gehören dazu, harte Spirituosen ausgenommen. Was darf es für dich sein?“, fragte sie mich.

Ich bestellte ein Pils, während mein zukünftiger Tischnachbar sich einen Schluck Rotwein genehmigte.

Dieser Marc lächelte süffisant und wurde mir so immer unsympathischer. Um noch kein Gespräch anfangen zu müssen, stand ich auf und ging hinüber zum Buffet. Ich nahm mir einen großen Teller und Besteck und nahm mir von jedem ein klein wenig, ein Stück Käse hier, ein bisschen Wurst da, ein wenig Fleischsalat, nichts Großes halt. Zu schnell hatte ich keinen Grund mehr, nicht zu dem Tisch zurückzumüssen.

Mein Bier stand schon da, als ich den Teller abstellte und mich erneut setzte. Meine Handlung wurde von diesem Marc schweigend beobachtet. Er machte sich noch nicht einmal die Mühe zu verbergen, dass er mich genauestens taxierte.

Selbstherrlicher Macho, dachte ich mir wieder, lächelte ihn dabei aber zuckersüß an.

„Guten Abend, Herr Durand!“, begrüßte ich meinen Tischnachbar. „Meinen Namen kennen Sie ja schon. Hören Sie, ich bin auch nicht sonderlich begeistert, keinen Tisch für mich allein zu haben, aber da wir uns höchstens beim Essen begegnen, sollte es uns doch gelingen, in der kurzen Zeit wie zivilisierte Menschen miteinander umgehen zu können, meinen Sie nicht auch?“

„An mir soll es nicht liegen, Süße“, antwortete dieser Marc arrogant.

„Eines möchte ich hier klarstellen“, fauchte ich ihn jetzt an. „Wir waren nicht zusammen im Kindergarten, Herr Durand“, dabei betonte ich bewusst das „Herr“. „Es besteht also keinerlei Veranlassung für Sie, mich zu duzen.“

Vor lauter Ärger nahm ich einen großen Schluck aus meinem Glas. Dann fing ich an, zu essen, vor lauter Wut nahm ich kaum wahr, was ich da so zu mir nahm. Die ganze Zeit über beobachtete mich der Kerl unverhohlen.

Das erste Glas war leer. Drei Getränke waren frei und ich gedachte alles auszunutzen, was ich auch für lau bekommen konnte, ich bestellte also Glas Nummer zwei. Der schwarzhaarige Schnösel runzelte die Stirn. Passte ihm wohl nicht, mein Bierkonsum. Um ihn zu ärgern, prostete ich ihm noch zu, bevor ich das zweite Glas in Angriff nahm. Das kleine Teufelchen in mir schlug vor Freude Purzelbäume, als ich sah, dass sein Stirnrunzeln noch bedrohlicher wurde.

„Was hast Du denn hier so vor?“, fragte Marc mich und missachtete bewusst, dass ich von ihm nicht geduzt werden wollte.

Ich beschloss, das zu ignorieren, innerlich kochte ich hingegen inzwischen so richtig.

„Ich wüsste zwar nicht, was Sie das eigentlich angeht, aber außer, dass ich mich hier einfach nur erholen will, mache ich morgen eine Klettertour, solo, um es zu präzisieren, den Kopftörlgrat im Wilden Kaiser“, antwortete ich herablassend.

Voller Genugtuung registrierte ich, wie er mich erstaunt ansah.

„Du kennst Dich in den Bergen aus? Du kletterst? Solo?“, fragte er mich interessiert und duzte mich weiterhin stur.

„Alpin klettere ich schon seit Jahren mit einer Freundin. Für das Soloklettern habe ich extra ein paar Zusatzkurse belegt“, antwortete ich von oben herab. „Das kann ja kein Hexenwerk sein, ist keine so schwierige Route, Schwierigkeitsgrad 3+ nur.“

Marc blickte mich sekundenlang ohne Gefühlsregung an, bevor er mehr als nur herablassend lächelte.

„Nein, nein, das ist absolut kein Hexenwerk“, stimmte er mir scheinbar gelassen zu. „Ist ja auch wirklich kein großer Unterschied, ob man durch einen Partner gesichert in die Wand geht, oder ob man allein ist und die Sicherung in Eigenverantwortung übernehmen muss. Nein, überhaupt kein Hexenwerk, da hast du vollkommen recht.“

Ich fühlte mich bei seinen ruhigen Worten in meinem Vorhaben bestätigt, aber nur solange, bis er weitersprach.

„Jetzt hör mir mal ganz genau zu, mein Mädchen. Du magst deiner Meinung nach Klettererfahrung genug gesammelt haben, aber für das Soloklettern reicht das lange nicht, egal wie oft du im Berg warst. Und bei einem 3+ Schwierigkeitsgrad schon mal gar nicht! Wenn du partout Soloklettern lernen willst, dann fang mit Grad zwei an, das reicht für dich alle Male.“

Ruhig war seine Stimme immer noch, die Tonlage jedoch eine ganze Oktave tiefer.

Ich stutzte, war aber noch lange nicht bereit, klein beizugeben.

„Grad zwei, jetzt bitte ich Sie aber ganz höflich“, antwortete ich daher ironisch. „Ich bin erfahren genug, um mit dem Soloklettern im Kopftörl zu beginnen. Ich will einfach was Neues machen und dabei aber meine Ruhe haben. Oder glauben Sie allen Ernstes, ich nehme auch noch jemanden wie Sie mit? Wirklich mehr als dankend abgelehnt, es bleibt dabei: Ich gehe allein. Und ich nehme den Kopftörl. Ansage angekommen? Ich kann schon auf mich aufpassen.“

Dem Gesichtsausdruck meines Gegenüber nach zu schließen, war es jetzt um seine Ruhe geschehen. Er biss sogar mehrere Male die Zähne fest aufeinander, zwang sich zur Ruhe, bevor er mir überhaupt antwortete. Ich amüsierte mich königlich. Einfach nur herrlich, ihn so auf die Palme gebracht zu haben.

„Jetzt hör mir mal genau zu, mein Mädchen. Du kannst morgen hingehen, wohin Du willst, aber du gehst auf keinen Fall! Solo in diese Wand! Ich verbiete es dir! Und wage es nicht, mir nicht zu gehorchen, dass wird dir nicht gut bekommen, glaube mir!“, drohte mir Marc leise und seine Stimme klang nicht so wirklich nett. „Hast du mich verstanden?“

Eigentlich wollte ich schon aufbegehren. Was bildete sich dieses arrogante Arschloch hier eigentlich ein? Obwohl, so jetzt in seiner Wut war ein ganzes Teil seiner Arroganz von ihm abgefallen. Deshalb hielt ich mich in letzter Sekunde zurück. Außerdem klang seine Stimme wirklich ziemlich bedrohlich und überdies, was sollte das Ganze? Wenn ich ihm jetzt zustimmte, konnte ich morgen in Ruhe das in Angriff nehmen, was ich mir vorgenommen hatte. Warum diskutieren? Lächeln und ihm Recht geben, aber letztendlich dann doch das tun, was ich wollte.

„Ja, verstanden, Herr Durand. Dann gehe ich halt nur ein wenig Wandern und stelle mein Vorhaben zurück. Der Kopftörl zum Soloklettern läuft mir ja nicht weg. Ist ja schon gut.“ Mit einem unschuldigen Kinderblick sah ich ihm in die Augen, verließ mich ganz auf mein schauspielerisches Talent.

„Geht doch“, knurrte er.

Ich lehnte mich wieder entspannt zurück. Er hatte mir meine Lüge abgenommen. Der nächste Typ, dem ich ein „X“ für ein „U“ vormachen konnte.

„Ich will einen Whisky. Ballentine’s, doppelt, kein Eis“, herrschte er mich plötzlich an.

Ich zögerte. Was sollte denn das? Hatte der nicht mehr alle Latten im Zaun? Was soll das? Ich bin eine emanzipierte Frau, ich hole ihm doch nicht seinen Drink. Das soll der Kellner machen, oder noch besser diese Anja, die hatte den Typen doch eh schon angeschmachtet.

„Wird’s heut noch was?“, schnauzte er mich an und unterbrach meine Überlegungen.

Ich wollte nun wirklich aufbegehren, aber ein Blick in seine stahlblauen Augen ließ mich irgendwie vorsichtig werden. Mann, konnte der durch einen hindurchblicken. Zudem war da ein Ausdruck, den ich nicht deuten konnte. Ich, die normalerweise bei jedem Augenduell gewann, schaute jetzt als Erste in eine andere Richtung. Auch jeder andere Gedanke an Widerstand erstarb in Sekundenschnelle. Wie fremdgelenkt ging ich zur Bar und bestellte das Gewünschte. Während ich auf seine Bestellung wartete, schossen mir so viele Gedanken durch den Kopf.

Nana und ihr Meister (BDSM, MaleDom)

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